Die meisten ausländischen Unternehmen sind trotz der Sanktionen und des starken politischen Drucks weiterhin in Russland tätig. Zu diesem Ergebnis kommt eine soeben veröffentlichte Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsforschung. Die Studie zeigt auch die Diskrepanz zwischen dem, was die meisten Unternehmen am Anfang des Jahres 2022, nach dem Beginn der Militäroperation in der Ukraine, erklärten, und dem, wie sie schließlich gehandelt haben.
Zwei Jahre danach haben jedoch "nur 9,5 Prozent der ausländischen Unternehmen Russland vollständig verlassen", so die Autoren der Studie. Weitere 32,2 Prozent haben ihre Geschäftstätigkeit in Russland eingeschränkt. Nach den ersten Erhebungen waren die Hauptmotive für den Rückzug das Risiko für das öffentliche Ansehen des Unternehmens, aber auch andere Faktoren wie Sanktionen, Schwierigkeiten bei der Logistik und der Zahlungsabwicklung sowie die Furcht vor der Verstaatlichung von Aktiva. In dem Bericht heißt es:
"Im Laufe der Zeit haben sich die Kapitalabflüsse ausländischer Investoren deutlich verlangsamt, was vor allem auf die allmähliche Verschärfung der regulatorischen Hindernisse für den Ausstieg zurückzuführen ist. … Einerseits machen regulatorische Hindernisse, ungünstige Ausstiegsbedingungen und das beachtliche Risiko einer Verstaatlichung den Ausstieg zu einem schwierigen, kostspieligen und potenziell riskanten Schritt; andererseits ist die Entscheidung zu bleiben mit vielen eigenen Risiken verbunden."
Die Autoren des Berichts stellen fest, dass Unternehmen aus einigen Ländern den russischen Markt häufiger verlassen haben als andere – zum Beispiel verließen Russland etwa dreißig Prozent der skandinavischen Konzerne. Dagegen hat keines der Unternehmen aus Ländern, die mit Russland "befreundet" sind, den Markt verlassen. Auch Unternehmen aus Griechenland und Südkorea sind geblieben, obwohl ihre Regierungen keine russlandfreundliche Politik verfolgen.
Diejenigen westlichen Unternehmen, die sich für einen Verbleib auf dem russischen Markt entschieden haben, konnten ihre Gewinne erheblich steigern – sie wuchsen um etwa sieben Prozent, heißt es in dem Bericht weiter. Die Autoren führen das Beispiel der österreichischen Raiffeisen Bank an, die nicht nur in Russland blieb, sondern es auch schaffte, die russischen Konkurrenten zu übertreffen, weil sie im Gegensatz zu diesen nicht unter die westlichen Sanktionen fiel und nicht von SWIFT abgekoppelt war:
"Dies dürfte zum Teil auf eine Verringerung des Wettbewerbs infolge des Rückzugs anderer ausländischer Akteure aus Russland zurückzuführen sein, was es den verbliebenen Unternehmen ermöglichte, ihren Marktanteil und/oder ihre Gewinnspannen zu erhöhen. Außerdem haben einige ausländische Unternehmen mit einer Präsenz in Russland davon profitiert, weil sie nicht unter westlichen Sanktionen standen (im Gegensatz zu einigen ihrer russischen Konkurrenten)."
Einige große westliche Unternehmensgruppen verweisen zudem auf die Schwierigkeiten, die sie erwarten würden, wenn sie den russischen Markt verließen, betonen aber zugleich, aus Überzeugung im Land zu bleiben. Sie erklären ganz offen, dass sie auch weiterhin in Russland arbeiten werden, da dies für sie eine Herzensangelegenheit sei; so zum Beispiel ein Unternehmen, dem die französische Supermarktkette Auchan gehört.
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