Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin warnt angesichts der aufgeheizten Stimmung im Land vor Gewaltausbrüchen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Neuwahl. "Es ist möglich, dass es extrem starke Spannungen geben wird", sagte Darmanin heute dem Radiosender RTL, während der Wahlkampf in die letzte Woche vor dem ersten Wahlgang geht. Die Behörden bereiteten sich auf eine "hochentzündliche" Situation vor.
Präsident Emmanuel Macron hatte nach den großen Verlusten seiner liberalen Partei Renaissance und dem klaren Sieg des rechtsnationalen Rassemblement National (RN) bei der Europawahl Anfang des Monats eine Neuwahl des Parlaments für den 30. Juni und 7. Juli angesetzt. In den Umfragen liegt sein Lager hinter der nationalkonservativen Rechten und einem neu gegründeten Linksbündnis zurück.
Macron, der als Präsident nicht zur Wahl steht, hatte gestern in einem "Brief an die Franzosen" um Vertrauen geworben. Er sei sich des demokratischen Unbehagens in der Bevölkerung bewusst, sein Lager sei aber die letzte Hoffnung auf Stabilität.
Zugleich bekräftigte Macron, dass er bis zum Ende seiner Amtszeit 2027 im Amt bleiben werde, unabhängig vom Ausgang der Parlamentswahl. Der Präsident in Frankreich hat umfassende Befugnisse im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik. Das Parlament hingegen kann große Teile der Innenpolitik bestimmen.
"Völlig unausgewogen" ‒ Wirtschaft warnt
Auch französische Unternehmen und ausländische Investoren äußerten sich im Vorfeld der vorgezogenen Parlamentswahlen besorgt.
Dies wurde bei einer hochkarätigen Veranstaltung des führenden französischen Arbeitgeberverbands MEDEF deutlich, bei der prominente Politiker ihre Wirtschaftsprogramme vorstellten.
Zum ersten Mal traten Éric Ciotti und Jordan Bardella gemeinsam auf der Veranstaltung auf, um den Arbeitgebern ihre Wirtschaftsprogramme zu erläutern.
Bardella, der die Rassemblement National (RN) vertritt, betonte Stabilität und Wachstum. Ciotti, Vorsitzender der konservativen Mitte-Rechts-Partei Les républicains (LR), der kontroverserweise eine Zusammenarbeit mit der RN angekündigt hatte, sagte der Wirtschaft seine Unterstützung zu.
Vor allem der Vorschlag durch die RN, die Rentenreform rückgängig zu machen, löste bei Wirtschaftsführern besonders viel Kritik aus. Ein Firmenchef bezeichnete die Haushaltspläne der RN als "völlig unausgewogen". Die Linkskoalition, vertreten durch Boris Vallaud, forderte unterdessen mehr Solidarität von den Arbeitgebern.
Édouard Philippe und Bruno Le Maire vom zentristischen Bündnis von Präsident Emmanuel Macron betonten einen wirtschaftsfreundlichen Ansatz und warnten vor der Wirtschaftspolitik von links und rechts. Le Maire kritisierte die Vorschläge der RN als "verrückt" und betonte die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Finanzpolitik.
Vergangene Woche reagierte die EU-Kommission auf die prekäre Lage der französischen Staatsfinanzen und leitete ein Defizitverfahren gegen das Land ein. In den kommenden Monaten werden die französische Regierung und Brüssel verhandeln, wie Frankreich Defizit und Schulden langfristig senken kann, sodass sich diese wieder den Maastricht-Vorgaben annähern.
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