Nach dem Attentat auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump wächst nun die Besorgnis über die Unfähigkeit des United States Secret Service (USSS), die Schießerei zu verhindern.
Der Vorfall ereignete sich am Samstag bei einer Wahlkundgebung in der Kleinstadt Butler im Bundesstaat Pennsylvania, als der 78-jährige Politiker einem Mordversuch um Haaresbreite entging und nur eine leichte Verletzung am rechten Ohr davontrug.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie es dem 20-jährigen Thomas Matthew Crooks möglich war, eine gute Schussposition auf einem Dach einzunehmen – und wie die Personenschützer den Einzeltäter übersehen konnten. Hierfür steht USSS-Chefin Kimberly Cheatle nun in harscher Kritik.
Cheatle, die 27. Direktorin des Secret Service, leitet den Dienst seit September 2022. Insgesamt bekleidete sie über 25 Jahre hinweg verschiedene Stellen in der Behörde, heißt es auf der Webseite des Dienstes. Außerdem ist sie die zweite Frau, die den Posten des Direktors innehat.
Vor dieser Ernennung war sie im Jahr 2021 vom Secret Service zum Nahrungsmittelkonzern Pepsico gewechselt, wo sie als Sicherheitschefin tätig war. Bevor sie von dort zum USSS zurückkehrte, war sie stellvertretende Direktorin einer Abteilung, die für den Schutz von Personen, Einrichtungen und Veranstaltungen zuständig ist. Auch in dieser Position war sie die erste Frau.
"Dieser Erfolg in einem von Männern dominierten Bereich hat mich geprägt", sagte Cheatle im Jahr 2022 in einem Interview mit dem Magazin Security, bevor Biden sie zur Chefin des Secret Service ernannte. In Bezug auf ihre leitende Funktion beim USSS erklärte Sie: "Ich hatte ein Foto der ersten fünf Frauen, die bei der Behörde vereidigt wurden, auf meinem Schreibtisch und habe es als Erinnerung genutzt, dass diese Frauen mir Chancen eröffnet haben und auch ich anderen helfen kann, zu wachsen und zu leiten."
Cheatle diente im Sicherheitsteam von Joe Biden während dessen Amtszeit als Vizepräsident, teilt die Zeitung The Washington Post mit. "Jill und ich haben es am eigenen Leib erfahren, welches Engagement sie für ihre Arbeit, die Angestellten und die Mission des Secret Service hat. Als Kim zu meinem Sicherheitsdienst gehörte, als ich Vizepräsident war, haben wir angefangen, ihrem Urteil und Rat zu vertrauen", zitiert die Zeitung die Worte von US-Präsident Joe Biden, als er Cheatle im Jahr 2022 zur Leiterin des Secret Service ernannte. Sie sei ein hervorragender Profi im Bereich der Sicherheit und ihre Kandidatur sei die beste Wahl zur Leitung des Secret Service, betonte Biden damals.
Der Secret Service ist für den Schutz des Präsidenten, des Vizepräsidenten und von weiteren hochrangigen Offiziellen zuständig, auch bei großen Veranstaltungen. In einem Interview mit dem TV-Sender ABC vorletzte Woche sagte Cheatle, sie sei von dem Niveau der Sicherheit bei den zwei kommenden großen Veranstaltungen der Demokraten und Republikaner überzeugt.
Hierbei handelt es sich um die Republican National Convention in Milwaukee, die heute beginnt, und die Democratic National Convention in Chicago, die im August stattfindet. Die Frage, ob sie bezüglich der Sicherheitsmaßnahmen an den beiden Parteitagen zuversichtlich sei, beantwortete sie bejahend. "Ja, ich bin absolut zuversichtlich, was die Pläne angeht, die wir für Chicago und Milwaukee erarbeitet haben."
In den vergangenen anderthalb Jahren habe der Secret Service daran gearbeitet, Gefahren zu eliminieren, die sowohl aus dem Ausland als auch im Inland drohten, so Cheatle. "Ich denke, wir müssen dafür sorgen, dass wir das Risiko für jede Art von Bedrohung einschätzen, sei es ein Einzeltäter, ein organisierter Angriff oder eine organisierte Gruppe".
Welche Folgen der Vorfall für Kimberly Cheatle und den Secret Service haben wird, werden die Ermittlungen zeigen. Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses und Mitglied der Republikaner, kündigte in den sozialen Medien "eine umfassende Untersuchung der tragischen Ereignisse" an.
Nun fordern immer mehr Leute den Rücktritt der Geheimdienstdirektorin, schreibt die Zeitung The New York Post. Cheatle wird vorgeworfen, sie habe bei Trumps Auftritt die Sicherheitsstandards missachtet. Kritiker behaupten, sie habe sich zu sehr auf "Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion" konzentriert, um sicherzustellen, dass die Abteilung bis 2030 zu 30 Prozent aus Frauen besteht, anstatt sich um die wichtigeren Aufgaben des Sicherheitsdienstes zu kümmern, schreibt die Zeitung.
Cheatle wurde für den 22. Juli vorgeladen, um über die Vorgänge bei dem Attentat auszusagen. Die Vorladung wurde von James Comer, dem Direktor für Überwachung und Rechenschaftspflicht im Kongress, unterzeichnet und auf seinem Kanal auf der Nachrichtenplattform X veröffentlicht.
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