US-Militär betreibt psychologische Kriegsführung auf Tinder – aus Stuttgart

Dass Drohungen ein regulärer Teil der US-Politik sind, ist allgemein bekannt. Aber dieser Vorfall ist aus zwei Gründen ungewöhnlich. Zum einen, weil hier eine Dating-App genutzt wurde. Zum anderen aber, weil diese Drohung nicht aus den USA erfolgte.

Ein Artikel in der Washington Post (WaPo) bestätigte die Echtheit einer Meldung auf Tinder, die bereits seit einigen Tagen kursierte. Ein Journalist aus dem Libanon fand in der Dating-App eine unfreundliche Botschaft des US-Militärs vor:

"Ich habe Tinder im Libanon geöffnet. Wurde von einer Anzeige von CENTCOM begrüßt, die auf Arabisch sagt 'Greif nicht zu den Waffen gegen die USA und ihre Partner', dass die F-16 und A-10 schon bereitstehen und dass die USA 'ihre Partner angesichts der Drohungen des iranischen Regimes und seiner Agenten schützen' werden."

Diese Anzeige tauchte einige Tage vor dem Vergeltungsangriff der Hisbollah auf.

Die Washington Post, die im Allgemeinen als ein den US-Geheimdiensten nahestehendes Medium gilt, zitiert eine der üblichen anonymen Quellen in ihrer Bestätigung:

"Als Teil einer größeren Kampagne von etwas, das man allgemein psychologische Kriegsführung oder militärische Informationsunterstützungsoperationen nennt, gehörte die Anzeige zu CENTCOM."

Weder CENTCOM noch das Pentagon haben dies gegenüber der Washington Post kommentiert. Allerdings erklärte der Zeitung ein weiterer anonymer Mitarbeiter:

"Das Verteidigungsministerium führt militärische Informationsoperationen zur Unterstützung unserer nationalen Sicherheitsschwerpunkte durch. Diese Aktivitäten müssen in Übereinstimmung mit US-Gesetzen und der Politik des Verteidigungsministeriums stattfinden, und wir sind entschlossen, diese Regeln durchzusetzen."

Tinder hat laut WaPo die Anzeige entfernt, und ein Sprecher erklärte, sie habe die Richtlinien in Bezug auf gewalttätige und politische Mitteilungen verletzt.

Allerdings stellt sich im Zusammenhang mit dem Absender dieser Anzeige, die nur als Drohung verstanden werden kann, eine weitere Frage. CENTCOM befindet sich nämlich nicht in den Vereinigten Staaten, sondern sitzt in Stuttgart. Erfolgt also die psychologische Kriegsführung der Vereinigten Staaten im Nahen Osten von deutschem Boden aus? Mit oder ohne Zustimmung der Bundesregierung?

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