Von Sergei Poletajew
Es gab dort nichts Bemerkenswertes. Nicht einmal ein bemerkenswertes Meme hat das Ganze hervorgebracht. Trotz des Rummels war der "Friedensgipfel" von Wladimir Selenskij in der Schweiz eher ereignislos und wird wahrscheinlich in ein paar Wochen oder sogar Tagen vergessen sein.
Gewiss könnte man sich auch über die Tagesordnung des "Gipfeltreffens" lustig machen (einige sagen, das wichtigste Ereignis sei das Bankett gewesen) oder auch über die illustre Schar der Teilnehmer (zu denen der Vertreter des Internationalen Boxverbandes, der Minister für die nationale Invalidenversicherung Australiens und der Minister für Strafvollzug aus Neuseeland gehörten) oder auch über die mögliche Verwechslung einiger Beobachter, der russische Präsident sei der Hauptredner gewesen (Wladimir Putin hatte am Vortag seinen eigenen Friedensplan vorgeschlagen). Wir könnten auch noch einmal festhalten, dass einige Teilnehmerländer sich weigerten, das Abschlusskommuniqué zu unterzeichnen, während weitere ihre voreilige Unterschrift wieder zurückzogen, und so weiter.
Es könnte sich jedoch herausstellen, dass das Gipfeltreffen in der Schweiz dennoch in die Geschichte eingehen könnte. In der Zukunft könnten Historiker das Scheitern der Kiewer Diplomatie als jenen Wendepunkt bezeichnen, der den Beginn großer Veränderungen in der Welt markiert.
Klassische und moderne Diplomatie
Lassen Sie uns einen Moment über die Theorie sprechen. Es gibt zwei Arten von Friedensverhandlungen: Erstens gibt es die klassische Art, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hat: Zwei Länder führen einen Krieg, eine der beiden Parteien gewinnt die Oberhand und zwingt der anderen Seite ihren Willen auf. Der Krieg endet, wenn eine oder beide Seiten erkennen, dass der Preis für die Fortsetzung der Feindseligkeiten höher ist als der für einen Friedensschluss. Ab diesem Punkt treten die Diplomaten in Aktion, deren Aufgabe es nun ist, die günstigsten Bedingungen für ihre jeweilige Seite auszuhandeln. In der Geschichte gibt es viele Beispiele dafür, dass ein Land, das einen Krieg verloren hat, nach geringfügigen oder sogar nur symbolischen Verlusten und mit minimalem Blutvergießen einen Frieden schließen konnte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit dem Beginn der UNO-Ära wurde der Begriff "Krieg" im Völkerrecht jedoch durch den Begriff "bewaffneter Konflikt" ersetzt. Während die Staaten in der Vergangenheit zur Lösung ihrer Probleme oft zum Krieg griffen, sollte so nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs eine Art "Weltpolizist" die Aufgabe erfüllen, bewaffnete Konflikte (notfalls auch mit Gewalt) zu beenden, die Beteiligten auseinander zu bringen und die Widersprüche möglichst am Verhandlungstisch zu lösen.
Klassische Friedensverträge gehörten der Vergangenheit an und machten endlosen "Friedensprozessen" unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, ihrer UNO und anderer internationaler Organisationen Platz. Dies war der Fall in Palästina, Korea, Zypern, Kaschmir, Westafrika, auf dem Balkan und in den Republiken der ehemaligen UdSSR.
In einigen Fällen hat diese Strategie funktioniert und dazu beigetragen, die heiße Phase eines Konflikts zu beenden und Frieden zu schaffen, während sie in anderen Fällen zu jahrzehntelangem Blutvergießen führte. Es ist jedoch festzustellen, dass nach 1945 zumindest die Kausalkette unterbrochen wurde und kein direkter Zusammenhang mehr zwischen dem Ergebnis von Kampfhandlungen und dem Ergebnis von Friedensverhandlungen bestehen musste.
Auch wenn sich die Dinge auf dem Papier geändert haben, wurde die Nachkriegsrealität naturgemäß immer noch von Machtverhältnissen bestimmt. Dies war der Fall in Korea (wo beide Seiten erschöpft waren und daher keine gewann), in Palästina (niemand konnte letztlich Israel aus den besetzten Gebieten wieder vertreiben, die es nicht freiwillig verlassen wollte) und in Vietnam (die USA verloren de facto den Krieg und ihre Verbündeten im Lande waren der Gnade der siegreichen Seite ausgeliefert).
Nach dem Ende des Kalten Krieges erhoben sich jedoch die USA zum alleinigen Weltpolizisten und beschlossen, dass sie alles tun und lassen können, was sie wollen. In Jugoslawien, Afghanistan und im Irak handelte die US-Regierung nach demselben Prinzip: Die USA nehmen sich alles Recht, das ihnen nützt, und alle anderen haben unrecht.
Wie es begann ...
Aus diesem Grund kamen mehrere Generationen von Politikern zu der Überzeugung, dass sie im Falle der Unterstützung aus Washington, D.C. jeden Friedensprozess nutzen könnten, um den Verlauf eines bestimmten Konflikts zu ihren Gunsten zu wenden, unabhängig davon, was auf dem Schlachtfeld passiert. In den letzten zehn Jahren hat sich die ukrainische Diplomatie auf dieses "postmoderne" Konzept gestützt.
Lassen Sie uns kurz die Chronologie des Konflikts in der Ukraine in Erinnerung rufen. Der innere Krieg der Ukraine im Donbass 2014/2015 endete de facto mit der Niederlage Kiews und der Unterzeichnung der Minsker Vereinbarungen. Mit Unterstützung der USA hielt sich die ukrainische Regierung jedoch nicht an diese Bedingungen, und es wurde daraus ein weiterer, aber hoffnungsloser Friedensprozess, der die Widersprüche nicht löste, sondern nur unter den Teppich kehrte.
Als einziger der Garanten dieser Vereinbarung versuchte Russland, die Ukraine zu zwingen, die Bedingungen im Februar 2022 einzuhalten. Gleichzeitig wollte es den Westen dazu drängen, die Unterstützung für die Ukraine einzustellen. Das Ergebnis war der zu Ende verhandelte Friedensvertrag von Istanbul – ein Kompromiss, der für alle Beteiligten von Vorteil gewesen wäre. Wäre er umgesetzt worden, hätte die Staatlichkeit der Ukraine erhalten und sogar gestärkt werden können, Russland hätte die von ihm geforderte Pufferzone erhalten, der Frieden in Europa wäre gesichert gewesen und die USA hätten ihr Gesicht wahren und somit ihre Autorität behalten und die Pax Americana verlängern können.
Solche Hoffnungen waren jedoch leider ziemlich naiv. Offenbar hoffte man im Kreml immer noch, dass ein Friedensprozess die Widersprüche auflösen könnte. Das hat nicht funktioniert, und das Format der militärischen Sonderoperation erlaubte es Russland nicht, seinen Willen durchzusetzen, da es nicht über ausreichende Kräfte verfügte, um zu diesem Zeitpunkt seine Ziele zu erreichen.
Im Herbst 2022 führte die Ukraine mehrere erfolgreiche Offensiven bei Charkow und Cherson durch. Zu diesem Zeitpunkt hätte ein kluger Führer der Ukraine einen Frieden zu Bedingungen vorgeschlagen, die der realen Situation an der Front entsprachen, ihn als Erfolg bezeichnen können und den Konflikt beendet, der eine große Belastung für sein Land darstellte.
... und wie es weitergeht
Selenskij tat jedoch genau das Gegenteil: Er verbot sich selbst in juristischer Form, mit Putin zu verhandeln, und stellte eine aus zehn Punkten bestehende "Friedensformel" auf, die die russische Regierung im Wesentlichen zur Kapitulation verpflichtete. Diese Formel sah den vollständigen Rückzug der russischen Truppen bis zu den Grenzen von 1991 (also nicht nur aus den neuen Gebieten, sondern auch von der Krim), die Zahlung von Reparationen, ein Kriegsverbrechertribunal vor und so weiter und so fort.
Wurde Selenskij vom relativen Erfolg schwindelig und vertraute er ganz auf die Macht der USA? Oder war sein Vorschlag nur eine Ausgangsbasis, die später hätte angepasst werden können? Letzteres hätte der Fall sein können, wenn der diplomatische Prozess fortgesetzt worden wäre. Doch sobald er in der Welt war, bildete Selenskijs Friedensplan eine Blase aus einer völlig verzerrten Realität.
Nach dem Erfolg der ukrainischen Armee im Jahr 2022 sympathisierte der Westen zunächst mit Selenskijs Idee – die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich, die NATO und viele andere westliche Länder brachten ihre Unterstützung für Selenskijs Plan zum Ausdruck.
Doch Worte sind nur Worte, und jede vermeintliche Vereinbarung ist nur ein Stück Papier, wenn sie nicht zu einem echten Friedensprozess führt. Dieser wurde schließlich eingeleitet. Selenskijs Ziel war es, die schriftliche Unterstützung von so vielen Ländern wie nur möglich zu erhalten und dann dieses Dokument Moskau als Ultimatum vorzulegen.
Im vergangenen Jahr fanden eine Reihe von Treffen statt – in Kopenhagen (Juni 2023), Dschidda (August 2023), Malta (Oktober 2023) und Kiew (Dezember 2023). Es gab auch andere, weniger bemerkenswerte, also insgesamt neun Treffen.
Der zehnte und großartigste sollte das Gipfeltreffen in der Schweiz werden, wo Selenskijs "Friedensformel" nun von der Weltmehrheit unterzeichnet werden sollte.
In der Zwischenzeit hatte sich die Lage auf dem Schlachtfeld aber doch erheblich verändert, und zwar nicht zugunsten der Ukraine. Die Gegenoffensive Kiews scheiterte, und der Westen konnte Russland in seinem Handelskrieg nicht besiegen, er konnte auch nicht genügend Waffen liefern und die Forderungen Kiews für das Schlachtfeld erfüllen.
Von Anfang an war es eine arrogante – aber zumindest bemerkenswerte – Erklärung, aber jetzt ist Selenskijs Vorschlag zu einem leeren Geschwätz geworden, an das niemand mehr glaubt.
Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen
Die Organisatoren des Gipfeltreffens in der Schweiz griffen auf ihre üblichen Tricks zurück: Sie organisierten eine Veranstaltung von scheinbar globalem Ausmaß, die in Wirklichkeit aber klar prowestlich angelegt war. Der Plan war einfach: Alle sollten kommen, Transparente entrollen und im richtigen Moment klatschen. Was die Teilnehmer selbst dachten, interessierte niemanden wirklich.
Aber die Dinge liefen doch nicht wie geplant. Viele der Versammelten wagten es, dem Westen nicht bedingungslos zu gehorchen. Der Widerstand war nicht sehr stark (es gibt keinen Grund, jetzt einen Skandal zu verursachen), aber zum ersten Mal seit Jahrzehnten musste der Westen eine Entscheidung treffen: Entweder er bleibt standhaft (und stößt auf noch größeren Widerstand) oder er sucht den Kompromiss.
Doch auch der Kompromiss hat nicht funktioniert. Um den Schein zu wahren und die Unterstützung möglichst vieler Teilnehmer zu erhalten, wurde die Agenda auf drei bedeutungslose Punkte reduziert – aber selbst in dieser Form kamen die wichtigsten Länder der Weltmehrheit (also diejenigen, die nicht mit dem Westen verbündet sind) entweder gar nicht erst in die Schweiz oder unterschrieben nichts.
Und das liegt nicht nur daran, dass der Irak, Brasilien, Indien, Saudi-Arabien, Südafrika, Jordanien oder China Russland stark unterstützen – nein, es ist ihnen größtenteils egal. Es ist einfach so, dass mit jedem Jahr und sogar mit jedem Monat weniger Länder bereit sind, sich dem Westen unterzuordnen.
Auf dem Gipfel in Burgenstock kam es zwar nicht zu einem ausgewachsenen offenen Streit, aber einige Staats- und Regierungschefs hielten provokante Reden. So sprach der Präsident Kenias über die Unrechtmäßigkeit der Aneignung russischer Vermögenswerte, der Premierminister von Osttimor über die Heuchelei des Westens mit seiner sogenannten "regelbasierten Ordnung" und anderes.
Darüber hinaus betonten alle nichtwestlichen Teilnehmer, dass Verhandlungen ohne die gleichberechtigte Beteiligung beider Konfliktparteien nicht sinnvoll seien. Zum Abschluss des Gipfeltreffens sah sich sogar der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba gezwungen, diese Schlappe zuzugeben. Während das Ganze für Selenskij den Zusammenbruch seiner gesamten Politik bedeutet, könnte es für den Rest der Welt eine Rückkehr zu den klassischen Prinzipien einer auf dem Gleichgewicht der Kräfte beruhenden Diplomatie bedeuten – was bedeutet, dass immer noch die Chance besteht, dass sich etwas zum Besseren wendet.
Übrigens müssen wir noch das Verhalten des US-Präsidenten Joe Biden hier erwähnen: Als kluger Politiker wusste er all das im Voraus und ist kurzerhand nicht zu diesem Gipfeltreffen gekommen. Wäre er anwesend gewesen, hätte die Veranstaltung mehr Energie haben können, aber ohne ihn war sie einfach nur noch bedeutungslos.
Der Elefant im Raum
Putin schlug natürlich zeitnah seinen eigenen Friedensplan vor – gerade als sich die Delegierten auf ihre Reise in die Schweiz vorbereiteten. Natürlich wurde er vom Westen und in Kiew sofort abgelehnt – aber in der neuen Realität wird Russlands Position dennoch berücksichtigt werden müssen. Putins Worte machten deutlich, dass der Ausgang des Konflikts – und damit auch die künftige Weltordnung – nicht von der Demarkationslinie, sondern von dem Regime bestimmt wird, das Kiew nach dem Waffenstillstand regieren wird.
Wenn dieses Regime die Bedingungen Putins akzeptiert (also den Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft, die Abrüstung und das Verbot der nationalistischen ukrainischen Ideologie), wird dies zur Wiederherstellung des ukrainischen Staates auf der Grundlage womöglich sogar freundschaftlicher Beziehungen zu Russland führen (andernfalls wird es für Kiew schlecht laufen). Dieser neue Staat könnte von den derzeitigen ukrainischen Eliten aufgebaut werden. Kein Wunder also, dass Putin angedeutet hat, sie sollten Selenskij stürzen, die Beziehungen zum Westen abbrechen und einen Neuanfang wagen.
Gelingt es Russland nicht, dieses Ziel zu erreichen, so wird Kiew unter westlicher Kontrolle bleiben. In diesem Fall wird die Ukraine (selbst mit weniger Territorium) der Rammbock des Westens gegen Russland bleiben, und nach einer kurzen Pause könnte der Konflikt wieder aufflammen.
Die dritte Möglichkeit, die derzeit leider recht wahrscheinlich ist, besteht darin, dass sich die Kämpfe so lange hinziehen, bis die Ukraine gänzlich auseinanderfällt, in Trümmern liegt und die ehemaligen ukrainischen Gebiete – samt der verbliebenen Bevölkerung – nach und nach von den Nachbarländern absorbiert werden.
Es gibt auch ein viertes Szenario – eine erhebliche Eskalation des Konflikts, die in direkte Feindseligkeiten mit der NATO mündet und unvorhersehbare nukleare Folgen in sich birgt.
Das Einzige, was jetzt vom Tisch ist, ist die fünfte Option – ein militärischer Sieg der Ukraine. Der große Unterschied besteht darin, dass Putin noch eine Chance hat, seine "Friedensformel" umzusetzen, während Selenskij Plan völlig gescheitert ist.
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Sergei Poletajew ist ein Informationsanalyst und Publizist. Er ist spezialisiert auf die russische Außenpolitik und den Russland-Ukraine-Konflikt.