Die ukrainische Luftwaffe versucht, eine jahrzehntealte US-amerikanische Taktik zu verwenden, um die russische Luftabwehr in dem laufenden Konflikt zu neutralisieren, si ein Bericht von Business Insider (BI). Unter dem Namen "Project Wild Weasel" (Projekt Wildes Wiesel) verfolgten die USA während des Vietnamkriegs eine risikoreiche Strategie, bei der die Piloten ihre eigenen Flugzeuge als Köder einsetzen mussten, um die gegnerische Luftabwehr auszuschalten.
Diese Strategie diente dazu, Boden-Luft-Raketensysteme (SAM) auszuschalten, indem man zunächst deren Radar aufspürte und sie dann mit Bomben oder Raketen beschoss, bevor sie die ködernden US-Flugzeuge anvisieren konnten. Nun versuchen ukrainische Piloten, diesen Ansatz zu imitieren, indem sie den russischen Systemen erlauben, ihre Flugzeuge zu entdecken, bevor sie deren Radarwellen bis zu ihrer Quelle zurückverfolgen und ihren vermuteten Standort mit AGM-88 HARM-Raketen aus US-amerikanischer Produktion angreifen.
Die HARM-Raketen, die speziell auf das Radar des Gegners abzielen, werden von den Kiewer Streitkräften seit der zweiten Hälfte des Jahres 2022 eingesetzt. Es ist unklar, wie viele Raketen dieses Typs an die Ukraine geliefert wurden. Im März ersuchte das Pentagon den US-Kongress um die Bereitstellung von mindestens 6,5 Milliarden US-Dollar, um seine Bestände aufzufüllen, die nach zwei Jahren ständiger Waffenlieferungen an Kiew erschöpft waren, wie Bloomberg damals berichtet hat. Die Liste der Waffen, die nach Angaben des US-Militärs ersetzt werden müssen, umfasste neben anderen Waffentypen auch HARM-Raketen.
Die ukrainischen Einsätze seien nach wie vor "sehr gefährlich", insbesondere für die "wilden Wiesel" selbst, erklärte Frederik Mertens, strategischer Analyst am Haager Zentrum für strategische Studien, gegenüber BI. Er bezeichnete zudem die russische Luftabwehr als das "Hauptziel" für die Ukraine. "Die Ukrainer setzen alle Waffen, Truppen und Systeme ein, die ihnen zur Verfügung stehen, um die russische Luftabwehr zu unterdrücken und zu zerstören", sagte der Analyst und fügte hinzu, dass Kiews Piloten oft "weit über die klassischen Wildwiesel-Einsätze hinausgehen".
Nach Angaben US-amerikanischer Beamter hat die Luftwaffe des Landes immer noch Schwierigkeiten, die vom Westen gelieferten Raketen mit ihren MiG-29- und Su-27-Kampfflugzeugen aus sowjetischer Zeit zu verwenden. Im letzten Monat gab der US-Unterstaatssekretär für Beschaffung und Instandhaltung, William LaPlante, gegenüber Journalisten zu, dass die Piloten in Kiew auf iPads angewiesen seien, um ihre Flugzeuge dazu zu bringen, westliche Waffen zu verwenden.
Es sei unklar, ob sich diese riskante Taktik als wirksam erwiesen habe. "Die russischen SAM-Betreiber haben ihre Taktik schnell angepasst", sagte Justin Bronk, ein leitender Forschungsmitarbeiter der Londoner Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI), gegenüber BI. Die HARM-Abschüsse dienten "eher der Unterdrückung als der Zerstörung", fügte er hinzu.
Das russische Militär hat bisher keine nennenswerten Schäden an seiner Luftabwehr durch das ukrainische Militär gemeldet. Die Moskauer Streitkräfte haben während des gesamten Konflikts regelmäßig HARM-Raketen und andere ukrainische Geschosse abgeschossen, zuletzt am 16. April.
Auch das ukrainische Verteidigungsministerium hat wiederholt berichtet, dass ukrainische Flugzeuge abgeschossen worden sind. Ende März wurden einem solchen Bericht zufolge drei Kampfflugzeuge der Kiewer Luftunterstützung an einem Tag zerstört. Ende April erklärte das Ministerium, die russischen Truppen hätten innerhalb einer Woche ein ukrainisches Kampfflugzeug und ein weiteres Luftunterstützungsflugzeug abgeschossen.
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