Von Wassili Stojakin
Das bilaterale Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und den USA, das am 13. Juni unterzeichnet wurde, widmet sich nicht nur Sicherheitsfragen, sondern ist viel komplexer. Die inhaltlichen Artikel beschreiben die Zusammenarbeit der beiden Staaten in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit, wirtschaftliche Entwicklung, Reformen zur Vertiefung der euroatlantischen Zusammenarbeit und schließlich beim Erreichen eines "gerechten Friedens" gemäß "Selenskijs Formel".
Wie es für Grundsatzdokumente üblich ist, ist das Abkommen in abstrakten Ausdrücken gehalten – die Rede ist von Leitlinien, doch nicht davon, was dafür zu tun ist. Es ist ein Rahmenabkommen, das die rechtliche Grundlage für bereits geschlossene und noch zu schließende Spezialabkommen liefert. In Letzteren sind die Einzelheiten aufgeführt.
Zusätzlich werden einzelne inhaltliche Momente erläutert, allerdings auf eine merkwürdige Weise. Beispielsweise ist unklar, warum es notwendig ist, in einem solch abstrakten Abkommen Kampfflugzeuge des Typs F-16 zu erwähnen. Anscheinend wurde dies getan, um die Sehnsucht der Ukrainer nach einer weiteren "Wunderwaffe" zu befriedigen.
Doch betrachten wir einige Details des Abkommens genauer. Dort gibt es viel Interessantes zu lesen.
Erstens stellt das Abkommen fest, dass sein Gegenstand die "Unterstützung der Bemühungen der Ukraine um einen Sieg im gegenwärtigen Krieg und eine Eindämmung der künftigen russischen Militäraggression" sei. Zum Vergleich: "Jegliche künftige Aggression oder Gefahr der Aggression gegen die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität jeder der Parteien wird ein Grund für ernsthafte Besorgnis der anderen Vertragspartei sein."
Das heißt, dass beispielsweise im Fall eines Angriffs Polens auf die Ukraine, um die "Kresy" zurückzuholen, sich die USA lediglich auf "Besorgnis" beschränken würden. Im Gegensatz zu einer imaginären "Aggression" von Seiten Russlands, die sofortige und gar nicht imaginäre Hilfe erfordert.
Somit ist es kein Sicherheitsabkommen, sondern ein Abkommen über die Hilfe der USA im Krieg der Ukraine gegen Russland, und zwar in einem endlosen Krieg – die Parteien zweifeln nicht an einer "künftigen russischen Aggression". Sie gehen davon aus, dass Russland durch seine schiere Existenz eine Bedrohung für die Ukraine darstellt. Und es ist merkwürdig, dass das Abkommen nur für zehn Jahre gültig ist. Vielleicht rechnet Washington nicht damit, dass die andere Seite länger durchhalten kann?
Das zweite interessante Detail besteht darin, dass das Abkommen auf bereits gültigen Dokumenten basiert: dem "strategischen Verteidigungsrahmen", der von den Verteidigungsministerien der beiden Staaten am 31. August 2021 unterzeichnet wurde, sowie der Charta über strategische Partnerschaft zwischen der Ukraine und den USA vom 10. November 2021. An dieser Stelle sei betont, dass es sich dabei um Dokumente handelt, die vor dem Beginn der russischen Sonderoperation erschienen waren.
Selbstverständlich würden die Ukraine und die USA argumentieren, dass die Sonderoperation damals bereits in Vorbereitung war, und die Abkommen auf deren Verhinderung abzielten. In Wirklichkeit war aber gerade der Abschluss dieser Abkommen einer der Schritte in Richtung Militarisierung der Ukraine, die die Sonderoperation unvermeidbar machten. Faktisch bedeutet die schiere Existenz des gegenwärtigen Abkommens das Eingeständnis, dass der Westen die Ukraine auf die Rolle eines Rammbocks gegen Russland vorbereitet hatte.
Das dritte interessante Detail ist das Verhältnis zwischen der Gültigkeit des Abkommens und der Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO. Das Abkommen betont, dass die NATO "die Zukunft der Ukraine" sei, allerdings werde diese Zukunft eintreten, "wenn die Mitglieder der Allianz zustimmen und die Bedingungen erfüllt" werden. Dennoch ist das Abkommen an sich als ein Schritt hin zu einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu werten. Es ist möglich, dass das Abkommen auch nach dem Beitritt gültig sein wird:
"Sobald die Ukraine NATO-Mitglied wird, werden sich die Parteien treffen und den künftigen Status dieses Abkommens besprechen."
Wie wir sehen, zielt das Dokument direkt auf eine weitere Militarisierung der Ukraine und ihr Hineinziehen in die NATO ab. Folglich wird die Erzwingung eines Verzichts der Ukraine auf dieses Abkommen zu einem weiteren Ziel der russischen Sonderoperation werden.
Nun zu jenen Details, die jeder "patriotische" Beobachter aus der Ukraine in jedem Dokument heraussuchen muss, und zwar die "Srada", also Verrat. Das wichtigste Detail in dieser Hinsicht fand die Washington Post – die Autoren der Zeitung verweisen darauf, dass das Abkommen von jeder Seite gekündigt werden kann. Selbstverständlich schöpften sie Verdacht, dass "Trump oder jeder künftige Präsident aus dem rechtlich nicht bindenden Abkommen austreten kann, weil es kein Vertrag ist und nicht vom Kongress ratifiziert wird." Das erscheint merkwürdig – warum sollte schließlich die demokratische Administration die Interessen ihres Hauptgegners bedienen und im Voraus einen für Trump bequemen Artikel in das Abkommen einbauen?
Am 16. Juni bestätigte Bidens Sicherheitsberater, Jake Sullivan, dieses wichtige Detail. Er betonte, dass die Abkommen mit der Ukraine "nicht in Stein gemeißelt" seien und dass Vereinbarungen, die "von einer Regierung getroffen wurden, von einer anderen Regierung geändert werden können."
Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Trump das Rahmenabkommen aus irgendwelchen innenpolitischen Gründen kündigen wird, gering – es wäre einfacher, keine weiteren Spezialabkommen über die Bewilligung bestimmter Militärhilfen abzuschließen oder die bestehenden zu revidieren. Doch die Wahrscheinlichkeit für einen Regimewechsel in der Ukraine während der Gültigkeitsdauer des Abkommens beträgt fast 100 Prozent, und gerade für einen solchen Fall ist ein Artikel über die Kündigung des Abkommens notwendig, um sich abzusichern.
Es gibt noch ein Problem, das in der Ukraine und den USA gern ignoriert wird, allerdings wohl wichtiger als der Artikel über die einseitige Kündigung des Abkommens ist. Hatte die Ukraine ihr erstes Sicherheitsabkommen mit Großbritannien noch im Januar des laufenden Jahres geschlossen, zögerten die USA aus irgendeinem Grund bis Juni.
Warum? Doch nicht etwa deshalb, weil Washington Selenskijs Legitimität zwar anerkennt, aber dennoch weiß, dass seine Amtszeit als Präsident abgelaufen ist und dass er nicht mehr Rechte hat, irgendwelche Abkommen zu unterzeichnen, als jeder andere Bürger der Ukraine?
Und wenn man dies bedenkt, wird die Aussage des russischen Präsidenten verständlich:
"Uns ist es egal, sollen sie unterzeichnen, was sie wollen."
Im Grunde ist es Russland tatsächlich gleichgültig, was der abgelaufene Selenskij und der offensichtlich unzulängliche Biden unterzeichnen.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 16. Juni bei Wsgljad.
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