Von Andrei Restschikow
Der Sicherheitsdienst der Ukraine SBU gab die Verhaftung von zwei Obersten der ukrainischen Staatssicherheitsdirektion (UGO) bekannt, die angeblich ein Attentat auf Selenskij vorbereitet haben und Teil eines Netzwerks waren, dessen Aktivitäten angeblich vom russischen Föderalen Sicherheitsdienst (FSB) überwacht wurden. Die Verdächtigen wurden verhaftet, ihnen wird Staatsverrat und Vorbereitung eines Terroranschlags vorgeworfen. Ihnen droht eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Nach Angaben des Ressorts suchte das Netzwerk nach Personen, die Selenskij nahe stehen und ihn als Geisel nehmen und töten könnten. Beide Offiziere wurden angeblich vor Beginn der speziellen Militäroperation im Februar 2022 von russischer Seite angeworben: Einer der "Kuratoren" des FSB soll "eine Reihe geheimer Treffen mit dem UGO-Oberst auf dem Gebiet der europäischen Nachbarländer" abgehalten haben. Gelder für das Agentennetz sollen im Ausland übergeben worden sein.
In dem SBU-Bericht werden auch Vorbereitungen für Anschläge auf weitere ukrainische Beamte und Politiker erwähnt, darunter der Leiter des Geheimdienstes SBU, Wassili Maljuk, sowie der Leiter des militärischen Nachrichtendienstes des Verteidigungsministeriums (GUR), Kirill Budanow (in der Russischen Föderation als Terrorist und Extremist gelistet), der angeblich am Vorabend von Ostern liquidiert werden sollte. Der SBU behauptet:
"Ursprünglich sollte der angeworbene Agent die Bewegung der bewachten Person beobachten und Informationen übermitteln. Gemäß den Koordinaten des Hauses, in dem sich der Beamte aufhalten sollte, war ein Raketenangriff geplant. Danach sollten die Personen, die am Ort des Angriffs blieben, mit einer Drohne attackiert werden."
Wie ukrainische Massenmedien herausfanden, handelt es sich bei einem der Festgenommenen, Andrei Guk, um den Leiter einer UGO-Abteilung, die für die Sicherheit der höchsten Beamten des Landes zuständig war. Ihm wird vorgeworfen, Daten über geschützte Personen gesammelt zu haben. Die zweite Person soll FPV-Drohnen, RPG-7-Granaten und Antipersonenminen nach Kiew gebracht haben. Die Waffen wurden während der Durchsuchung bei den Festgenommenen aufgefunden und beschlagnahmt.
Die ukrainische Seite behauptete außerdem, Selenskij habe seit Februar 2022 mehr als ein Dutzend Attentatsversuche überlebt. Moskau bezeichnete die Behauptungen über angebliche Versuche, Selenskij zu beseitigen, als populistisch und grundlos. Präsidentensprecher Dmitri Peskow erklärte, Russland sei daran interessiert, dass Selenskij den von Moskau bei den Verhandlungen gestellten Bedingungen zustimmt, wodurch die spezielle Militäroperation beendet werden könne.
Ukrainische Experten bezweifeln, dass der FSB und andere russische Spezialdienste hinter der versuchten Ermordung Selenskij stünden. Wie der Politikwissenschaftler Konstantin Bondarenko schreibt, "entspricht der Staatschef manchmal nicht mehr den Interessen der Gesellschaft". Als Beispiel nannte er die Situation in Nazi-Deutschland und die Verschwörungen der obersten militärischen Führung gegen Adolf Hitler. Der Politikwissenschaftler erinnerte:
"Claus von Staufenberg war 1944 kein Agent des NKWD und arbeitete nicht für Russland – ebenso wenig wie Ludwig Beck, Wilhelm Canaris und andere an der Verschwörung Beteiligte. Sie hielten die Politik der deutschen Führung einfach für eine Sackgasse und handelten als Patrioten."
Bondarenko schrieb auf seinem Telegram-Kanal:
"Ich will nichts andeuten, aber ich glaube, dass jedes gescheiterte Attentat für das gescheiterte Opfer ein Anlass ist, darüber nachzudenken: Lohnt es sich nicht, die bisherigen Positionen zu überdenken? Das Schlimmste ist doch, wenn das eigene Volk einen Leiter satt hat."
Der Kiewer Politologe Wladimir Skatschko ist ebenfalls der Meinung, dass es sich um einen spontanen Schritt der ukrainischen mittleren und höheren Offiziere handeln könnte. Skatschko ist sicher:
"Sie haben erkannt, dass es keinen Waffenstillstand und keine Rettung der Ukraine vor der Entvölkerung geben wird, solange Selenskij an der Macht ist. Das ist ganz im Sinne der Verschwörungen gegen Hitler in der letzten Periode seiner Herrschaft."
Man könne auch nicht ausschließen, dass es sich um eine PR-Aktion handle, die darauf abziele, "Selenskijs Ansehen in der Ukraine zu erhöhen", so Skatschko. Er fügte hinzu:
"Es ist möglich, dass die von der Bankowaja kontrollierten Medien versuchen werden, Selenskijs Büro von den Terrorismusvorwürfen zu befreien und diese Russland zuzuschreiben, indem sie sagen, dass Moskau angeblich sein eigenes Versprechen bricht, das es dem ehemaligen israelischen Premierminister Naftali Bennett gegeben hat, Selenskij nicht ins Visier zu nehmen."
Dmitri Ofizerow-Belski, ein leitender Wissenschaftler am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Russischen Akademie der Wissenschaften und Experte des Internationalen Diskussionsclubs Waldai, verdeutlichte:
"Im Allgemeinen wird Selenskij nicht nur von seinem eigenen Sicherheitsdienst, sondern auch von Vertretern des britischen Geheimdienstes MI6 bewacht, sodass die Frage seiner Sicherheit nicht so drastisch ist. Es sei denn, es handelt sich bei diesen Offizieren um Selbstmordattentäter."
Ofizerow-Belski zufolge setze sich in der ukrainischen Gesellschaft die Erkenntnis durch, dass "wir für etwas Falsches kämpfen". Die Jagd auf die Menschen auf der Straße, um sie in das Epizentrum der Feindseligkeiten zu schicken, wird zunehmend abgelehnt. Der Experte betonte:
"Auch Selenskijs Umfeld ist Teil der ukrainischen Gesellschaft. Das Land befindet sich bereits in einem katastrophalen Zustand, es gibt keine Wirtschaft."
Ofizerow-Belski ist sich sicher, dass, unabhängig davon, wer Selenskij ersetzen wird, der offizielle Kiewer Kurs der totalen Russophobie und Militarisierung weitergehen werde. Jedoch sei in erster Linie der Westen an der Beseitigung Selenskijs interessiert. Der Gesprächspartner meinte:
"Er hat etwas über Boris Johnson, Joe Biden und seinen Sohn Hunter zu sagen. Selenskij ist in jeder Hinsicht eine überflüssige Person, aber im Moment ist er als Ressource noch nicht voll ausgeschöpft."
Der Experte betonte, dass ein gezielter Raketenangriff das Problem der Liquidierung "ziemlich effektiv" lösen könne, aber "das russische Innenministerium hat Selenskij nicht auf die Fahndungsliste gesetzt, damit die russischen Sicherheitsdienste ihn erschießen". Russland beabsichtige, Selenskij in der Zukunft vor Gericht zu stellen, so der Politologe.
Igor Schischkin, stellvertretender Direktor des Instituts für die GUS-Länder, merkte an:
"Selenskij ist ein Feind Russlands. Wenn er stirbt, wird es uns bestimmt nicht schlechter gehen. Er treibt die Ukrainer schon seit zwei Jahren zur Schlachtbank. Für die USA stellt sich jedoch die Frage, ob er dies weiterhin so effektiv tun kann. Oder sollte er durch jemand anderen ersetzt werden?"
Der Experte erinnerte an den jüngsten Bericht des russischen Auslandsgeheimdienstes, wonach die USA Optionen für die Ablösung Selenskijs erwögen. Schischkin zeigte sich sicher:
"Das Kiewer Regime ist ein Glas mit Spinnen. Und wenn die USA Selenskijs Zukunft in Frage stellen, bedeutet das, dass sie grünes Licht für eine Initiative von unten geben. Eine große Zahl von Leuten, die seinen Platz einnehmen und vom Blut der Ukrainer profitieren wollen, wird in Kiew sofort aktiv."
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
Andrei Restschikow ist ein Wsgljad-Journalist.
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