Weltraumbahnhof Kourou: Russische Raketen stecken in Französisch-Guayana fest

Mehrere Sojus-Raketen verbleiben auf dem Weltraumbahnhof Kourou, aber ihre Rückführung nach Russland ist aus politischen Gründen schwierig, und französische Spezialisten wissen nicht, wie man sie demontiert. Auch der Abtransport ist problematisch: Das Raumfahrtzentrum benötigt mehr Platz.

Mindestens zwei eingemottete Sojus-2-Raketen der russischen Weltraumorganisation Roskosmos verbleiben im Raumfahrtzentrum von Französisch-Guayana, auch bekannt als Weltraumbahnhof Kourou, wie die Nachrichtenagentur Politico Quellen zitierte. Einer der Gesprächspartner der Zeitung sagte:

"Es gibt eine vollständig montierte [Sojus-2 im Lager], weil sie zu Beginn des Krieges in der Ukraine einige Tage vor dem Start stand."

Er merkte an, dass Gespräche über die Zukunft der Raketen "auf einem sehr hohen Niveau geführt werden".

Ihre Anwesenheit auf dem Weltraumbahnhof hat zu einem ungewöhnlichen Dilemma geführt und komplexe geopolitische Fragen aufgeworfen, so die Nachrichtenagentur, da die Raketen verlagert werden müssen, um Platz für neue Raketen aus europäischer Produktion zu schaffen. Die Betreiber versuchen gerade, sich von ihrer traditionellen Abhängigkeit von großen Regierungsprogrammen zu lösen und verstärkt mit kleineren Start-ups zusammenzuarbeiten. Wie ein Interviewpartner gegenüber Politico erklärte, wird "eine Art Geschäft vorbereitet", das mehr Platz auf dem Weltraumbahnhof erfordert.

Aber die Aussicht eines Transports der Raketen nach Russland, dessen Kosten sich auf 80 Millionen US-Dollar belaufen könnten bei einem Raketengewicht von 100 Tonnen, ist politisch giftig, so die Zeitung.

Die französische Raumfahrtbehörde (CNES) behauptete, sie habe keine Pläne, die Raketen zurückzuschicken. Gleichzeitig wissen die Teams des CNES und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) nicht, wie sie die Raketen demontieren und an einen anderen Ort bringen können, um Platz für neue Projekte zu schaffen, da die Raketen zuvor von Roskosmos-Spezialisten betreut wurden.

Es wurde erwogen, die Sojus-Raketen gegen 36 OneWeb-Satelliten auszutauschen, die sich zu Beginn des Ukraine-Konflikts auf dem Kosmodrom Baikonur befanden. Das französische Satellitentelekommunikationsunternehmen Eutelsat, welches das OneWeb-Netz verwaltet, versicherte, dass ein solches Szenario nicht zur Debatte stehe: Die Satellitenkonstellation sei bereits geschaffen worden und es gebe keine Pläne, sie zu erweitern.

Das Raumfahrtzentrum Kourou befindet sich in Französisch-Guayana in Südamerika, einem Überseegebiet Frankreichs. Roskosmos stimmte 2003 zu, von dort aus Raketen zu starten.

Die Attraktivität dieses Weltraumbahnhofs liegt in seiner Lage ‒ er befindet sich in unmittelbarer Nähe des Äquators, wo die Erdrotation der Rakete zusätzlichen Schwung verleiht. Dies bedeutet, dass sie schwerere Nutzlasten bei geringerem Treibstoffverbrauch befördern kann. Nach Angaben von Roskosmos bieten Kourou-Starts einen 15-prozentigen Vorteil bei der Nutzlast gegenüber Starts vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral und einen 40-prozentigen Vorteil gegenüber Starts von Baikonur.

Eine Woche vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten in der Ukraine bot Roskosmos der Europäischen Union die Nutzung der russischen Sojus in Kourou an, um "schnell dem Club der Weltraummächte beizutreten". Doch nach nur zwei Wochen verließen Anfang März alle Spezialisten der russischen Raumfahrtbehörde den Weltraumbahnhof.

Dabei sei der russische Startkomplex in Kourou in einem sehr guten Zustand, sagte Ruslan Muchamedschanow, Generaldirektor des Zentrums für die Nutzung von Infrastrukturanlagen am Boden (ZENKI, Teil von Roskosmos). Sechs Monate vor der Aussetzung der Zusammenarbeit sagte er:

"Es gibt genügend Ressourcen an technologischer Ausrüstung, um den Betrieb für viele Jahre in der Zukunft fortzusetzen."

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