Von Anastasija Kulikowa
Das ukrainische Militär baut neue Verteidigungslinien an der Grenze des Gebiets Dnjepropetrowsk zur Donezker Volksrepublik sowie in unmittelbarer Nähe der Stadt Krasnoarmeisk (ukrainisch Pokrowsk) auf. Wie ukrainische Medien berichten, werden Verteidigungsanlagen erstmals auf der Straße nach Dnjepr gebaut. Voraussichtlich werden sie zwischen zwei wichtigen Orten, Meschewaja und Slawjanka, platziert werden.
"Betrachtet man die Karte der Verteidigungsanlagen, die eilig westlich der gegenwärtigen Frontlinie fertig gebaut werden, befürchtet das ukrainische Militär sehr Flankenangriffe, mit denen Russlands Streitkräfte den Großteil der Städte nach dem Fall von Awdejewka eingenommen haben", berichtet der sich auf militärische Themen spezialisierende Telegramkanal Wojennaja Chronika (Militärchronik).
Nach Angaben der Analytiker werden den russischen Streitkräften im Fall der Einnahme von Pokrowsk etwa 15 Kilometer bis zur Grenze des Gebiets Dnjepropetrowsk verbleiben. Dabei kann nicht von einer hohen Qualität der hastig neu gebauten Befestigungen gesprochen werden, denn es gibt weniger Betonbunker, als ursprünglich angenommen.
Die Lage des ukrainischen Militärs an diesem Frontabschnitt hat sich nach der Befreiung der Stadt Ugledar durch russische Truppen erheblich verschlechtert. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, gab der Oberbefehlshaber des ukrainischen Militärs Alexandr Syrski den Befehl über die Verstärkung der Verteidigung in den von Kiew kontrollierten Teilen der DVR gleich nach der Aufgabe der Stadt. Bereits damals wurde gemeldet, dass gerade Pokrowsk den größten strategischen Wert besitze.
Noch in der vergangenen Woche hat Russlands Verteidigungsministerium die Befreiung von Ugledar gemeldet. Die Zeitung Wsgljad berichtete ausführlich, wie sich dieses Ereignis auf der Frontlage auswirken wird. Insbesondere merkten Experten an, dass nun Russlands Armee einen leichteren Zugang zu den Orten Nowoukrainka, Bogojawlenka, Jekaterinowka und Jelisawetowka erhalten werde.
"Pokrowsk ist einer der wichtigsten logistischen Knoten des ukrainischen Militärs. Ein Verlust dieser Stadt wird die Kohärenz sämtlicher Positionen der ukrainischen Armee zerstören. Deswegen will der Gegner den Ort so lange wie möglich halten", sagte Boris Roschin, Experte des Zentrums für militärpolitische Journalistik.
Er merkte an, dass das ukrainische Militär zu diesem Zweck versuche, eilig die Feldbefestigungen bei Pokrowsk zu verstärken. "Die Rede ist sowohl vom Bau von Befestigungsanlagen, als auch von zusätzlichen Stellungen hinter dem Ort für den Fall, dass er verloren wird und ukrainische Soldaten sich zurückziehen müssen", erklärte er.
Der Analytiker erinnerte daran, dass Kiew in die Stadt Verbände von anderen Frontabschnitten verlegt hatte, was die Offensive der russischen Truppen etwas verlangsamt habe. Allerdings stehe das ukrainische Militär vor mehreren Problemen, zu denen die Qualität der gebauten Befestigungen sowie der Mangel an Reserven gehören. "Das ukrainische Militär hat Schwierigkeiten mit dem Personal. Deswegen stellt sich die Frage, wer diese Feldbefestigungen bemannen wird?", fragte Roschin rhetorisch.
Dies gelte auch für zusätzliche Stützpunkte, die im Gebiet Dnjepropetrowsk gebaut werden. "Wenn Russlands Armee Pokrowsk befreit, wird sie nicht nur nach Saporoschje, sondern auch nach Pawlograd, einem Schlüsselort für die Logistik des ukrainischen Militärs im Gebiet Dnjepropetrowsk, vorrücken können. Deswegen haben die Verteidigungslinien den Zweck, unter anderem Pawlograd zu decken". Am Montag hatten Russlands Streitkräfte Pawlograd mit Marschflugkörpern vom Typ Iskander angegriffen.
Sollte sich das ukrainische Militär an der Grenze des Gebiets Dnjepropetrowsk zur DVR verschanzen, werde die DVR weiterhin nicht in Sicherheit sein.
"Der Beschuss des Donbass wird sich fortsetzen. Deswegen wird das Erreichen der Grenze der Donezker Republik nicht bedeuten, dass unsere Truppen dort anhalten. Beispielsweise werden Kampfhandlungen im Gebiet Charkow ausgeführt, um die Sicherheit des Gebiets Belgorod zu gewährleisten. Ich denke, das Gleiche wird im Fall des Gebiets Dnjepropetrowsk passieren", betonte Roschin.
Sollte sich die spezielle Militäroperation in diese Richtung fortsetzen, werden Russlands Streitkräfte in das Gebiet Dnjepropetrowsk vorrücken können – und zwar nicht nur aus dem Kreis Krasnoarmeisk. "Man könnte auch vom Süden aus angreifen, doch der Gegner hält die nördlichen Kreise des Gebiets Saporoschje besetzt, und dieser Frontabschnitt steht bisher still. Wenn die Frontlinie an diesem Abschnitt theoretisch durchbrochen und beispielsweise Guljaipole besetzt werden könnte, könnte man weiter nach Norden vorrücken und die Grenze erreichen", erklärte der Analytiker.
"Im Gebiet Dnjepropetrowsk hat der Gegner keine ernst zu nehmenden Befestigungen gebaut. Sicher gibt es bestimmte befestigte Räume, doch im Vergleich zum Donbass sind sie nicht so umfassend. Sollte die Gefahr für das ukrainische Militär zunehmen, wird es versuchen, die östlichen und südlichen Kreise des Gebiets zu befestigen. Doch das ist eine langfristige Perspektive, denn bisher haben russische Truppen noch in der DVR und im Gebiet Saporoschje genug Arbeit", schlussfolgerte Roschin. Der eilige Not-Aufbau der ukrainischen Verteidigung zeigt, dass der Feind die Tendenzen sieht, stimmte ihm der Militäranalytiker Michail Onufrienko zu.
"In Kiew versteht man, dass sich seine Armee noch lange zurückziehen muss", erklärte er. Vor diesem Hintergrund erinnerte er an einen Artikel der New York Times, wonach das ukrainische Militär hoffen würde, Russland durch den langsamen Rückzug zu zermürben. "Ein äußerst ehrlicher Artikel darüber, welche Ziele der Westen der Ukraine vorgibt. Im Rahmen dieser Aufgabe wurde anscheinend die Entscheidung über den Bau von Befestigungen in der Tiefe der ukrainischen Verteidigung getroffen", meinte Onufrienko.
Dennoch garantiert ein ukrainischer Rückzug keine völlige Sicherheit der befreiten Gebiete, weil sich ihr Beschuss fortsetzen wird. "Wie unsere Regierung sagte: Je länger die Reichweite der Waffensysteme der ukrainischen Armee wird, desto weiter wird die Frontlinie verschoben werden müssen", erklärte er und fügte hinzu, dass Russlands Streitkräfte genau das tun.
Onufrienko meinte ebenfalls, dass ein Vormarsch auf das Gebiet Dnjepropetrowsk von den Frontabschnitten Saporoschje und Krasnoarmeisk logisch erscheinen würde. "Doch wenn wir nicht nur die lokale Aufgabe stellen, einen Teil des von Kiew kontrollierten Territoriums zu befreien, sondern das ukrainische Regime zu liquidieren, gibt es hier viel mehr Richtungen. Wenn wir beispielsweise den Gegner aus dem Gebiet Kursk vertreiben, wird uns nichts daran hindern, nach Süden vorzurücken, das Gebiet Sumy zu befreien und den Gegner von unseren nördlichen Grenzen zu verdrängen. Uns sind die Hände nicht gebunden", betonte der Analytiker.
Nach Angaben von Wladimir Rogow, Vorsitzenden des Ausschusses der Gesellschaftlichen Kammer Russlands für Angelegenheiten der Souveränität, baut das ukrainische Militär eilig Verteidigungsanlagen nicht nur an der Grenze des Gebiets Dnjepropetrowsk, sondern auch im Kreis Orechow des Gebiets Saporoschje sowie in unmittelbarer Nähe der Stadt Saporoschje.
Dieser Prozess wird von Korruption begleitet. "An einige Abschnitte bringt die ukrainische Seite fertige Betonbefestigungen, um sie einzugraben, an anderen wird der Beton vor Ort eingegossen. Es werden kolossale Geldmengen veruntreut, denn der Kauf erfolgt ohne jegliche Ausschreibungen oder Wettbewerbe", erklärte er.
Dabei befinde sich das ukrainische Kommando in einem paniknahen Zustand, betonte Rogow. Kiew verstehe, dass die Front zusammenbrechen kann, was der russischen Armee freies Manövriergelände über Dutzende Kilometer geben werde. "Wenn wir vom Frontabschnitt Saporoschje sprechen, greifen russische Streitkräfte von Süden nach Norden an. Nach der Befreiung von Ugledar eröffnet sich vor unseren Kämpfern Welikaja Nowosjolka, und weiter – der Vorsprung von Wremewka, Guljaipole, Orechow. Diese Orte können von Norden umgangen werden, ohne auf die befestigten Räume des Gegners zu stoßen", meint Rogow.
"Somit könnte die Zunahme des Drucks auf den ukrainischen Truppenverband bei Saporoschje aus dem Osten und aus dem Süden, wo unsere Truppen im Ort Kamenskoje Geländegewinne erzielten, zu guten Ergebnissen und einer viel schnelleren Befreiung von Saporoschje führen. Dies wird seinerseits den Zugang zu Gebiet Dnjepropetrowsk und dem gesamten linken Dnjepr-Ufer ermöglichen", fügte er hinzu.
Eine solche Perspektive führt zweifellos zu noch größerer Angst und Panik in Kiew. "Indessen warten im Gebiet Dnjepropetrowsk die Menschen weiterhin auf die Ankunft der russischen Streitkräfte. Sicher, heute sind sie in den Untergrund getrieben und eingeschüchtert, doch ihr Glaube ist ungebrochen", schlussfolgerte Rogow.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei Wsgljad am 7. Oktober.
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