Jahresbericht von Amnesty International: Bundesregierung schweigt zu Kriegsverbrechen Israels

Amnesty International hat die Haltung der Bundesregierung im Krieg Israels gegen Gaza kritisiert. Die Kritik an Israel fiel dabei im Vergleich zur scharfen Verurteilung Russlands sehr mild aus. Die NGO-Sprecherin warnte in einem TV-Gespräch vor Doppelstandards und legte sie an gleicher Stelle selbst an den Tag.

In seinem Jahresbericht hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) die Politik der Bundesregierung scharf kritisiert, teilt das Nachrichtenportal Berlin 24/7 mit. Wie Julia Duchrow, die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, bei der Vorstellung des Berichts erklärte, trage die Regierung zur "Erosion der internationalen Ordnung bei", indem sie unter anderem zu den Kriegsverbrechen der israelischen Armee schweige. 

"'Doppelstandards vertragen sich nicht mit der menschenrechtsbasierten Außenpolitik, die Annalena Baerbock angekündigt hat', betonte Duchrow. Die Bundesregierung 'verspielt damit ihre Glaubwürdigkeit'."

Wie sie betonte, sei "das Leid der Opfer" des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober 2023 "durch nichts zu relativieren". Der israelische Militäreinsatz im Gazastreifen habe jedoch "jedes Maß verloren", da er mit zahlreichen Kriegsverbrechen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht einhergehe.

Im Gespräch mit der Tagesschau nannte Duchrow beispielsweise die Totalblockade des Gazastreifens und das Nichtzulassen humanitärer Hilfe als von AI dokumentiertes Kriegsverbrechen. Dies sagte sie auf den Einwand des Moderators, dass sich die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bei ihren Besuchen in Israel für das Ende der Kämpfe eingesetzt habe.  

Im Gespräch über den Ukraine-Krieg zeigte sich die Organisation jedoch selbst parteiisch. Die Sprecherin Duchrow bewertete den Konflikt ganz im Duktus der Bundesregierung als "russischen Angriffskrieg". Russland warf sie wahllosen Beschuss der Zivilisten und "sexualisierte Gewalt" vor – Kriegsverbrechen, für die man zur "Rechenschaft gezogen werden" müsse. Auch den Einsatz der international geächteten Streumunition hat die Expertin nur Russland angelastet. 

Trotz der enormen Opferzahl aufgrund von Bombardierungen durch die israelische Armee hat die NGO-Sprecherin keine Strafe für Israelis gefordert. Darüber hinaus hat sie mit keinem Wort den ukrainischen Beschuss des russischen, international anerkannten Territoriums des Gebiets Belgorod mit inzwischen 120 getöteten Zivilisten sowie den täglichen Beschuss von Zivilisten in kriegsnahen Orten erwähnt. Auch Terror- und Sabotageakte gegen Lehr- und Verwaltungskräfte in russisch kontrollierten Gebieten waren kein Thema. 

Weitere Kritikpunkte galten der Haltung der Bundesregierung zu Problemen des strukturellen Rassismus und zur Hasskriminalität. Wie Duchrow meinte, schenke die Regierung diesen Problemen zu wenig Aufmerksamkeit. Sie registrierte auch eine Bedrohung für die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland. Ein Beispiel dafür seien die Verbote von propalästinensischen Demonstrationen gewesen.

Ebenfalls wurde das Vorgehen der Behörden gegen die Klimaschutzbewegung "Letzte Generation" kritisiert. Duchrow sah darin einen "Angriff auf das Recht auf friedlichen Protest und die Zivilgesellschaft".

Agnès Callamard, die Internationale Generalsekretärin der NGO, stellte im Vorwort des Berichts fest, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte seien "weltweit so bedroht wie seit Jahrzehnten nicht mehr". Der Stand der Menschen, die in Demokratien leben, sei weltweit auf den Stand von 1985 zurückgegangen.

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