Kiew wird bei dem kommenden NATO-Gipfel in Washington im Juli wohl keine Einladung zu Verhandlungen über den Beitritt zum Militärbündnis erhalten. Laut einem Bericht der Zeitung New York Times (NYT) wird stattdessen die Einrichtung eines neuen Hauptquartiers in Deutschland angekündigt, das sich mit der Koordination der Hilfe aller Art für die Ukraine beschäftigen wird. Dies soll ein Zeichen der langfristigen Verpflichtung des Militärbündnisses zur Sicherheit des Landes und eine "Brücke" zur künftigen Mitgliedschaft sein.
Das Hauptquartier mit Sitz an der US-Militärbasis in Wiesbaden betreibe eine NATO-Initiative, die vorläufig Mission zur Sicherheitsunterstützung und Ausbildung für die Ukraine heiße, wird im NYT-Bericht mitgeteilt. Neben der Optimierung der militärischen Hilfe sollte im Rahmen der Mission auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten koordiniert werden. Alle NATO-Länder hätten der Initiative zugestimmt. Die Bezeichnung derer als Mission habe jedoch Deutschland bestritten, da Berlin den Eindruck vermeiden wolle, dass sich das Bündnis im Krieg mit Russland befinde. Die Mission werde direkt der NATO untergeordnet, weshalb sie auch dann funktionieren sollte, wenn Donald Trump, ein scharfer Kritiker der Ukraine-Hilfen, die US-Präsidentenwahl gewönne. Zudem werde sie parallel zur existierenden Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine arbeiten, die unter US-Führung stehe und Waffenlieferungen von etwa 50 Ländern koordiniere.
Nach Angaben der NYT sollen die US-Regierung und NATO-Beamte die Idee erdacht haben, um Kiew "etwas Solides" bei dem Gipfeltreffen anzubieten, während die Zeit für seinen NATO-Beitritt immer noch nicht gekommen sei. Da das Land sich im Krieg befinde, könne auch die NATO durch den Beitritt der Ukraine zu einer Konfliktpartei werden. Außerdem glaubten US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz, dass Kiew wichtige Reformen unternehmen sollte, um die Korruption einzudämmen sowie die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verbessern.
Man hoffe, dass das Hauptquartier und das Engagement, das hierbei gezeigt werde, den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij befriedigen und einen reibungslosen Gipfel ermöglichen würden. Bei dem Treffen in Vilnius im vergangenen Sommer hatte sich Selenskij offenbar unzufrieden gezeigt, dass keine festen Zeitrahmen für die Einnahme der Beitrittsgespräche seinem Land angeboten worden waren.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte sich am 14. Juni beim Verteidigungsministertreffen vage zu den Plänen geäußert und betont, dass sie die Unterstützung der NATO für die Ukraine in den kommenden Jahren auf eine festere Basis stellen würden. Die neue Mission hatte Stoltenberg als Hauptereignis des kommenden Gipfels und ein weiterer Schritt der Ukraine zu Mitgliedschaft bezeichnet. Die Initiative mache die NATO nicht zu einer Konfliktpartei, sondern verstärke nur ihre Hilfe an Kiew und unterstütze dessen Recht auf die Verteidigung.
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