Zwölf NATO-Länder sind noch nicht in der Lage, "das Versprechen zu erfüllen, 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben", so die amerikanische Botschafterin bei der NATO in Brüssel, Julianne Smith, am Montag bei einer Rede.
Der von den USA angeführte Militärblock hatte das Zwei-Prozent-Ziel bei dem NATO-Gipfel im September 2014 in Newport, Wales, festgelegt, nachdem der vom Westen unterstützte Putsch in Kiew den Donbass-Konflikt ausgelöst hatte. Alle Mitglieder sollten die "Lastenteilung" innerhalb eines Jahrzehnts erreichen, so die damalige Vorstellung aus Washington.
Bei ihrer Rede an der Georgetown University in Washington, D.C., erläuterte Julianne Smith, die NATO-Vertreterin der USA, vor den Anwesenden:
"Derzeit haben wir 20 Verbündete, die die 2-Prozent-Zusage erfüllen – 20 Verbündete. Das ist eine erhebliche Steigerung innerhalb eines Jahrzehnts. Natürlich wollen wir, dass es alle 32 sind, und wir werden weiter darauf drängen, bis wir dieses Ziel erreicht haben."
Smith war die Hauptrednerin bei der Konferenz "Die NATO wird 75: Auf dem Weg zu einem neuen Kurs?" (NATO at 75: Charting a New Course?), die vom Institut für Sicherheitsstudien in Georgetown (Georgetown’s Center for Security Studies) organisiert wurde.
Bei der Veranstaltung trat auch US-General Christopher Cavoli auf, der amtierende 'Alliierte Oberkommandierende in Europa' (SACEUR). Cavoli war bis zum 28. Juni 2022 Kommandierender General des US-Großverbands United States Army Europe and Africa. Am 1. Juli 2022 wurde er neuer leitender NATO- und EUCOM-Kommandeur.
Es ist so weit nicht eindeutig, auf welche Daten sich Smith stützte, um ihre Behauptung in Washington aufzustellen. Im Februar dieses Jahres zeigten die Schätzungen der Militärausgaben für 2023 noch, dass nur 11 Mitgliedstaaten das Zwei-Prozent-Ziel erreicht hatten, während 18 noch darunter lagen –unter anderem Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Dänemark, Italien, Kanada, die Türkei und Spanien. Island verfügt über kein eigenes Militär, während Finnland und Schweden – die im April bzw. im letzten Monat der EU beigetreten sind – in den Schätzungen nicht berücksichtigt wurden.
Polen gab im vergangenen Jahr 3,9 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für das Militär aus, den höchsten Wert aller EU-Mitglieder. Der polnische Präsident Andrzej Duda schlug kürzlich vor, die Mindestausgabengrenze auf 3 Prozent anzuheben, da 2 Prozent "nicht mehr ausreichend" seien.
Die USA liegen mit 3,49 Prozent ihres BIP an zweiter Stelle. Allerdings ist das Militärbudget mit 860 Milliarden Dollar dabei mehr als doppelt so hoch wie das aller anderen Blockmitglieder zusammen.
In einer Wahlkampfrede im vergangenen Monat schlug der amtierende Kandidat der Republikaner Donald Trump vor, Washington solle seine vertraglichen Verpflichtungen nur gegenüber NATO-Mitgliedern einhalten, die "fair spielen". Und er erinnerte sich daran, einem Mitglied des Blocks gesagt zu haben, er würde Russland ermutigen, mit Ländern, die "straffällig" seien, "zu tun, was es wolle."
In ihrer Rede in Georgetown wies Smith lobend darauf hin, dass die NATO im Falle der Ukraine erfolgreich eine "Lastenteilung" vorgenommen habe. Während die USA rund 75 Milliarden Dollar an Militärhilfe für Kiew bereitgestellt hätten, hätten die europäischen Mitglieder des Blocks rund 110 Milliarden Dollar beigesteuert, so Smith darlegend.
Die US-Vertreterin erläuterte weiter, dass die vergangenen zwei Jahre "transformativ" gewesen seien und dass sich die NATO von Expeditionskriegen auf den Kampf gegen Russland in Europa "umorientiert" habe. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass der Block seine Sicherheitsstrategie aktualisiert habe, um China als potenzielle Bedrohung zu betrachten und "Partnern im indopazifischen Raum" die Hand zu reichen, um damit der neu deklarierten Gefahr zu begegnen.
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