Von Maria Müller
Argentinien stand kurz vor dem Default. Die Schuldenraten für den Internationalen Währungsfonds (IWF) im Januar und Februar 2024, insgesamt 2,7 Milliarden US-Dollar, schienen unbezahlbar. Doch Argentinien mutierte in wenigen Wochen zum engsten Verbündeten der USA in Südamerika. Als Folge führte der "politische Einfluss" auf die Spitze des IWF durch den größten Anteilseigner des Fonds zu einem neuen Kredit von 4,7 Milliarden Dollar. Das reichte, um die Zahlungsunfähigkeit bis April zu überbrücken – und um ein heikles Waffengeschäft mit zwei NATO-Staaten zu bewältigen: mit Dänemark und den USA.
Präsident Javier Milei überraschte im März mit einer Ankündigung: Man werde 24 der umstrittenen Kampfjets F-16 "Fighting Falcons" von Dänemark kaufen. Kosten insgesamt: rund 550 Millionen US-Dollar. Wozu braucht Argentinien atomwaffenfähige Kriegsflugzeuge? In Südamerika ist weit und breit kein Krieg in Sicht. Es sei denn, die NATO will die Länder des Kontinents schrittweise in ihre Geopolitik einbinden.
Während heute 60 Prozent (27 Millionen) der argentinischen Bevölkerung dank Milei und IWF unter der Armutsgrenze leben und der Präsident die staatliche Hilfe für die öffentlichen Armenküchen komplett gestrichen hat … müssen weitere Schuldenberge für ein dubioses Waffengeschäft angehäuft werden.
Unterzeichnung einer Absichtserklärung für den Kauf von F-16-Bombern
Die argentinische Presse berichtete am 26.03. über den Besuch des dänischen Verteidigungsministers Troels Lund Poulsen in Buenos Aires. Dort unterzeichnete er gemeinsam mit seinem argentinischen Kollegen Luis Petri eine Absichtserklärung der beiden Staaten über den Kauf von 24 F-16-Kampfflugzeugen. Der Kabinettschef Nicolás Posse sowie der US-amerikanische Botschafter Marc Stanley waren mit dabei. Petri erklärte:
"Wir legen den Grundstein für die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich zwischen Dänemark, den Vereinigten Staaten und Argentinien. Wir verstärken weiterhin unsere Streitkräfte und stellen die Überschallkapazität wieder her, die es uns ermöglicht, unseren Luftraum zu bewachen und zu verteidigen."
So etwas hat man in Argentinien seit vielen Jahren nicht mehr gehört.
Die insgesamt 43 F-16 Flugzeuge der dänischen Luftwaffe wurden in den 80er-Jahren von der US-Firma Lockheed-Martin gebaut. Sämtliche F-16 Kampfjets sollten im Jahr 2027 ausrangiert und durch eine modernere Version, die F-35, ersetzt werden. Nun hat Dänemark dieses Datum auf Ende 2024 geändert, wodurch auch eine Lieferung der gefährlichen Kriegsmaschinen an die Ukraine auf einen früheren Zeitpunkt verlegt werden kann. Dänemark, die Niederlande und Norwegen haben sich ohne Rücksicht auf die Gefahr einer Eskalation des Krieges mit Russland dazu verpflichtet. Doch nun ist auch Argentinien mit im Spiel der F-16 Veräußerungen.
Mitte April wird Argentiniens Verteidigungsminister Luis Petri nach Kopenhagen reisen, um dort den endgültigen Kaufvertrag für die 24 überalterten Jets abzuschließen. Der Preis soll rund 300 Millionen US-Dollar betragen, allerdings ohne technische Ausrüstung und ohne Waffen. Diese müssen von den USA modernisiert, geliefert und eingebaut werden. Die Kosten für Technologie und Raketen sollen rund weitere 300 Millionen US-Dollar betragen, wobei die USA 15 Prozent davon selbst finanzieren, ergo 45 Millionen. Die rund 550 Millionen sind eine satte Summe für ein wirtschaftlich ruiniertes Land wie Argentinien, das eigentlich vor dem Default steht.
Macht Argentinien der Ukraine Konkurrenz als F-16-Empfänger?
Es zeigt sich, dass die für die Ukraine bestimmten 19 dänischen F-16-Bomber "Fighting Falcons" der gleichen Generation angehören und genauso mit neuer Technik und Waffen versehen werden müssen wie jene, die für Argentinien bestimmt sind. Lockheed-Martin hat das Know-how, "made in USA". Doch wer übernimmt diese zusätzlichen Kosten, die in der US-Haushaltsdebatte Probleme bereiten können? Der argentinische IWF-Kredit samt Flugzeugkauf macht es möglich. Er ist ohne Zweifel eine Ausgleichsfinanzierung von solchen Waffensystemen für die Ukraine.
Argentinien als Brückenkopf der USA in Südamerika
Die verlockende Eingliederung des Landes in die Geopolitik der USA und seine geschickte Rüstungsfinanzierung hat sicher dazu beigetragen, dass der Kongress in Washington grünes Licht für die Kaufs- und Verkaufsoperation Dänemarks im Globalen Süden gab. Der neue Waffenbesitz Argentiniens verändert das militärische Gleichgewicht in Südamerika grundlegend. Werden dadurch die Nachbarstaaten Argentiniens gezwungen, sich ebenfalls um Jagdbomber zu bemühen, als Schutz vor einer militärisch bedingten Erpressung? Wird damit eine Rüstungsspirale in Gang gesetzt, ein neuer Markt für den militärisch-industriellen Komplex des Globalen Nordens?
Dem hungrigen Argentinien fehlt es an Infrastruktur für Jagdbomber
Der Waffendeal mit Argentinien hat noch weitere Ungereimtheiten. Es geht um die dafür notwendige Infrastruktur in den Empfängerländern solcher Superjets. Die Vertreter Norwegens und Dänemarks erklärten im Rahmen ihres Beschlusses, solche Flieger an die Ukraine zu liefern:
"Wir kommen darin überein, der Ukraine und den ukrainischen Luftstreitkräften in enger Zusammenarbeit mit den USA und anderen Partnern F-16-Kampfflugzeuge zu übergeben, wenn die Bedingungen für eine solche Übergabe erfüllt sind."
Zu diesen Bedingungen gehörten unter anderem erfolgreich ausgewähltes, getestetes und ausgebildetes ukrainisches F-16-Personal, sowie die erforderliche Infrastruktur und Logistik.
Argentinien kann das jedenfalls nicht vorweisen – vor allem keine ausgebildeten Piloten. Das macht nichts. In der kurzen Zeitspanne bis zur Ankunft der ersten vier Kampfjets im Dezember 2024 werden die Voraussetzungen für eine Nutzung der Flieger nicht vorhanden sein. Dänemark will die Maschinen im jährlichen Vierer-Pack liefern!
Die notwendigen Voraussetzungen und Kosten für den Einsatz von F-16-Fighters sind auch den argentinischen Militärs bekannt. Nicht alle sind mit dem Kauf der Maschinen einverstanden. Stimmen aus Militärkreisen lassen verlauten:
"Die Wartung ist teuer und angesichts einer Regierung, die uns sagt, dass es kein Geld gibt, hoffen wir, dass diese Geräte am Ende nicht auf einer Landebahn verrotten."
Wie sollen die hohen Kosten für die Pilotenausbildung, für die Wartung und den Einsatz finanziert werden? Der einstündige Flug kostet rund 27.000 US-Dollar. Und vor allem: Man fürchtet, damit in Konflikte eingebunden zu werden, mit denen Argentinien nichts zu tun hat.
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