Von Tatjana Pop
Seit dem heutigen Morgen fragen sich die Menschen: Was für ein Tumult herrscht da in der ukrainischen Regierung? Am vergangenen Abend haben dort mehrere Minister ihre Rücktrittsgesuche eingereicht: die Minister für strategische Industriebranchen, für Justiz, für Umweltschutz, der Leiter des Fonds des staatlichen Eigentums, die Vize-Ministerpräsidentinnen Irina Wereschtschuk und Olga Stefanischina. Danach wurde durch Selenskijs Erlass der erste Stellvertreter des Leiters des ukrainischen Präsidialamtes, Rostislaw Schurma, entlassen. Am Morgen hat sich dem Kollektiv der Entlassenen der Außenminister Dmitri Kuleba angeschlossen, der alles überleben zu können schien.
Was ist da tatsächlich los? Ein Versuch des Weißen Hauses, seine Vasallen einer strengeren Kontrolle zu unterwerfen, eine weitere sprichwörtliche Umstellung von Betten in einem Freudenhaus, Manöver des Präsidialamtes oder die Flucht der Ratten von einem sinkenden Schiff?
Ich bin mir fast sicher, dass es schlussendliche eine Mischung von allem ist. Es ist kein Geheimnis, dass die USA seit langem Personalumstellungen in der ukrainischen Regierung gefordert hatten. Selenskij und der Leiter seines Amtes Jermak, die mit einem Ministerkabinett an die Macht gekommen waren, das fast ausschließlich aus Soros-Klientel bestand, drängten in den vergangenen Jahren Letztere beachtlich zurück und liefen insgesamt aus dem Ruder. Sponsoren haben so etwas nicht gern, erst recht nicht vor einer Übergangsperiode bei sich zu Hause. Für die Hypothese, dass die Änderungen in gewisser Hinsicht vom Westen aufgezwungen wurden, spricht auch die Entlassung des Außenministers.
Sicher besteht Kulebas wichtigste öffentliche Leistung darin, dass unter seiner Führung die ukrainische Diplomatie einen entschiedenen Schritt in den Abgrund von Pöbelei und Antidiplomatie getan hat – Botschafter Melnyk könnte es bestätigen. Doch üblicherweise ist ein Außenministerium für normale auswärtige Kommunikation zuständig. Dazu kommt der gescheiterte "Friedensgipfel" in Verbindung mit einem außer Kontrolle geratenen Selenskij, der sich anmaßt, die "weißen Herren" vor westlichen Medien im schlechten Licht erscheinen zu lassen. Somit könnte Kulebas Entlassung sowohl der "beleidigten Leberwurst" Olaf Scholz eine moralische Satisfaktion liefern als auch die Kreativität des Studios von Selenskij allgemein etwas dämpfen.
Andererseits wird das Präsidialamt die Umstellungen in der Regierung zweifellos für eine weitere Usurpation der Macht nutzen. Ihm ist es wichtig, keinen Einflusszuwachs zuzulassen, weder bei alternativen ukrainischen, noch bei auswärtigen Kräften. Diese könnten eines Tages einen Übergang zum Frieden fordern, und eine solche Entwicklung käme für Selenskij einem Todesspruch gleich.
Nun zu den Ratten, die das sinkende Schiff verlassen. Diese Frage ist für die ukrainische Politik immer aktuell, doch meiner Ansicht nach ist das noch nicht der Massenexodus der Nagetiere vom Deck des Selenskij-Schiffes. Es ist eher eine planmäßige Rotation. Manch einer wird sich vom Futtertrog zurückziehen und in die "paradiesischen Gärten" begeben – nach dem Beispiel des Ex-Ministers Resnikow, der sich am Verteidigungsministerium ordentlich bereichert hatte (wofür wir ihm natürlich einen Dank schulden), nach Europa abzog und sich keine Sorgen über eine Verfolgung wegen Korruption macht.
Kurz, es sind Änderungen ohne Änderungen. Die Karten werden neu gemischt, die Finanzströme über andere Flussbetten fließen, doch wird die neue Führung weder effektiver noch zur eigenen Bevölkerung humaner sein.
Im Hinblick auf Russland wird sich Kiews Politik ganz sicher nicht ändern. Was die Personalien angeht, werden die Aktionen eines jeden ukrainischen Politikers der letzten Jahre – ob im Amt oder außer Dienst – dennoch früher oder später sowohl von Russland als auch vom unglücklichen ukrainischen Volk "gewürdigt".
Ein bemerkenswertes Detail: Ministerpräsident Schmygal geht nirgendwohin, obwohl mehrmals Informationen auftauchten, wonach das Präsidialamt mit ihm äußerst unzufrieden sei. Könnte das nicht ein Indiz dafür sei, dass der Westen trotz der partnerschaftlichen Rhetorik sich mit Politikern "mit abgelaufenem Verfallsdatum" immer noch nicht abgeben möchte? Denn formell wird die Kandidatur des Regierungschefs vom – inzwischen längst illegitimen – Präsidenten der Ukraine vorgeschlagen und von einem Parlament bestätigt, das sein Verfallsdatum ebenfalls überschritten hat. Doch wenn auch der Ministerpräsident ausgewechselt wird, würde der Geruch von Zersetzung die Regierung in Kiew in Gänze überziehen.
Übersetzt aus dem Russischen. Verfasst am 4. September speziell für RT.
Tatjana Pop, geboren 1983 im westukrainischen Gebiet Transkarpatien, ist eine ukrainische Journalistin und gesellschaftliche Aktivistin. Sie leitet die internationale öffentliche Bewegung "Wnuki" (Die Enkelkinder). Man kann ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen.
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