Kaum im Amt erhebt die neue britische Finanzministerin Rachel Reeves schwere Vorwürfe gegen die vorherigen Regierungen der britischen Konservativen.
Die neue Labour-Regierung des Vereinigten Königreichs habe die schlechteste Wirtschaftslage seit dem Zweiten Weltkrieg geerbt, so die neu ernannte Finanzministerin. Reeves übernahm die Verantwortung für die Finanzen des Landes, nachdem die Labour-Partei bei den Parlamentswahlen in der vergangenen Woche 412 der 650 Sitze im Unterhaus gewonnen und damit die 14-jährige Herrschaft der Konservativen Partei beendet hatte.
Reeves erklärte am Montag in einer Rede im Finanzministerium:
"Ich habe wiederholt davor gewarnt, dass der Gewinner der Parlamentswahlen die schlimmsten Umstände seit dem Zweiten Weltkrieg erben würde."
Sie fügte hinzu:
"Wir stehen vor dem Erbe von 14 Jahren Chaos und wirtschaftlicher Verantwortungslosigkeit."
Sie beschuldigte ihre Tory-Vorgänger, aus "politischem Eigeninteresse" gehandelt zu haben, als Teil einer "Regierung, die die Partei an die erste und das Land an die zweite Stelle gesetzt hat".
Weiter kritisierte Reeves:
"Eine neue Analyse des Finanzministeriums, die ich am Wochenende angefordert habe, zeigt, dass unsere Wirtschaft in den letzten 13 Jahren um mehr als 140 Milliarden Pfund [rund 165 Milliarden Euro] größer gewesen wäre, wenn die britische Wirtschaft mit der durchschnittlichen Rate anderer OECD-Länder gewachsen wäre."
Laut der Tory-Politikerin hat die Politik der Vorgängerregierung den britischen Haushalt allein im Jahr 2023 effektiv 58 Milliarden Pfund (rund 68 Milliarden Euro) an entgangenen Steuereinnahmen kostet. Reeves warnte vor schwierigen Entscheidungen wegen der Finanzlage:
"Das ist Geld, mit dem unsere Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Dienste hätten wiederbelebt werden können ... Wachstum erfordert schwierige Entscheidungen – Entscheidungen, vor denen frühere Regierungen zurückgeschreckt sind."
Dennoch kündigte Reeves an, die "politische Zaghaftigkeit" im "antiquierten Planungssystem" des Vereinigten Königreichs zu beenden, und versprach Reformen, während sie sich gleichzeitig dazu verpflichtete, "keine Erhöhungen der Sozialversicherung, der Grund-, höheren oder zusätzlichen Einkommensteuer oder der Mehrwertsteuer" vorzunehmen.
Laut der britischen Tageszeitung The Guardian hat das Defizit des Vereinigten Königreichs unter mehr als einem Jahrzehnt konservativer Regierungen den höchsten Stand seit den 1960er-Jahren erreicht, während das Land von "Schocks wie dem Brexit, der Covid-Pandemie und der Inflation" schwer getroffen wurde.
Der Internationale Währungsfonds prognostizierte Anfang Juli, dass das BIP des Vereinigten Königreichs in diesem Jahr lediglich um 0,5 Prozent wachsen wird.
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