Verteidigungsminister Pistorius hat es am Freitagvormittag bestätigt: Die Fregatte "Baden-Württemberg" und das Versorgungsschiff "Frankfurt am Main", die derzeit aus Südkorea zurückkehren, sollen durch die Straße von Taiwan fahren.
"Internationale Gewässer sind internationale Gewässer. Es ist der kürzeste und angesichts der Wetterlage auch der sicherste Weg. Also fahren wir durch."
Die Süddeutsche Zeitung, wie die meisten deutschen Presseorgane geradezu begeistert, fügte noch hinzu:
"Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amts wurde die chinesische Regierung nicht über die geplante Route vorab informiert. Dies sei nach dem Völkerrecht auch nicht erforderlich."
Roderich Kiesewetter (CDU), der auch schon unbedingt deutsche Taurus-Raketen auf Moskau feuern wollte, freut sich besonders:
Nach chinesischer Sicht entspricht diese Durchfahrt etwa der Durchfahrt eines chinesischen Kriegsschiffs zwischen Helgoland und Cuxhaven. Kaum anzunehmen, dass die Bundesregierung darüber erfreut wäre.
Noch im Frühjahr 2022 hatte die Fregatte "Bayern", die ebenfalls ursprünglich durch die Meerenge fahren wollte, von diesen Plänen nach deutlichen chinesischen Warnungen Abstand genommen. Als diese Fahrt geplant wurde, hieß die Verteidigungsministerin noch Annegret Kramp-Karrenbauer. Und schon damals hieß es vollmundig im Tweet von ZDFheute: "Deutschland zeigt 'Flagge' gegen China." Im Vorlauf jener Fahrt tat sich auch die damalige Spitzenkandidatin der Grünen, die jetzige Außenministerin Annalena Baerbock, besonders hervor und forderte "harte Kante gegen China".
Generalinspekteur Carsten Breuer, der ranghöchste Bundeswehrsoldat, sieht in dieser jetzt geplanten Durchfahrt ebenfalls kein Problem:
"Ich glaube nicht, dass wir die Provokation Chinas riskieren, sondern eher umgekehrt; dass mit der Wahrnehmung und den Punkten, die China hier mit hineinbringt, genau dieses internationale Recht infrage gestellt wird."
Das internationale Recht, das hier gemeint ist, berücksichtigt nicht die von den Vereinten Nationen anerkannten Grenzen Chinas, die auch die Insel Taiwan umfassen. Es ist die altbekannte "regelbasierte Ordnung". So Flottillenadmiral Axel Schulz:
"Unser Engagement ist gegen niemanden gerichtet, sondern setzt sich für die Einhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung ein."
Die chinesische Reaktion war nicht erfreut, auch wenn Mao Ning, die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, sich nur kurz mit dem Thema befasste – wirklich bedeutend sind für China derzeit seine eigene Afrika-Konferenz und danach das Treffen der BRICS-Staaten in Kasan im Oktober.
"Taiwan ist unabänderlicher Teil des chinesischen Territoriums. Wir haben unsere Position bei ähnlichen Fragen klargestellt. Die Gewässer der Straße von Taiwan, von beiden Seiten bis zur Mitte der Straße, sind chinesische Binnengewässer, dann Hoheitsgewässer, dann Anschlusszone, dann ausschließliche Wirtschaftszone. China respektiert das Recht der Länder auf Schifffahrt in den entsprechenden Gewässern in Übereinstimmung mit chinesischem und internationalem Recht, einschließlich des UN-Seerechtsübereinkommens. Aber wir stellen uns entschieden gegen jede provokative Handlung unter dem Vorwand der freien Schifffahrt durch wichtige Länder, die Chinas Souveränität und Sicherheit verletzen."
Die Tagesschau berichtete über die geplante Durchfahrt mit der Bemerkung, Deutschland stünde mit seiner Ablehnung der chinesischen Sicht nicht alleine, und:
"Auch die USA und andere Länder haben die Meerenge in diesem Jahr mit Marineschiffen passiert – ohne dass es zu Zwischenfällen kam."
Wie schon vor über zwei Jahren angekündigt, hat sich die deutsche Politik zunehmend in Asien eingemischt und Beistandsabkommen mit Japan bereits abgeschlossen und mit den Philippinen noch vor Jahresende geplant. Wie die Reaktion in der Global Times zeigt, wird diese Entwicklung sehr aufmerksam beobachtet:
"Hinter diesen Schritten liegt der Druck von USA und NATO. Die USA haben sich zum Ziel gesetzt, die NATO in die Region des asiatischen Pazifik auszudehnen. […] Eine zunehmende Zahl einzelner NATO-Mitglieder verstärkt ihre militärische Zusammenarbeit mit der Asien-Pazifik-Region durch gemeinsame Manöver oder durch die Entsendung von Flugzeugträgern und Kriegsschiffen. Diese Entwicklung geschieht nicht unter dem offiziellen Banner der NATO; aber praktisch resultiert sie in einer Ausdehnung des NATO-Einflusses in den asiatischen Pazifik."
Dass Deutschland solche Provokationen durchführt, liege schlicht daran, dass die USA bereits an zu vielen Schauplätzen gebunden seien.
"Daher benützt Washington seine Verbündeten, Unruhe in der Region zu schaffen, um China abzulenken."
Der Kommentar der Global Times macht deutlich, dass auf jeden Fall eine chinesische Reaktion erfolgen wird. Sie wird nur vermutlich eine andere Gestalt annehmen, als die Tagesschau es vermutet:
"Wenn deutsche Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan fahren, wird das Deutschlands Verbindungen zu China schädigen. Aus jedem Blickwinkel ist die Entsendung deutscher Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan ein Schritt, der nur Schaden und keinen Nutzen bringt. China bei seinen Kerninteressen zu provozieren, wirkt nicht wie eine Entscheidung, die von einer reifen größeren Macht getroffen wird. Es gibt keinen vernünftigen Grund für Deutschland, das zu tun, und es hat noch Zeit, darüber nachzudenken."
In den vergangenen Monaten wurden bereits im Gefolge der US-Strategie Strafzölle etwa gegen chinesische Elektroautos verhängt, die ganz beiläufig auch die deutsche Automobilindustrie weiter schädigten. Es gab bisher keinen Schritt des Westens, auf den China keine entsprechende Antwort fand – auf das Verbot des Exports von Ausrüstung zur Herstellung von Mikrochips reagierte China beispielsweise mit Exportbeschränkungen von für diese Herstellung erforderlichen seltenen Erden.
Noch zu Jahresbeginn hatte die Bundesbank in einem Aufsatz sehr klar vor Einschnitten in den Beziehungen mit China gewarnt; sie könnten sogar das deutsche Banksystem gefährlich destabilisieren. Dennoch wurden in den vergangenen Monaten immer mehr derartige Schritte umgesetzt; für die ohnehin schon durch Russlandsanktionen und grüne Energiepolitik schwer angeschlagene deutsche Volkswirtschaft eine sehr ungünstige Entwicklung. Nun wird vermutlich auch die Durchfahrt der deutschen Fregatte weiter dazu beitragen.
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