Washington steht in direktem Kontakt mit Kiew über den laufenden Angriff auf das russische Gebiet Kursk, hat US-Präsident Joe Biden nun erstmals bestätigt. Das Protokoll der Rede, die Biden nach seiner Ankunft am Dienstag in Louisiana vor Journalisten gehalten hat, wurde von der Pressestelle des Weißen Hauses veröffentlicht. Hierin heißt es unter anderem:
"In den letzten sechs oder acht Tagen habe ich das wahrscheinlich alle vier bis fünf Stunden regelmäßig mit meinen Mitarbeitern besprochen. Das schafft ein echtes Dilemma für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und wir halten einen ständigen direkten Kontakt mit den Ukrainern aufrecht. Mehr kann ich nicht sagen, solange diese Situation noch aktiv ist."
Zuvor hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, Kiew habe die "volle Unterstützung" der EU für die Offensive bei Kursk. Washington und Brüssel reagierten auf Presseanfragen zu den Ereignissen in Kursk bisher mit allgemeinen Aussagen über die Unterstützung der Ukraine und eine unveränderte Politik. John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, äußerte sich am Freitag:
"Wir stehen in Kontakt mit unseren ukrainischen Partnern und arbeiten daran, ein besseres Verständnis dafür zu gewinnen, was sie tun, was ihre Ziele sind und welche Strategie sie verfolgen. Ich werde etwas Raum lassen, um diese Gespräche zu führen, bevor ich versuche, das Geschehen zu charakterisieren."
Am selben Tag kündigten die USA weitere 125 Millionen US-Dollar Militärhilfe für die Ukraine an. Am Montag reiste der republikanische Senator Lindsey Graham aus South Carolina nach Kiew und lobte die Invasion von Kursk als "mutig" und "schön". Er forderte pensionierte westliche Piloten auf, sich der ukrainischen Luftwaffe anzuschließen und von der NATO bereitgestellte F-16-Kampfflugzeuge gegen Russland zu steuern.
Josep Borrell, Chef des außenpolitischen Dienstes der EU, und der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba haben in einem Telefongespräch die Kämpfe der ukrainischen Streitkräfte im Grenzgebiet Kursk erörtert. In einer auf X veröffentlichten Erklärung Borrells heißt es:
"Wir haben die neuesten Entwicklungen an der Frontlinie und die Gegenoffensive im Gebiet Kursk besprochen. Ich habe die volle Unterstützung der EU für den Kampf des ukrainischen Volkes bestätigt."
Kuleba schrieb auf derselben sozialen Plattform, er habe seinen Kollegen nicht nur "über die Details der ukrainischen Operation im Gebiet Kursk" informiert, sondern auch "die Erweiterung der Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU bei der Produktion und Lieferung von Waffen" besprochen.
Andrei Jermak, der Leiter des Büros von Wladimir Selenskij, hat auch den US-Sonderbeauftragten für europäische Angelegenheiten James O'Brien über die Lage vor Ort informiert. Das geht aus einer Mitteilung von Selenskijs Pressebüro vom Mittwoch hervor. O’Brien war am Dienstag in Kiew eingetroffen, wie Bridget Brink, die US-Botschafterin in der Ukraine, mitteilte. Der Besuch des Sondergesandten sei ein starkes Signal und zeige, dass Washingtons Unterstützung für Kiew ungebrochen sei.
Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag unter Bezugnahme auf Quellen berichtet, die Ukraine habe mehrere Szenarien für einen plötzlichen Angriff auf Russland durchgespielt. Dabei habe sie die "Zustimmung" der Führung der USA und der Europäischen Union für die erste Invasion auf russischem Territorium seit dem Zweiten Weltkrieg erhalten.
Am 6. August begann der massive Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf das Gebiet Kursk. Nach neuesten Informationen wurden dabei zwölf Zivilisten getötet und 121 verletzt, darunter zehn Kinder. Von den Opfern befinden sich noch 69 in Krankenhäusern, 17 von ihnen in kritischem Zustand. Mehr als 120.000 Menschen haben die Grenzregion Kursk verlassen oder wurden evakuiert. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hat Kiew seit Beginn der Kämpfe im Gebiet Kursk bis zu 2.030 Soldaten, 35 Panzer und 31 Schützenpanzer verloren.
In den Gebieten Kursk, Belgorod und Brjansk wurde der Status einer Antiterroroperation eingeführt. In Kursk gilt zudem ein föderaler Notzustand. Das Ermittlungskomitee hat Strafverfahren unter anderem wegen Terrorismus und Mordes eingeleitet.
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