Modi besucht Kiew: Aber Indien lehnt Vermittlerrolle im Ukrainekrieg ab

Indiens Premier Modi wird diese Woche der Ukraine einen Besuch abstatten. Das Treffen findet angesichts der anhaltenden Krise in der Ukraine statt. Neu-Delhi spricht sich für Verhandlungen im Krieg zwischen Kiew und Moskau aus, plant aber keinen Vermittlungsversuch.

Am kommenden Freitag wird Indiens Premierminister Narendra Modi auf Einladung des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij nach Kiew reisen. Neu-Delhi habe sich bereit erklärt, Botschaften zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Wladimir Selenskij weiterzuleiten. Allerdings wolle Indien keine Vermittlerrolle in der Beilegung des militärischen Konflikts zwischen Moskau und Kiew übernehmen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag mit Bezugnahme auf namentlich nicht genannte Quellen.

Modis ablehnende Haltung gegenüber einer Vermittlung zwischen Moskau und Kiew sei auf Indiens Abhängigkeit von Öl und Waffen aus Russland zurückzuführen, so Bloomberg. Neu-Delhi habe es vermieden, Moskau wegen des Ukraine-Kriegs zu kritisieren und habe die Käufe russischen Öls auf ein Rekordniveau erhöht.

"Das Treffen wird eine Gelegenheit bieten, das gesamte Spektrum der Beziehungen zu besprechen, darunter Landwirtschaft, Wirtschaft, Verteidigung, Pharmazie und zwischenmenschliche Beziehungen", erklärte Tanmaya Lal, Chef der Westabteilung des indischen Außenministeriums, auf einer Pressekonferenz  im Vorfeld des Besuches in der Ukraine. "Die Verteidigung ist eine der wichtigsten Säulen der vielschichtigen Beziehungen zwischen Indien und der Ukraine."

Modis Besuch in der Ukraine wird der erste seit 1991 sein. Lal bezeichnete die Reise als "historisch". "Es ist das erste Mal seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen unseren Ländern vor mehr als 30 Jahren, dass ein indischer Premierminister die Ukraine besucht", sagte er.

Für Selenskij sei dieses Treffen mit Modi wichtig, um die Rolle Indiens bei der Wiederherstellung des Friedens zu erörtern, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person gegenüber Bloomberg.

Bis Juni habe Indien im Mittelpunkt des Bestrebens von Selenskij gestanden, die wichtigsten Länder des sogenannten Globalen Südens für sich zu gewinnen. Indien gehöre aber zu jenen Staaten, die die Abschlusserklärung der Ukraine-Konferenz in der Schweiz nicht unterzeichnet hätten. Dies habe es der ukrainischen Führung erschwert, eine breitere Unterstützung im Konflikt mit Russland zu finden.

Neu-Delhi vertrete die Meinung, dass die Lösung des Konflikts zwischen Moskau und Kiew durch Verhandlungen erzielt werden könne, antwortete Lal auf die Frage, ob Indien als Vermittler zur Beendigung des Krieges eintreten werde.

Außer Abkommen in den Bereichen Landwirtschaft und Verteidigung werde das Treffen zwischen Selenskij und Modi höchstwahrscheinlich keine großen Erklärungen bringen, sagte eine mit der Agenda vertraute Person gegenüber Bloomberg.

Der bevorstehende Besuch werde trotz der Erklärungen kaum Bedeutung für die Stabilisierung der Lage in der Ukraine haben, erklärte Gleb Makarewitsch, ein Wissenschaftler am Indo-Pazifik-Zentrum der Russischen Akademie der Wissenschaften, gegenüber der Zeitung Wedomosti.

Indiens Position zum Konflikt in der Ukraine sei seit Februar 2022 unverändert, betonte der Experte. Neu-Delhi befürworte Verhandlungen und einen Waffenstillstand.

"Modi folgt dem Prinzip 'für alles Gute und gegen alles Schlechte' und will der internationalen Gemeinschaft erneut seine ausgewogene Position demonstrieren", so Makarewitsch.

Weiter ist der Experte der Ansicht, dass Neu-Delhi keinen Friedensplan vorbereite. "Indien will nur eine Einstellung der Feindseligkeiten erreichen. Man ist nicht in der Gemütslage für eine Vermittlung, die mehr Risiken als Vorteile verspricht", erklärte er.

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