Kanada und die nordischen Länder planen eine neue Verteidigungskoalition, kündigt die kanadische Außenministerin Mélanie Joly in einem Interview mit Bloomberg an. Die geopolitischen Spannungen, die durch den Ukraine-Konflikt und den wachsenden Einfluss Chinas in der Arktis verschärft würden, hätten Ottawa dazu veranlasst, seine Sicherheitsstrategien zu überdenken.
Bei einem Treffen mit den Außenministern Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens in Iqaluit, der Hauptstadt des kanadischen Territoriums Nunavut, einigten sich die Minister auf die Einrichtung eines Arktischen Sicherheitsdialogs, um die Verteidigungspolitik und die Sicherheitslage in der Region zu diskutieren.
Lange Zeit habe man geglaubt, Kanada sei durch seine Geographie geschützt, doch nun erkenne man, "dass wir es mit einem Land wie Russland zu tun haben", so Joly. Der Klimawandel, der das Eis in der Arktis schmelzen lasse, wecke zunehmend das Interesse anderer Länder, insbesondere Chinas. Diese neue Realität erfordere ein Umdenken.
Alle nordischen Länder sowie die USA und Russland sind Mitglieder des Arktischen Rates, eines zwischenstaatlichen Forums, das 1996 gegründet wurde. Mit Ausnahme Russlands gehören alle Mitgliedstaaten der NATO an. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine haben alle Mitgliedstaaten ihre Teilnahme an den Treffen unter russischem Vorsitz ausgesetzt.
Oleg Stepanow, Russlands Botschafter in Kanada, erklärte im September, dass trotz der angespannten politischen Lage ein gewisser Kommunikationsfluss in den Arbeitsgruppen des Arktischen Rates erhalten geblieben sei. Dennoch zeige die Tatsache, dass die meisten Mitgliedsstaaten NATO-Länder seien, die tiefen Risse in der bisherigen Zusammenarbeit.
Russlands Außenminister Sergei Lawrow hatte in der Vergangenheit die Bereitschaft seines Landes erklärt, seine Interessen in der Arktis militärisch zu verteidigen, und vor der Zunahme von NATO-Übungen in der Region gewarnt.
"Wir sehen, dass die NATO ihre Übungen im Zusammenhang mit möglichen Krisen in der Arktis intensiviert. Unser Land ist voll und ganz darauf vorbereitet, seine Interessen in militärischer, politischer und militärisch-technischer Hinsicht zu verteidigen."
Zudem hat Moskau kürzlich seine Küstenwache in den arktischen Gewässern verstärkt und lässt nun auch chinesische Schiffe im Nordpolarmeer patrouillieren, was die Besorgnis westlicher Staaten über eine engere militärische Zusammenarbeit zwischen Moskau und Peking verstärkt.
Kanadas Verteidigungsausgaben liegen derzeit bei etwa 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was im Vergleich zu den nordischen Ländern als unzureichend angesehen wird. Der Druck aus den USA wächst, da Washington von seinen "Partnern" erwartet, das NATO-Ziel von 2 Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben zu erreichen. Premierminister Justin Trudeau hat angekündigt, dass dieses Ziel bis 2032 erreicht werden soll.
Mehr zum Thema - Exklusiv: Mehr als 400 russische Schiffe am Großmanöver "Ozean 2024" beteiligt