Wie der Westen die Massenmigration nach Russland steuert

Eine UN-Organisation zur Förderung und Steuerung der Migration hat in Russland über Jahrzehnte die Masseneinwanderung aus den Ländern Zentralasiens gefördert und mitgesteuert – unter dem Etikett der "Entwicklungshilfe". Zu den Finanziers der Programme zählen die Weltbank, die britische Regierung und sonstige Strukturen aus den Reihen "unfreundlicher Staaten".

Russland ist ein Einwanderungsland. Jährlich bekommen rund 700.000 Menschen die russische Staatsbürgerschaft, und zwischen sieben und 8,5 Millionen Ausländer halten sich derzeit offiziell mit einer Aufenthaltsgenehmigung im Land auf. Hinzu kommen nach einer Schätzung des Innenministeriums bis zu 740.000 illegale Migranten. In dieser Statistik sind minderjährige Migrantenkinder nicht eingerechnet.

Die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund, die sich in Russland aufhalten, könnte damit auf bis zu 20 Millionen steigen, mehrere Millionen ukrainische Bürger oder russischstämmige Rückkehrer aus den Ländern der ehemaligen UdSSR eingerechnet. Die größte Ausländergruppe dürften jedoch die Arbeitsmigranten aus den Ländern Zentralasiens sein – vor allem Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisistans. Zum Vergleich: Allein im Jahr 2023 wurden 174.000 Tadschiken in Russland eingebürgert. Für dieses Land mit zehn Millionen Einwohnern kommt eine solche Massenmigration nach Russland einer großangelegten Umsiedlungsmaßnahme gleich.

Offizieller Grund für die Einwanderung der Nicht-Russischstämmigen war und ist nach wie vor die Arbeitsmigration, denn Russland gewährt kein Asyl. Wirtschaftlich begründet wird der massenhafte Zuzug in der Regel mit dem Bedarf nach billigen Arbeitskräften auf dem Arbeitsmarkt. Die Anzahl der Branchen, in denen Arbeitsmigranten bislang tätig waren, wächst. In den 2000er-Jahren waren es in der Regel die Baubranche und der Handel, später kamen Transport und Logistik, Dienstleistungen und die Gastronomie hinzu. 

In den vergangenen Jahren sind aber die negativen Folgen der unkontrollierten Zuwanderung in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Eine gestiegene Kriminalitätsrate unter Migranten, Ghettoisierung, die Bildung von Parallelgesellschaften und mafiösen Strukturen, Terrorgefahr und überfüllte Schulklassen mit nicht russischsprachigen Kindern sind zu Reizthemen in den Medien geworden. Auch die Bestechung der Strafverfolgungsorgane bei der Vergabe von Pässen sowie fehlende Anreize für Unternehmen, auf die Entwicklung von Technologien zu setzen, und die Vernachlässigung der einheimischen Arbeitskräfte werden genannt. Vor wenigen Wochen kündigte die Staatsduma eine Verschärfung der Migrationsgesetze an. Erste Gesetzesentwürfe werden bereits diskutiert. 

Diese Entwicklung wirft die Frage nach den Ursachen des Migrationsproblems auf. Ist das Problem allein dem "Ökonomismus" im Denken der Behörden und der Jagd auf Profitraten in der kapitalistischen Wirtschaft geschuldet oder gibt es noch weitere Faktoren? Das Analyseportal Rybar weist in einer Studie auf die maßgebliche Rolle ausländischer Strukturen in der Ausgestaltung der Massenmigration nach Russland hin. 

"Hochrangige Beamte sprechen zunehmend nicht nur von der Gefahr der Bildung ethnokrimineller Enklaven mit einer radikal-islamistischen Ideologie innerhalb des Landes, sondern auch von einem Bevölkerungsaustausch. Eine gewisse Rolle spielten dabei allerdings internationale Organisationen, die sich unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe seit Jahren um die Umsetzung dieses Szenarios bemühen", stellt Rybar zu Beginn der Studie fest. 

In den 1990er- und zu Beginn der 2000er-Jahre waren US-Agenturen mit zweifelhaftem Ruf wie USAID oder Soros' Open Society Foundation auf diesem Gebiet tätig. Später rückten Organisationen wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) in den Vordergrund. Wie die IOM auf ihrer Webseite vorgibt, gehört sie zum System der Vereinten Nationen und ist die führende zwischenstaatliche Organisation zur Förderung einer humanen und geordneten Migration "zum Nutzen aller". In Russland bestehe die Hauptaufgabe der IOM im "Migrationsmanagement".   

Rybar hält die IOM nicht ohne Grund für eine Tarnorganisation zur Einflussnahme durch globalistische Strukturen, Agenturen unfreundlicher Staaten und von ihnen gesponserter NGOs. Unter Schlagworten wie "Vertiefung der Zusammenarbeit",  "Ausweitung der Zusammenarbeit" oder "Angleichung der Akten an den internationalen Standard" wurde im Laufe der Jahre eine Reihe internationaler Programme ins Leben gerufen, um zunächst Einfluss zu gewinnen und dann die Aufnahme von Migranten auf russischem Territorium fast vollständig zu regulieren. Zu den Finanziers der IOM-Programme gehören unter anderem die Weltbank, der Europäische Rat, das britische Ministerium für internationale Entwicklung oder die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA). 

Auf der IOM-Webseite finden sich Hinweise auf vier abgeschlossene Programme im Bereich der Arbeitsmigration nach Russland, die zwischen 2007 und 2021 durchgeführt wurden. Von diesen Programmen wurden drei nacheinander durchgeführt, wobei jedes nachfolgende Programm offiziell als Fortsetzung des vorangegangenen Programms aufgeführt wird. 

In diesem Zeitraum habe die IOM konsequent Bedingungen geschaffen, um die Massenmigration aus Zentralasien zu fördern, stellt Rybar fest. Dies lässt sich deutlich an den Bestimmungen der einzelnen spezifischen Programme erkennen: Alles begann mit der Änderung der Gesetzgebung, dann ging es weiter mit der Schaffung eines positiven Bildes von Migranten in den Medien. Anschließend wurden Gruppen für die gegenseitige Unterstützung und die Koordinierung der "Diaspora" geschaffen, und mithilfe von NGOs wurde der Sektor der Migrationsdienste aufgebaut. So sei stufenweise und wie ein von langer Hand geplant ein rechtlich ausgereiftes und in der Gesellschaft verankertes "Programm" entstanden, um die Bevölkerung massenhaft nach Russland zu bringen, berichtet Rybar

In dieser Zeit wuchs der Einfluss der IOM im Land, und im Jahr 2021 wurde Russland Vollmitglied der Organisation. Im Februar 2022 unterzeichnete der Leiter des Moskauer IOM-Büros ein Memorandum über die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und die Anwerbung von Migranten mit einem Vertreter der Russischen Arbeitsagentur Rostrud. Dieser versorgte die IOM mit Daten, die es Drittparteien erleichterten, die Migration aus Zentralasien nach Russland zu regulieren. Rybar stellt mit Verwunderung fest: Obwohl der Umfang der Zusammenarbeit seit Beginn der militärischen Sonderoperation deutlich abgenommen hat, hat die IOM ihre Arbeit im Land nicht eingestellt und ihre Büros sind nach wie vor aktiv.

Der Studie sind Grafiken mit Finanzierungsströmen und Netzwerkverbindungen in einem gemeinsamen Ökosystem mit einem russischen, bis heute tätigen NGO-Partnernetz beigefügt. Protokollfotos von hohen IOM-Funktionären zusammen mit Vertretern der russischen Regierung runden das Bild ab. Die gemeinsamen Projekte wurden von den IOM-Partnern großzügig finanziert. So flossen allein in den Jahren 2020 bis 2023 fast 160 Millionen Rubel aus IOM-Töpfen an die russischen Partner. Das sind umgerechnet 1,7 Millionen Euro. Angesichts dieses Befundes und weiterer negativer Folgen wie der Destabilisierung der russischen Gesellschaft durch künstlich geschaffene Konflikte hält Rybar die Situation des Massenzustroms angeblicher Arbeitskräfte ins Land für besorgniserregend:

"Die aktuelle Situation in Russland zeigt, dass die Bemühungen des kollektiven Westens, der mithilfe der UN-Agentur und anderer Strukturen die Voraussetzungen für den ungerechtfertigten Massenimport von ideologisch und geistig fremden Migranten aus Zentralasien geschaffen hat, schließlich ihre Wirkung zeigten. Die von der IOM aufgelegten Programme bildeten jahrelang die Grundlage für die Entstehung ethnokrimineller quasi-staatlicher Strukturen auf russischem Territorium, die bereits versuchen, die staatliche Politik zu beeinflussen."

Gemeint ist vor allem die Bildung einer sogenannten Diaspora – informeller Landsmannschaften, die versuchen, die Gesetzesverstöße ihrer Landsleute mit der russischen Justiz jenseits der allgemeingültigen Rechtsnormen und Vorstellungen der öffentlichen Moral zu "regeln". Das hat mancherorts aus Angst vor dem Versagen der staatlichen Sicherheitskräfte zur Schaffung lokaler Bürgerwehren geführt. Zum Schluss seines Beitrages warnt das für seine Militäranalysen bekannte Portal vor Gefahren, die Massenmigration für nationale Sicherheit darstellen könnte, und rät zur kritischen Überprüfung der bestehenden Abkommen mit der IOM und anderen ausländischen "Ratgebern".  

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