Der neuseeländische Justizminister Paul Goldsmith hat einer Auslieferung des ehemaligen Mitbegründers von Mega Upload, Kim Schmitz, besser bekannt als Kim Dotcom, an die USA zugestimmt.
Schmitz, Sohn eines deutschen Vaters und einer finnischen Mutter, lebt seit 2010 in Neuseeland. Er hat dort sogar eine eigene Partei, die Internet-Partei gegründet, die dann mit einer Partei der Maori fusionierte; diese Partei erzielte aber bei den Wahlen 2014 nicht genug Stimmen für einen Parlamentssitz. Spätestens seitdem ist Schmitz aber in Neuseeland eine politische Figur.
Mega Upload, ein Filesharing-Portal, das ihm ein Vermögen von 175 Millionen US-Dollar eingebracht haben soll, soll aus Sicht der US-Medienindustrie wie des FBI illegale Inhalte, insbesondere Raubkopien aktueller Filme, angeboten haben. Schmitz hat zu seiner Verteidigung immer vorgebracht, die Firma habe keinen Einfluss auf die Inhalte gehabt, die Nutzer hochgeladen hätten, und habe den Medienunternehmen sogar direkten Zugriff gestattet, um selbst Inhalte zu löschen, die Urheberrechtsverletzungen darstellten.
Apple-Mitbegründer Steve Wozniak hatte 2012 Schmitz in Neuseeland besucht und unter anderem erklärt:
"Wenn Verbrechen per Brief geschehen, schließt man nicht die Post. Wenn Regierungen gegen einen typischen IT-Jungen, der nur einen Dienst zum Teilen von Dateien betreibt, eine Anklage wegen ‚Erpressung‘ zusammenträumen (…) belegt das, wie schlecht der Versuch, ihn auszuliefern, ausgedacht ist. (…) Zu schlecht für die US-Regierung, dass Dotcom in Neuseeland lebt, das besser mit Menschenrechten umgeht."
Im Gegensatz zu früheren Verfahren in diesem Bereich wurde gegen Schmitz nicht mit Privatklagen der Medienfirmen vorgegangen, sondern es wurden Strafermittlungen durch die US-Bundespolizei FBI geführt. Im Jahr 2012 fand – im Auftrag des FBI – eine Durchsuchung der neuseeländischen Villa von Schmitz statt, unter Einsatz von Hubschraubern und mehr als 70 Beamten, bei der eine Unmenge von Gegenständen beschlagnahmt wurde. Die Durchsuchung wurde später von einem neuseeländischen Gericht für unrechtmäßig erklärt; der damalige Justizminister musste sich sogar öffentlich dafür entschuldigen.
Seit damals läuft die juristische Auseinandersetzung um eine Auslieferung. Da der rechtliche Kernpunkt die Anwendung von US-Recht außerhalb des US-Gebiets ist, in diesem Punkt also ähnlich gelagert ist wie der Fall Assange, unterliegt die jeweilige Entwicklung starken politischen Einflüssen. Goldsmith erklärte, er habe "ausführlichen Rat vom [US-]Justizministerium in dieser Sache erhalten." Dass er mit dieser Aussage nur das US-Ministerium meinen kann, obwohl er vom "ministry of justice" spricht und nicht vom "departement of justice", ergibt sich daraus, dass eine Beratung des Ministers durch das eigene Ministerium schlicht keine Nachricht darstellt. "Ich habe alle Informationen sorgfältig abgewogen, und habe entschieden, dass Mr. Dotcom an die USA übergeben werden sollte, um vor Gericht gestellt zu werden."
Da die neuseeländische Justiz aber nur gering politisch beeinflusst ist, besteht immer die Möglichkeit überraschender Entscheidungen. Schmitz jedenfalls kann gegen die Entscheidung des Justizministers klagen. Der New Zealand Herald schreibt dazu:
"Auch wenn sie wichtig ist, die Unterzeichnung der Auslieferungsberechtigung ist nur ein weiterer Schritt in einem Prozess, der vermutlich noch Jahre dauern wird."
Nachdem Schmitz unter seinem Pseudonym Kim Dotcom in den letzten Jahren unter anderem auf X sehr bekannt und populär wurde, findet die Auseinandersetzung nicht nur juristisch, sondern auch medial statt und hat sich auf dieser Ebene längst vom Thema IT auf Geopolitik erweitert. Das zeigt sich auch in seiner Antwort auf die Auslieferungsgenehmigung:
"Das US-System aus Schulden und Gelddrucken bricht zusammen. Der Westen bewegt sich in eine wirtschaftliche Wüste. Der Nahe Osten brennt. Russland dominiert Ukraine und NATO. Die BRICS beenden die US-Hegemonie und ihre 'regelbasierte Ordnung'. Die US-Marionetten versagen überall. Genozid, Propaganda, Zensur und gefälschte Wahlen sind der neue Normalzustand. Die Menschheit steht vor dem Abgrund, während der dritte Weltkrieg unvermeidlich scheint. Oh, und die gehorsame US-Kolonie im Südpazifik hat gerade beschlossen, mich auszuliefern, für das, was Nutzer auf Mega Upload hochgeladen haben, unaufgefordert, und was die Inhaber der Urheberrechte mit einem direkten Zugang sofort und ohne Fragen löschen konnten. Aber wen schert das? Das ist Gerechtigkeit heutzutage."
Der populäre deutsche IT-Blogger Fefe kommentierte die Entwicklung sarkastisch:
"Ja gut, wenn der Justizminister persönlich sich von der Rechtsstaatlichkeit der USA überzeugt hat, dann wird das schon alles seine Richtigkeit haben!!"
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