Valentina Petrillo wird die erste transsexuelle Athletin sein, die an den Paralympischen Spielen teilnimmt, berichtet The Guardian. Die sehbehinderte Läuferin wird ihr Heimatland Italien in Paris in den Rennen über 200 Meter und 400 Meter vertreten. Die Paralympics finden vom 28. August bis zum 8. September statt.
Petrillo wurde 1973 als Fabrizio in Neapel geboren. Im Alter von 14 Jahren wurde bei ihm die seltene Krankheit Morbus Stargardt diagnostiziert. Mit 20 Jahren zog er nach Bologna, wo er an einem Institut für Blinde Informatik studierte. Dort wurde er Mitglied der italienischen Fußballnationalmannschaft für Blinde. Später begann er mit dem Laufen und gewann in drei Jahren elf nationale Titel in der männlichen Kategorie T12 für Athleten mit Sehbehinderung.
Im Jahr 2017 gestand Fabrizio, damals noch mit einer Frau verheiratet, dass er gerne Frauenkleider trägt. Ab 2018 lebte er als Frau. Im Jahr 2019 begann er mit einer Hormontherapie. Diese führte zu einem deutlichen Leistungsabfall. Dennoch bereut Petrillo die Umwandlung nicht. "Es ist besser, eine glückliche langsame Frau zu sein als ein unglücklicher schneller Mann", sagte sie.
"Als Sportler ist es schwierig zu akzeptieren, dass man nicht mehr so schnell sein wird wie früher. Ich musste diesen Kompromiss akzeptieren, denn es ist ein Kompromiss, für mein Glück."
Im Jahr 2023 gewann die Athletin bei den Para-Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Paris in beiden Disziplinen die Bronzemedaille.
"Über die Spiele in Paris werde ich erst nachdenken, wenn ich in Frankreich angekommen bin", erklärt sie.
Petrillos Zulassung zu den Frauenwettkämpfen hat eine Debatte ausgelöst. Kritiker der Aufnahme von Transgender-Personen in den Frauensport argumentieren, dass Sportler große Vorteile im Bewegungsapparat hätten, die durch die Geschlechtsumwandlung nicht geschmälert würden. Die Läuferin Fausta Quilleri hatte im Jahr 2021 eine Petition verfasst, in der sie den italienischen Leichtathletikverband aufforderte, Petrillo von Wettkämpfen auszuschließen. "Ihre körperliche Überlegenheit ist so offensichtlich, dass der Wettbewerb unfair ist", argumentierte sie. Die Petition wurde von mehr als 30 Profisportlern unterzeichnet.
Wie die BBC berichtet, gibt es im Sport derzeit keine einheitliche Haltung zur Inklusion von Transgender-Personen. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) überlässt es den internationalen Sportverbänden, ihre eigenen Richtlinien festzulegen. Nach den Regeln von World Para Athletics ist eine Person, die rechtlich als Frau anerkannt ist, berechtigt, in der Kategorie anzutreten, für die sie aufgrund ihrer Behinderung qualifiziert ist. Der Leichtathletikverband World Athletics hat jedoch Transgender-Frauen von der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen in der Frauenkategorie ausgeschlossen.
Andrew Parsons, Präsident des IPC, sagte im Hinblick auf Petrillos Teilnahme: "Ich bin auf Kritik vorbereitet."
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