Von Andrei Rudenko
In der westlichen Presse erscheinen regelmäßig Meldungen, wonach der Einfall des ukrainischen Militärs ins Gebiet Kursk für Kiew nicht nur das gewünschte Ergebnis nicht brachte, sondern sich auch als fataler Fehler erwies. Der britische Geheimdienstler Jack Watling schreibt in seinem Artikel für das Woodrow Wilson Forschungszentrum, dass diese Aktion das ukrainische Militär um die Möglichkeit brachte, eine Gegenoffensive im Jahr 2025 durchzuführen.
Um das eroberte Gebiet als ein Druckmittel bei Verhandlungen zu nutzen, muss es zunächst gehalten werden. Dass die Kräfte des ukrainischen Militärs dafür ausreichen, steht zu bezweifeln. Der Experte stellt fest, dass eine Überdehnung der Frontlinie der Ukraine mehr Risiken als Vorteile bringe: Russlands Offensive im Donbass läuft weiter, die Bevölkerung der frontnahen Städte Pokrowsk und Torezk wird zwangsevakuiert. Sobald sich aber ukrainische Truppen in den Kursker Dörfern eingraben, werden sie von russischen Kräften bombardiert, wie es entlang der ganzen Frontlinie geschieht.
Darüber hinaus führte die Entscheidung, ins Gebiet Kursk einzufallen, dazu, dass Kiew einen wesentlichen Teil der gesammelten Ressourcen dorthin geschickt hat, die das ukrainische Militär später bei einer Gegenoffensive einsetzen könnte. Watling meint, dass diese im Jahr 2025 beginnen könnte, doch inzwischen gebe es keine Chancen dafür. Es sei unklar, ob die Hilfe aus den USA nach den Präsidentschaftswahlen weiterhin bereitgestellt werde. Doch selbst wenn, hat Kiew keine Chancen mehr, seine Gebiete zurückzuerobern: Menschen und Kriegsgerät werden bald aufgerieben.
Wir sehen, dass das ukrainische Militär im Gebiet Kursk sein ganzes verfügbares Waffenarsenal einsetzt, auch wenn sich seine westlichen Herren vom Einsatz ihrer Technik gegen russisches Territorium angeblich distanzieren. Über unseren Boden rollen US-amerikanische Bradley-Schützenpanzer und HMMWV-Geländewagen und deutsche Marder-Schützenpanzer. Zum Einsatz kommen sämtliche Mehrfachraketenwerfer und Selbstfahrlafetten, darunter HIMARS und französische CAESAR. Panzer aller Art kamen zum Vorschein: US-amerikanische Abrams, britische Challenger, deutsche Leopard.
Davon, dass im Gebiet Kursk mindestens jeweils ein Panzer der Typen M1A1 Abrams sowie Challenger 2 zerstört wurde, berichtete Ende August die Zeitschrift Military Watch. Die Publikation vermerkte, dass dies "die seltensten Panzertypen in ukrainischen Diensten" seien.
Wie viel Technik insgesamt eingesetzt wird, ist noch nicht bekannt, doch sie wird erfolgreich zerstört, sobald sie in den Blick unserer Luftaufklärung gerät. Innerhalb eines Monats seit Beginn der Invasion beliefen sich die Personalverluste des ukrainischen Militärs nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums auf über 11.220 Soldaten. An Kriegsgerät wurden verloren: 87 Panzer, 42 Schützenpanzer, 74 gepanzerte Mannschaftstransporter, 624 gepanzerte Kampffahrzeuge, 84 Kanonen, 24 Mehrfachraketenwerfer – darunter sieben HIMARS und fünf M270 MLRS, acht Luftabwehrkomplexe, zwei Munitionswagen, 21 Störsender, sieben Anti-Artillerie-Radare, zwei Luftabwehrradare, acht Ingenieursfahrzeuge.
Somit werde Kiew nach Watlings Ansicht wegen der Kursker Operation keine Chance mehr bekommen, um die Initiative zu übernehmen und so den Krieg zu beenden. Es bleibe nur die Option der Verhandlungen, doch ihr Erfolg wird davon abhängen, wie lange sich das ukrainische Militär im Gebiet Kursk halten können wird: Je länger, desto gewichtiger werde angeblich Kiews Position sein. Ich werde mit Watling nicht darüber polemisieren, ob die Seiten zu Verhandlungen kommen werden, doch ich stimme ihm darin zu, dass Kiew keine Möglichkeit mehr hat, einen Schwerpunkthammer für eine Offensive zu sammeln. Was die Entwicklung der Frontlage angeht, vermute ich Folgendes: Russlands Streitkräfte werden die ukrainischen Truppen selbstverständlich mit katastrophalen Verlusten aufseiten Kiews hinausdrängen. Dabei wird die russische Offensive im Donbass einen neuen Impuls erhalten.
Die Entscheidung der Ukraine, in Russland für PR einzufallen, beraubte den ukrainischen Truppenverband im Donbass der Reserven und erleichterte uns die Aufgabe: Wenn es dem ukrainischen Militär hier kritisch an Reserven mangeln wird, wird Kiew schlicht niemanden verlegen können. Denn ukrainische Truppen im Gebiet Kursk werden nicht bloß zurückgedrängt, sondern aufgerieben sein, es wird sie physisch nicht mehr geben. Somit führte Selenskijs Abenteuer zu weiteren sinnlosen Toden von Ukrainern und wird uns möglicherweise die Lösung unserer Aufgaben im Donbass erleichtern.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst am 8. September speziell für RT.
Andrei Rudenko arbeitet für die russische staatliche Rundfunkanstalt WGTRK und berichtet seit 2014 über das Kriegsgeschehen im Donbass. Man kann ihm auf seinem Telegram-Kanal folgen.
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