Financial Times: Kiew erwägt Kompromiss – Gebiete im Austausch für NATO-Mitgliedschaft

Ukrainische Beamte erwägen einen Kompromiss mit Moskau, der den Verlust von Gebieten im Osten gegen eine NATO-Mitgliedschaft vorsieht, berichtet die Financial Times. Nach militärischen Rückschlägen und kurz vor den US-Präsidentschaftswahlen zeigt sich Kiew besorgt.

Hinter verschlossenen Türen diskutieren Kiews westliche Partner die Möglichkeit eines Kompromisses mit Russland, berichtet die Zeitung Financial Times. Wie es heißt, überdenken einige Verbündete der Ukraine, die früher auf einen militärischen Sieg Kiews gedrängt hatten, ihre Position. Es gebe eine wachsende Einsicht, dass eine Verhandlungslösung der beste Weg sein könnte, den Konflikt zu beenden. Diese Wende könnte von der politischen Stimmung in den USA beeinflusst sein, insbesondere von den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen, bei denen Donald Trump eine Rückkehr ins Amt anstrebt.

Unter Berufung auf diplomatische Quellen berichtet die Zeitung, dass die westlichen Verbündeten mit der Ukraine über einen Plan zur Beendigung des Krieges diskutieren, der auf dem Prinzip "Gebiete im Austausch für die NATO-Mitgliedschaft" basiert. Ein mögliches Abkommen würde vorsehen, dass Russland die Kontrolle über etwa ein Fünftel der Ukraine, einschließlich der Krim, de facto behält, während die Ukraine die NATO-Mitgliedschaft oder gleichwertige Sicherheitsgarantien erhält. Allerdings nur in den Landesteilen, die zum Zeitpunkt der Beendigung des Krieges unter der Kontrolle Kiews stehen.

Ein westlicher Diplomat, der anonym bleiben wollte, erklärte, eine solche vorübergehende Gebietsabtretung sei "die einzig mögliche Option für die Ukraine, NATO-Mitglied zu werden".

Zudem betont die Zeitung, dass weder Kiew noch seine Unterstützer vorschlagen, Russlands Souveränität über ein Fünftel des ukrainischen Territoriums anzuerkennen. Dies würde "weitere russische Aggressionen begünstigen und die internationale Rechtsordnung ernsthaft untergraben".

Die Bedingungen für solche Verhandlungen sind jedoch äußerst schwierig. Die USA und ihre Verbündeten müssen bereit sein, der Ukraine die versprochene NATO-Mitgliedschaft oder entsprechende Garantien anzubieten. Bisher war die westliche Unterstützung in dieser Hinsicht eher zögerlich. Der jüngste Besuch des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij in Washington brachte in dieser Hinsicht keine wesentlichen Fortschritte. Zudem stellt sich die Frage, ob der russische Präsident Wladimir Putin tatsächlich verhandlungsbereit ist. Sein ursprüngliches Kriegsmotiv, die Verhinderung eines NATO-Beitritts der Ukraine, bleibt ein entscheidender Faktor.

Ein Insider im ukrainischen Präsidialamt teilte mit, von westlicher Seite gebe es keine konkreten Sicherheitsgarantien. Die Informationen der Financial Times seien Unsinn. Selenskij betonte unterdessen, er arbeite mit Partnern zusammen, um der Ukraine "Garantien für einen verlässlichen Frieden" und "langfristige Sicherheit" zu geben, in Übereinstimmung mit seiner Friedensformel und "ohne jeglichen Handel mit Souveränität oder Gebieten".

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