Nachdem die USA weitere Sanktionen gegen RT verhängt haben, bemüht sich Washington weiter um ein weltweites Verbot und die Sperrung des russischen staatlichen Mediennetzwerkes. Mit der Angelegenheit vertraute Quellen berichten der drittgrößten englischsprachigen Tageszeitung Indiens, The Hindu, dass US-Beamte gegenüber dem indischen Außenministerium gefordert haben, sich den US-Maßnahmen gegen das, was sie als "russische Desinformation" bezeichnen, anzuschließen. Demnach solle Indien die Akkreditierungen widerrufen und entsprechende Journalisten unter dem "Foreign Missions Act" benennen.
Das Ministerium hat sich bisher noch nicht zu diesem Thema geäußert, Regierungsbeamte erklärten jedoch, die Debatte über Sanktionen sei für Indien "nicht relevant". Ein ehemaliger Diplomat erklärte zudem, das Verbot von Medienorganisationen zeige, dass westliche Länder mit "zweierlei Maß" messen.
US-Außenminister Antony Blinken hatte am Freitag weitere Sanktionen gegen RT angekündigt und behauptet, die Medienorganisation, die Büros auf der ganzen Welt, darunter auch in Indien, unterhält, sei "de facto ein Arm des russischen Geheimdienstes". RT und das russische Außenministerium haben diesen Vorwurf mit scharfen Worten zurückgewiesen.
Das US-Außenministerium teilte weiterhin mit, man habe zusammen mit Großbritannien und Kanada eine gemeinsame "diplomatische" Kampagne gestartet, um "Verbündete und Partner in der ganzen Welt zu versammeln, damit sie sich uns anschließen, um der Bedrohung durch RT und andere russische Desinformations- und verdeckte Beeinflussungsmechanismen entgegenzutreten". Blinken sagte: "Wir fordern jeden Verbündeten und jeden Partner auf, die Aktivitäten von RT genauso zu behandeln wie andere nachrichtendienstliche Aktivitäten Russlands innerhalb ihrer Grenzen".
Der ehemalige indische Botschafter in Russland und Frankreich, Kanwal Sibal, sagte diesbezüglich gegenüber The Hindu, dass die Maßnahmen der USA zur Einschränkung und Zensur russischer Medienorganisationen Amerikas eigene "Werte" beschädigen würden, da die USA immerhin behaupte, angeblich die Meinungsfreiheit zu unterstützen.
"Dies wird vom Globalen Süden, auf den sie abzielen, als Doppelmoral betrachtet werden. Indien wird natürlich nicht auf einen solchen amerikanischen Druck reagieren", sagte Sibal, der in der Vergangenheit bereits Kolumnen für RT verfasst hatte.
Quellen bestätigten gegenüber The Hindu, dass das Thema bei einem Treffen zwischen Beamten der US-Botschaft und des Ministeriums in Delhi in den vergangenen zwei Wochen erörtert wurde. In seinen Ausführungen in Washington sagte Blinken auch, er habe "US-Diplomaten in aller Welt angewiesen", die Beweise weiterzugeben, die die USA angeblich über RT gesammelt haben.
Der Sprecher der US-Botschaft, Christopher Elm, behauptete, dass die Regierung der Vereinigten Staaten es "der indischen Regierung und den Regierungen anderer Länder überlasse, ihre eigenen Entscheidungen und Akkreditierungsverfahren für diese Einrichtungen zu treffen". Die USA würden es allerdings "begrüßen, wenn alle Länder ähnliche Maßnahmen ergreifen würden wie die Regierung der Vereinigten Staaten".
Indiens Außenministerium hat sich bisher trotz mehrerer Anfragen nicht offiziell zu der Angelegenheit geäußert. Ein Beamter des Ministeriums sagte gegenüber der Zeitschrift jedoch, die Angelegenheit betreffe Indien nicht, und wies darauf hin, dass Indien keine einseitigen Sanktionen befolge. Dies geschehe maximal dann, wenn diese von den Vereinten Nationen gebilligt seien. Im Bericht der Zeitschrift wird auch darauf hingewiesen, dass es nicht das erste Mal sei, dass die indische Regierung im Kreuzfeuer zwischen den USA und Russland stehe, wenn es um Sanktionen geht. Als Beispiel wurden die Sanktionen gegen Ölimporte aus Russland, die Indien abgelehnt hatte, angeführt.
Die Anfrage der USA zu den Sanktionen erfolgte zu einem Zeitpunkt, als der stellvertretende US-Außenminister Donald Lu zu einer Reihe hochrangiger Treffen nach Delhi reiste, um den Besuch von Premierminister Narendra Modi in den USA und die Teilnahme am Quad-Gipfel am 21. September vorzubereiten, zu dem US-Präsident Joseph Biden eingeladen hatte. Die US-Botschaft lehnte es ab, sich dazu zu äußern, ob Donald Lu das Thema während seines Besuchs angesprochen hat.
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