Von Rafael Fachrutdinow
Am Mittwoch, den 14. August, hat Apti Alaudinow, Kommandeur der Achmat-Spezialkräfte und stellvertretender Leiter der militärischen und politischen Direktion des russischen Verteidigungsministeriums, mitgeteilt:
"Wir haben sehr interessantes Material erhalten, den gesamten Plan der Operation, die vorbereitet wurde: von welchen Kräften, was geplant war. Am 11. August sollte das Kernkraftwerk in Kurtschatow eingenommen werden."
Der russische Generalmajor erklärte:
"Heute ist der 14. August. Sie haben die Aufgabe nicht erfüllt, sondern alle Ressourcen, die sie noch mehr oder weniger in petto hatten, haben sie im Ofen verheizt, aus dem sie nicht mehr herauskommen werden. Der Großteil der Ausrüstung ist bereits zerstört, von dem, was in unsere Richtung geworfen wurde ‒ nach Kursk."
Ihm zufolge war nach der Einnahme des Kernkraftwerks geplant, in Verhandlungen mit Russland einzutreten, "mit dem Ultimatum, dass wir bestimmte Gebiete zu verlassen hätten oder nichts Weiteres mehr tun dürften". Zugleich schätzte er die feindliche Truppenstärke auf 11.000 Mann. Er sagte auch, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht in der Lage seien, die russischen Truppen "zu entzerren".
Die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte ihrerseits, dass die Ukraine das Hauptziel des Einmarsches im Gebiet Kursk, nämlich die Ablenkung der russischen Truppen vom Donbass und der Sloboschanschtschina (historische und geografische Region in den heutigen Gebieten Charkow, Sumy, Belgorod und Kursk), nicht erreicht habe. Sie wies darauf hin, dass die russischen Streitkräfte den ukrainischen Kämpfern, die in das Territorium des Gebiets Kursk eingedrungen sind, eine entschlossene Antwort geben.
Vor diesem Hintergrund berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass "die Ukraine mehrere Optionen für einen Angriff erwägt, der die Führung in Moskau schockieren und Präsident Wladimir Putin zum Einlenken zwingen könnte". Gleichzeitig gaben die USA und die EU der Operation ihren "Segen", während sich die NATO "eines Urteils enthielt" und den Erfolg der Operation für "unwahrscheinlich" hielt.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Warum hat das feindliche Kommando das Gebiet Kursk für den Angriff ausgewählt? Nach Ansicht einiger Experten könnten drei Faktoren dazu beigetragen haben:
- eine günstige Logistik
- die Nähe zu wichtigen Energieanlagen (Gasmessstation Sudscha, Kernkraftwerk Kursk in Kurtschatow)
- eine relativ ruhige Lage in der Region, die es erlaubte, auf den Überraschungseffekt zu setzen.
Auch im Westen wird der Logistik viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie Oliver Carroll, Korrespondent von The Economist, in den sozialen Medien feststellt:
"Ich schwöre, dass die Ukraine wegen der besseren Logistik nach Russland gekommen ist. Die Straßen um Sudscha sehen selbst nach der Schlacht paradiesisch aus im Vergleich zu den Straßen im ukrainischen Gebiet Sumy."
Der politische Analyst Iwan Lisan erklärt seinerseits:
"Ich denke, dass die ukrainischen Streitkräfte das Gebiet Kursk für den Angriff ausgewählt haben, weil diese Richtung eine entlegene Ecke darstellt: Dort wurden keine Gefechte ausgetragen und die Truppensättigung war minimal. Außerdem scheint es zwischen den Parteien ein unausgesprochenes Gentlemen's Agreement gegeben zu haben, keine Bezirke anzugreifen, in denen die Gasinfrastruktur verläuft. Aber die Ukraine hat gegen diese Vereinbarungen verstoßen."
Was die Pläne der ukrainischen Streitkräfte anbelangt, das Kernkraftwerk Kursk einzunehmen, so bezweifelt der Experte, dass eine solche Idee in den USA und Europa Unterstützung finden würde. Er bemerkt:
"Und hier ist kein Austausch möglich. Wladimir Putin wird in einer solchen Situation keinen Kompromissen zustimmen. Es ist seltsam, wenn Kiew das nicht versteht."
Lisan erinnert auch daran, dass die ukrainischen Streitkräfte zuvor versucht hatten, die Atomkraftwerke Smolensk und Leningrad mit Drohnen anzugreifen. Der Experte führt aus:
"Welche Schlussfolgerungen sollten in Bezug auf den Schutz der Kraftwerke gezogen werden? Niemand wird das AKW in eine Festung verwandeln. Ich denke, dass das russische Militär zusätzliche Luftabwehrsysteme um jedes Kraftwerk herum aufstellen wird, um die Umgebung und die Netzeinrichtungen zu schützen."
Gleichzeitig ist es unmöglich, Russland durch Angriffe auf Atomkraftwerke aus dem Kernenergiemarkt zu verdrängen, fügt Wadim Kosjulin hinzu, der als Zentrumsleiter des Instituts für aktuelle internationale Probleme an der Diplomatischen Akademie des russischen Außenministeriums tätig ist. Er bemerkt:
"Bislang sieht es so aus, als ob es sich nicht um eine vollständig mit dem Westen koordinierte Offensive handelt. Aber Washington ist jetzt gezwungen, Kiew zu unterstützen, die USA haben keine andere Wahl."
Allerdings hält der Experte die Version für wahrscheinlich, wonach Kiew das AKW Kursk gegen das AKW Saporoschje eintauschen wollte. Der Gesprächspartner erklärt:
"Die ukrainischen Streitkräfte haben schon früher versucht, das AKW Saporoschje gewaltsam einzunehmen, aber unsere Verteidigung befindet sich auf einem guten Niveau. Im Gebiet Kursk gibt es jedoch viel weniger Truppen, und das ukrainische Kommando hat versucht, diesen Umstand auszunutzen."
Kosjulin fasst zusammen:
"Was die Kernkraftwerke selbst betrifft, so gibt es eine dreifache Verteidigung des Reaktors und der wichtigsten Einheiten. Gleichzeitig werden die russischen Streitkräfte wahrscheinlich die Umgebung der Kraftwerke mit Luftabwehr- und elektronischer Kampftechnik verstärken. Ich halte dies für sehr wichtig. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, ständige internationale Beobachter der IAEO in die russischen Kernkraftwerke einzuladen, zumindest für eine gewisse Zeit, um den Eifer der ukrainischen Streitkräfte zu dämpfen."
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
Rafael Fachrutdinow ist ein russischer Journalist.
Mehr zum Thema ‒ Kursk: UN-Menschenrechtsvertreter wollen Vorwurf zu ukrainischen Gräueltaten untersuchen