Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), hat zu Bedacht im Umgang mit eingefrorenen Vermögenswerten aus Russland aufgerufen. Laut einem Bericht der Zeitung Financial Times sprach die EU-Vertreterin am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Washington kurz vor einem Treffen der westlichen Finanzminister zu dem Thema. Bisher habe sich Lagarde mit vier verschiedenen Plänen oder Vorschlägen bekannt gemacht, mit denen "ein sehr ernstes rechtliches Hindernis" zu überwinden sei. Sie warnte, dass die Verwendung der russischen Gelder rechtliche Konsequenzen mit sich bringen würde.
Die Enteignung und Verwendung von Vermögenswerten über deren Einfrieren hinaus müsse sehr sorgfältig geprüft werden, erklärte Lagarde. Mehrere Juristen und Anwälte auch in den USA sähen darin einen potenziellen Verstoß gegen das internationale Recht. Lagarde warnte davor, dass dies einen Bruch mit der internationalen Ordnung bedeuten könnte, mit jener Ordnung, die man schützen wolle und auch von Russland fordere, sie zu respektieren.
Gleichzeitig erklärte die EZB-Chefin, es bestehe kein Zweifel daran, dass Russland für den Wiederaufbau der Ukraine zahlen solle. Versuche, diesen Prozess zu beschleunigen, würden aber eine Reihe von Fragen aufwerfen, was die Einhaltung der internationalen Rechtsordnung, die finanzielle Stabilität und die Mithaftung betreffe. Zudem machte Lagarde auf die ungleichmäßige Verteilung der eingefrorenen Gelder aufmerksam. In der Eurozone würden mehr als 200 Milliarden Euro festgehalten, während es in den USA nur sechs Milliarden Dollar seien.
In Washington wird eine mögliche Verwendung konfiszierter russischer Vermögenswerte zur Finanzierung der Ukraine wiederholt diskutiert. Unter EU-Vertretern sorgt die Idee jedoch für Kritik. Wie es heißt, würde die Maßnahme die Normen des Völkerrechts untergraben und könnte die Finanzmärkte weltweit destabilisieren. Allerdings zeigten sich EU-Vertreter bereit, Zinserträge aus eingefrorenen russischen Geldern der Ukraine zur Verfügung zu stellen. In den vergangenen Monaten gewann die Frage angesichts des andauernden Ukraine-Konflikts und der Blockade zusätzlicher Hilfen im US-Kongress an Dringlichkeit. Laut Schätzungen sind in den westlichen Ländern mehr als 300 Milliarden US-Dollar an russischen Vermögenswerten eingefroren.
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