Eine für Montag geplante Reise von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach Budapest findet nicht statt. Die ungarische Seite sagte den Termin von Außenminister Péter Szijjártó mit Baerbock kurzfristig ab, wie das deutsche Außenministerium gestern Abend bestätigte.
Die Reise solle zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Die deutsche Seite bedauerte die Absage. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es:
"Ein ernstes und ehrliches persönliches Gespräch zwischen beiden Außenministern wäre in Anbetracht der überraschenden und nicht abgestimmten Moskau-Reise von Ministerpräsident Orbán durchaus wichtig gewesen."
Ungarn hatte zum 1. Juli die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Regierungschef Viktor Orbán verärgerte das EU-Establishment gestern mit einem nicht abgesprochenen Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte deutlich, dass sie den Alleingang Orbáns als Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union ansieht.
Bundeskanzler Olaf Scholz stellte klar, dass Orbán als Ministerpräsident Ungarns zu Putin reiste und nicht als außenpolitischer Vertreter der EU.
Fico wäre am liebsten mitgekommen
Doch es gab auch Stimmen, die Orbán für seine Initiative lobten. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erklärte am Freitag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Attentat auf ihn:
"Ich möchte dem ungarischen Ministerpräsidenten meine Bewunderung dafür aussprechen, dass er, ohne zu zögern, nach Kiew und Moskau gereist ist."
"Es gibt nie genug Friedensgespräche und Initiativen", fügte Fico hinzu. Und weiter:
"Wenn es mein Gesundheitszustand zuließe, wäre ich gerne mitgefahren."
Fico kritisierte anschließend auch die Haltung der EU und der NATO in Bezug auf den Ukraine-Konflikt:
"Es ist genau der Konflikt in der Ukraine, den die EU und die NATO überhöht haben, indem sie das Konzept einer einzigen richtigen Meinung buchstäblich heiliggesprochen haben – nämlich dass der Krieg in der Ukraine um jeden Preis fortgesetzt werden muss, um die Russische Föderation zu schwächen. … Jeder, der sich nicht mit dieser verbindlichen Meinung identifiziert, wird sofort als russischer Agent abgestempelt und international politisch ausgegrenzt."
Bei den Gesprächen zwischen Putin und Orbán am Freitag ging es laut dem ungarischen Ministerpräsidenten darum, den "kürzesten Weg" aus dem Ukraine-Konflikt zu finden.
"Die Positionen Moskaus und Kiews liegen nach wie vor weit auseinander", räumte Orbán nach den Gesprächen ein und verwies auf seine jüngste Reise nach Kiew, wo er sich mit der ukrainischen Führung getroffen hatte. Orbán fügte hinzu:
"Es müssen noch viele Schritte unternommen werden, um einer Lösung des Krieges näherzukommen. Doch den wichtigsten Schritt haben wir bereits getan – wir haben den Kontakt hergestellt, und daran werde ich auch in Zukunft arbeiten."
Der anhaltende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wirkt sich auf die gesamte europäische Region aus, so Orbán weiter. Er verwies darauf, dass Europa sich nur in Friedenszeiten am schnellsten und nachhaltigsten entwickelt habe. Weiter sagte der ungarische Ministerpräsident:
"Wie ich dem Herrn Präsidenten bereits gesagt habe, braucht Europa Frieden. Doch dieser Frieden wird sich nicht von selbst einstellen, wir müssen daran arbeiten, ihn zu erreichen."
Der russische Präsident hatte während der Gespräche erneut die Bereitschaft Moskaus bekräftigt, die Feindseligkeiten durch Verhandlungen zu lösen. Die ukrainische Führung scheine jedoch immer noch nicht in der Lage zu sein, ihre Idee, den Krieg "bis zum siegreichen Ende" zu führen, aufzugeben, so Putin.
Moskau ziehe einen dauerhaften und nachhaltigen Frieden einem nur vorübergehenden Waffenstillstand oder einem "eingefrorenen Konflikt" vor, erklärte der russische Präsident.
Es dürfe keinen "Waffenstillstand oder eine Art Pause geben, die das Kiewer Regime nutzen könnte, um sich von seinen Verlusten zu erholen, sich neu zu formieren und aufzurüsten. Russland ist für eine vollständige und endgültige Beendigung des Konflikts", fügte er hinzu.
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