Von Fjodor Lukjanow
Es wird der Versuch unternommen, das Ergebnis der Wahl von diesem Wochenende durch Proteste und die Provokation von Gewalt zu kippen. Für den Erfolg solcher Taktiken gibt es zwei Voraussetzungen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob sie in Georgien realisierbar sind.
In Tbilissi geschehen gerade einige sehr interessante Dinge. Die Situation ist aus Zeiten früherer "Farbrevolutionen" der vergangenen Jahre bekannt. Die Regierungspartei erklärt sich zum Wahlsieger, die Opposition, die sich auf die moralische und politische (zumindest) Unterstützung des Westens stützt, erkennt die Ergebnisse nicht an. Dann wird versucht, das Ergebnis durch Proteste und die Provokation von Gewaltanwendung zu kippen.
Für den Erfolg dieser Taktiken gibt es zwei Voraussetzungen. Die erste ist das aktive Bemühen eines externen Schirmherrn, der auf verschiedene Weise Druck auf die Behörden ausübt. Die zweite ist die Wahrnehmung der Machthaber, dass dieser Schirmherr so wichtig ist, dass es gefährlich und inakzeptabel ist, die Beziehungen zu ihm erheblich zu erschweren. Kurz gesagt hängt es von der Bereitschaft externer Kräfte ab, sich ernsthaft zu engagieren, und von dem Gefühl in den herrschenden Kreisen, dass sie nur bis zu einem gewissen Punkt Widerstand leisten können und dann nachgeben müssen. Natürlich ist dies eine starke Vereinfachung, aber heutzutage steht Komplexität im Allgemeinen nicht sonderlich hoch im Kurs, und alle bevorzugen eher einfache Konzepte.
Es ist indes fraglich, ob diese beiden Bedingungen in Georgien überhaupt gegeben sind.
Die EU und die USA haben die Regierungspartei Georgischer Traum kritisiert und ihre tiefe Enttäuschung über deren politische Richtung zum Ausdruck gebracht. Es wurden symbolische Schritte wie Strafmaßnahmen und die Aussetzung des EU-Beitrittsprozesses (der eigentlich noch nicht einmal begonnen hatte) eingeleitet. In der euro-atlantischen Medienlandschaft wird der Georgienkonflikt als "pro-russisch versus pro-westlich" beschrieben, was eine Wahrnehmung ausschließlich durch das Prisma der geopolitischen Rivalität widerspiegelt (natürlich interessiert sich niemand für die innenpolitischen Angelegenheiten in Georgien). Im Prinzip sind die Bedingungen reif für einen Sturm.
Aber es ist allgemein klar, dass Westeuropa und die USA jetzt, gelinde gesagt, wichtigere Dinge zu tun haben. Es gibt keine echte Begeisterung mehr, wie es sie in den 1990er und frühen 2000er Jahren in Bezug auf verschiedene Länder gab – im postsowjetischen Raum und darüber hinaus. Die Inspiration, die Welt durch den Export einer Reihe von Techniken und Einstellungen zu verändern, ist verflogen, und ohne Inspiration funktionieren diese komplexen Dinge nicht.
Was die Position der georgischen Regierung betrifft, so gibt es keine Ehrfurcht einflößende Angst vor ihren hochrangigen Partnern, die sie dazu zwingen würde, ihre eigenen Instinkte und Absichten zu zügeln. Die Politik von Tbilissi gegenüber dem Westen nach 2022 ist nicht nur unabhängig, sondern in mancher Hinsicht auch recht gewagt. Der Milliardär Bidzina Iwanischwili und seine Verbündeten scheinen zu verstehen, dass der Westen nicht nur andere Prioritäten hat, sondern auch etwas andere Optionen.
Für den Georgischen Traum steht fest, dass die Mehrheit der Bevölkerung, die nicht so lautstark ist wie die Anhänger der pro-westlichen Opposition, ihn wirklich unterstützt. In Georgien gibt es, anders als in einigen anderen Ländern der ehemaligen UdSSR, politischen Wettbewerb, obwohl die Regierungsseite natürlich, wie überall sonst auch, immer einen Vorsprung hat.
Unterm Strich ist der Versuch einer gewaltsamen Revision möglich, zumal die amtierende Präsidentin noch immer der Opposition angehört. Allerdings sind die Voraussetzungen für einen Erfolg nicht sehr günstig. Aber wie man in der UdSSR zu sagen pflegte, ist im Leben immer Platz für ein Wunder.
Dieser Artikel wurde zuerst von der Zeitung Wsgljad veröffentlicht und wurde vom RT-Team übersetzt und bearbeitet.
Fjodor Lukjanow ist Chefredakteur von Russia in Global Affairs, Vorsitzender des Präsidiums des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik und Forschungsdirektor des Internationalen Diskussionsklubs "Waldai".
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