Die Administration des US-Präsidenten Joe Biden führt dringende Gespräche mit dem US-Kongress, um eine Möglichkeit zu finden, bis 30. September umgerechnet weitere 5,4 Milliarden Euro an militärischer Hilfe für die Ukraine zu verwenden. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters mit Bezugnahme auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Zusätzliche Gelder sollen laut Reuters aus Mitteln der sogenannten Abrufbefugnis des US-Präsidenten, der Presidential Drawdown Authority (PDA), kommen. Der Mechanismus erlaubt dem US-Staatsoberhaupt, in Notfällen ohne Zustimmung des Kongresses auf Verteidigungsgüter aus US-Beständen zurückzugreifen.
Das PDA-Programm sei die Schlüsselkomponente des Militärpakets im Wert von umgerechnet 55 Milliarden Euro, das im April vom US-Kongress verabschiedet wurde, so Reuters. Ohne viel Bürokratie kann Biden damit Waffen und weiteres Kriegsgerät direkt in die Ukraine schicken.
Die Biden-Administration habe die Waffen hauptsächlich durch den PDA-Mechanismus geliefert, schreibt die Agentur. Vor zwei Wochen hat das Weiße Haus weitere militärische Hilfe im Wert von umgerechnet 112 Millionen Euro angekündigt, die die Lieferung von Flugabwehrraketen, Ausrüstung zur Drohnenabwehr, Panzerabwehrlenkwaffen sowie Munition vorsieht.
Jedoch sei der größte Teil der sieben Milliarden Euro, die für das PDA-Programm bereitgestellt worden seien, nicht verwendet worden, wie die Agentur berichtet. Deswegen suchten die Beamten nach einer Möglichkeit, die verbleibenden 5,4 Milliarden Euro bis zum 30. September aufzubrauchen, noch vor dem Ende des vom Kongress gebilligten US-Jahreshaushalts.
Ein Haushaltsjahr in den USA beginnt am 1. Oktober eines Jahres und endet am 30. September des Folgejahres. Vor diesem Datum muss der US-Kongress für das anstehende Haushaltsjahr ein neues Budget beschließen.
Nach Angaben von Reuters hoffe das US-Außenministerium, ein kurzfristiges Notstandsgesetz durchsetzen zu können, welches der Kongress noch in diesem Monat verabschieden muss, um ein Auslaufen der PDA-Hilfe zu verhindern.
Man werde eine Lösung für dieses Problem finden, da die beiden Parteien im Kongress den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij unterstützten, sagten die namentlich nicht genannten Beamten des US-Kongresses im Gespräch mit Reuters.
Seit Kriegsbeginn habe Washington umgerechnet insgesamt rund 157 Milliarden Euro für die Ukraine-Hilfe bereitgestellt. Ein Großteil davon sei als langfristige Finanzierung der US-Rüstungsproduktion verwendet worden, da das Pentagon versuche, die nach Kiew gelieferten Waffen zu ersetzen, so die Agentur.
Beamte der Biden-Administration und Ukraine-Befürworter im Kongress haben die Vorteile für die US-Waffenproduzenten hervorgehoben, heißt es. Unternehmen wie Raytheon Technologies, das Patriot-Raketensysteme herstellt und die Werke von General Dynamics, die 155-Millimeter-Artillerie herstellen, erhalten Aufträge für die Produktion von Waffen, die die aus Mitteln der PDA in die Ukraine gelieferten Rüstungsgüter ersetzen sollen, so Reuters.
Die im Rahmen des PDA-Programms zu liefernden militärischen Güter werden vom Außenministerium koordiniert. Während die Gespräche mit dem Kongress weitergingen, erwäge die US-Regierung einen Ausweichplan, bei dem das Außenministerium vor dem 30. September eine umfangreiche PDA-Ankündigung machen und die verbleibenden 5,4 Milliarden Euro vor Ablauf der Frist ausgeben würde.
Außerdem merken Offizielle der Biden-Administration an, es gebe noch verfügbare finanzielle Ressourcen aus PDA-Mitteln in Höhe von ungefähr 2,7 Milliarden Euro. Diese Gelder, die durch einen Buchungsfehler des Pentagons entstanden seien, hätten keine Auslauffrist und stünden der Ukraine weiter zur Verfügung.
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