Die Verteidigungsminister der NATO werden sich nächste Woche in Brüssel treffen, um die jahrzehntealte Strategie des US-dominierten Bündnisses in den Beziehungen zu Russland zu überdenken. Dies berichtet das zum Medienkonzern Axel Springer gehörende Blatt Politico.
Obwohl die Beziehungen zwischen der NATO und Russland nach dem Ausbruch des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 einen "Tiefpunkt" erreicht haben, bleibt die "Grundakte" mit Moskau innerhalb des US-geführten Bündnisses in Kraft, wie das Medium am Freitag in einem Artikel feststellte.
Das Dokument von 1997, in dem es heißt, dass die NATO und Russland das gemeinsame Ziel haben, "ein stabiles, friedliches und ungeteiltes Europa aufzubauen", spiegle nicht die aktuelle Situation wider, so Politico.
Während ihres Gipfeltreffens in Washington im Juli bezeichnete die NATO Moskau als "bedeutendste und direkte Bedrohung für die Sicherheit der Bündnispartner", während Russland weiterhin betont, dass die Osterweiterung des Blocks eine "existenzielle Gefahr" für das Land darstellt.
Das Blatt zitierte einen hochrangigen US-Beamten mit der Aussage, dass die NATO-Staaten nun versuchten, "verschiedene Elemente der [Russland-]Strategie zu skizzieren und die Debatten innerhalb des Bündnisses voranzutreiben, die uns zu Themen wie der Zukunft der NATO-Russland-Grundakte führen". Es sei "an der Zeit, jetzt eine neue Strategie in Bezug auf spezifische Positionen" der Mitgliedsstaaten zu entwickeln.
Diskussionen auf niedrigerer Ebene über die neue Russlandpolitik laufen seit Monaten innerhalb der NATO. In der nächsten Woche werde das Thema auf Ministerebene behandelt, heißt es in dem Bericht weiter. Die NATO hatte zuvor angekündigt, vor ihrem Gipfel in Den Haag, der im kommenden Sommer stattfinden soll, eine neue Strategie formulieren zu wollen. Der Beamte erklärte laut Politico weiter:
"Im Moment müssen wir uns im gesamten Bündnis verständigen [...] dass die [Grundakte] und der NATO-Russland-Rat für eine andere Ära geschaffen wurden, und ich denke, die Verbündeten sind bereit zu sagen, dass dies eine andere Ära in unseren Beziehungen zu Russland war und daher etwas Neues verdient ist."
Der Beamte bezeichnete die Strategie als "politische Übung" und fügte hinzu, dass ihre militärischen Auswirkungen voraussichtlich "begrenzt" sein werden.
Laut Politico gibt es Differenzen unter den Mitgliedern, wenn es um die neue Politik gegenüber Moskau geht, da einige befürchten, dass ein zu aggressives "Signal" Russland "destabilisieren" könnte. Es gebe auch "Fragen" zu Ungarn und der Slowakei, die einen "strategischen Wert" in der Zusammenarbeit mit Moskau sehen, obwohl sie NATO-Mitglieder sind, heißt es im Artikel weiter.
Anfang dieser Woche sagte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko, die NATO verhehle nicht länger die Tatsache, dass sie sich auf einen möglichen militärischen Konflikt mit Moskau vorbereitet. Mögliche Optionen für den Kampf gegen Russland würden innerhalb der Union kontinuierlich ausgearbeitet, die Militärbudgets der Mitgliedsstaaten würden aufgestockt und die westlichen Volkswirtschaften würden militarisiert, sagte er.
Es sei nicht Russland gewesen, das durch die Verweigerung des Dialogs den "Weg der Konfrontation" eingeschlagen habe, sondern die NATO, betonte Gruschko. Aus diesem Grund trage der von den USA geführte Block die volle Verantwortung für eine "große europäische Sicherheitskrise", die durch den Ukraine-Konflikt verursacht werde, fügte er hinzu.
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