In militärischer Hinsicht ist Russland unbesiegbar. Eine weitere Eskalation des Konflikts in der Ukraine birgt das Risiko irreparabler Konsequenzen für die gesamte Menschheit. Dies erklärt der Präsident Kasachstans, Kassym-Schomart Tokajew, bei einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in Astana:
"Tatsache ist, dass Russland militärisch unbesiegbar ist. Eine weitere Eskalation des Krieges wird zu unabsehbaren Folgen für die gesamte Menschheit führen, insbesondere für alle Länder, die direkt in den russisch-ukrainischen Konflikt verwickelt sind."
Tokajew rief dazu auf, alle Friedensinitiativen verschiedener Länder sorgfältig zu prüfen "und zu einer Entscheidung zu kommen, die Kampfhandlungen zu beenden, um dann zur Erörterung territorialer Fragen überzugehen." Die Chance, "zumindest einen Waffenstillstand" zu erreichen, sei bei den Istanbuler Gesprächen 2022 vertan worden, aber die Möglichkeit eines Friedens bestehe immer noch, sagte er.
"Aus unserer Sicht verdient der Friedensplan Chinas und Brasiliens Unterstützung. Staatsführer kommen und gehen, aber die Völker, insbesondere benachbarte Völker, müssen in Frieden und gegenseitigem Verständnis leben."
Er wies zudem darauf hin, dass Kasachstan mit Russland die längste festgelegte Landgrenze der Welt teile und die Zusammenarbeit zwischen den Ländern im Rahmen einer strategischen Partnerschaft und Allianz weiterentwickelt werde.
"In Kasachstan hegt man aufrichtige Sympathie für das ukrainische Volk und seine einzigartige Kultur. Zwischen unseren Ländern gab es nie Meinungsverschiedenheiten. Unsere Botschaft in Kiew arbeitet weiterhin."
Scholz ist am Montag zu einem offiziellen Besuch in Kasachstan eingetroffen. Er wird am zweiten Gipfel "Zentralasien + Deutschland" teilnehmen und unter anderem die Umsetzung gemeinsamer Investitionsprojekte besprechen.
Bereits im Februar 2023 präsentierte China seinen Friedensplan für die Ukraine. Der Friedensplan umfasst insgesamt zwölf Punkte, darunter:
- Respekt vor der Souveränität aller Länder, Einhaltung des Völkerrechts und der UN-Charta;
- Verzicht auf die Kalter-Krieg-Mentalität und Beachtung des Prinzips, dass "die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten anderer gewährleistet werden darf";
- Einstellung der Kampfhandlungen, Vermeidung von Eskalationen und Unterstützung der Bemühungen Russlands und der Ukraine, einen Dialog aufzunehmen;
- Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen als "einzige tragfähige Lösung" des Konflikts und weitere Punkte.
Auch Brasilien hat eine Friedensinitiative vorgelegt. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva unterbreitete unter anderem den Vorschlag, den russisch-ukrainischen Konflikt durch Mediation beizulegen. Im Mai 2024 hat Brasilien gemeinsam mit China die Durchführung einer internationalen Friedenskonferenz vorgeschlagen, die sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannt werden soll.
Diese soll zu einem geeigneten Zeitpunkt mit gleichberechtigter Teilnahme aller Parteien und fairer Diskussion aller Friedensvorschläge stattfinden. Laut dem chinesischen Außenministerium wurde das gemeinsame Angebot von mehr als zwanzig Ländern unterstützt.
In Kiew hingegen erklärte man, dass die Bedingungen für den Frieden von der Ukraine bestimmt werden sollten. Präsident Wladimir Selenskij hat eine Friedensformel vorgeschlagen, die von Kiew als "die einzige gerechte Grundlage" für den Frieden betrachtet wird. Diese Formel beinhaltet die Wiederherstellung der Grenzen von 1991. Moskau lehnt dies jedoch kategorisch ab.
Im Juni nannte Putin verschiedene Bedingungen für die Aufnahme eines Friedensprozesses. Dazu zählt der Rückzug der ukrainischen Truppen von den Gebieten der Lugansker und Donezker Volksrepubliken sowie der Gebiete Cherson und Saporoschje. Die Festschreibung ihres Status als russisches Territorium in internationalen Verträgen, der nukleare und neutrale Status der Ukraine, die Denazifizierung und Demilitarisierung des Nachbarstaates sowie die Aufhebung aller westlichen Sanktionen gegen Russland sind weitere Punkte auf der Agenda.
In Kiew wurde dieses Angebot als Ultimatum bezeichnet und abgelehnt. Im August erfolgte ein Einmarsch der ukrainischen Streitkräfte in das Gebiet Kursk. Putin erklärte daraufhin, dass Verhandlungen mit Personen, die "ohne Unterscheidung auf Zivilisten schießen", nicht Erfolg versprechend seien.
Michail Podoljak, der Berater von Selenskij, führte aus, dass das Ziel der ukrainischen Operation darin bestehe, die Verhandlungsposition zu stärken. Selenskij nannte unter anderem die "Schaffung einer Pufferzone" und die Auffüllung des Austauschfonds. Zudem erklärte er, dass die Handlungen der ukrainischen Streitkräfte im Gebiet Kursk Teil einer "großen militärisch-diplomatischen Operation" seien, die darauf abziele, Russland zu einem gerechten Frieden zu bewegen.
Mehr zum Thema – Verhandlungen mit Moskau über Ukraine-Krieg? Experte Kupchan kommentiert Scholz' plötzliche Aussage