Von Timur Fomenko
Die USA und Großbritannien führten Bombenangriffe gegen die militante Gruppierung Ansar Allah im Jemen, allgemein bekannt als Huthi. Die Huthis reagierten auf den Konflikt in Gaza, indem sie Schiffe auf Routen durch das Rote Meer angegriffen haben und versuchten, den geopolitisch kritischen Golf von Aden – die Meerenge von Bab al-Mandab – zu nutzen, um eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt in die Zange zu nehmen. Dadurch erhöhten sie zweifellos den Druck auf den Westen, den Konflikt im Gazastreifen zu beenden.
Natürlich ist die bedingungslose Unterstützung der israelischen Militäraktion im Gazastreifen durch die USA völlig unvernünftig. Aber anstatt das Problem direkt anzugehen, hat man Washington, D.C. eine andere Idee ausgeheckt: sowohl die Schuld als auch die Lösung China anzulasten und dann Peking zur Beilegung des Konflikts aufzufordern. Dabei handelt es sich um keine neue Taktik in Washington, da man dasselbe im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine versucht hat und die Mär in die Welt gesetzt hat, dass es nun in Chinas "Verantwortung" liege, diesen Konflikt zu beenden – natürlich zu für die USA günstigen, genehmen Bedingungen.
In Wirklichkeit haben die USA natürlich keine Chance, China dazu zu bringen, seinerseits alle diese Konflikte zu beenden, vor allem deshalb, weil es durchaus im Interesse Chinas liegen muss, keinerlei Resultate herbeizuführen, die obendrein den USA einen gewünschten geopolitischen Gewinn einbringen. Hierin liegt jedoch das Dilemma, denn die USA wollen ja Peking absichtlich international als einen "Bösewicht" darstellen und damit weltweit die Wahrnehmung verstärken, die Volksrepublik China stelle für die internationale Ordnung eine Herausforderung und eine Bedrohung für den Frieden dar. Die USA versuchen also im Grunde, China als moralisch schlecht darzustellen und unter Druck zu setzen, weil man in Peking den Wünschen in Washington nicht zustimmt, nachdem von dort die Konflikte verursacht wurden. Die USA betreiben damit ein endloses Spiel von Schuldzuweisungen.
Die Außenpolitik der USA lässt anderen kaum Spielraum für Kompromisse zu und ist von ihrer Mentalität eines Nullsummenspiels geprägt, die stets um jeden Preis den absoluten strategischen Gewinn der USA fordert. Die USA verhandeln nicht um des Friedens willen mit ihren Gegnern, sondern versuchen vielmehr, langfristig einen strategischen Vorteil zu behalten, in der Hoffnung, dass die Gegner durch politischen und wirtschaftlichen Druck oder andere Mittel letztendlich vor den Forderungen der USA kapitulieren. Beispielsweise war es im Ukraine-Krieg niemals die Position der USA, mit Russland könne verhandelt werden man könnte Moskaus strategische Interessen respektieren. Sondern es wurde stets versucht, Russland eine strategische Niederlage aufzuzwingen, um eine noch weitere Expansion der NATO zu ermöglichen, was dann stets als ein weiteres Instrument in Washington dazu benutzt wird, auf Russland zusätzlichen Druck auszuüben. Auch wenn sich dieser Ansatz nun als zunehmend wirkungslos erweist, so ist dennoch in der Außenpolitik in Washington kein Umdenken in Sicht.
In ähnlicher Weise waren die USA bereit, Israel in seinem Krieg im Gazastreifen bedingungslos zu unterstützen, obwohl man zugleich öffentlich behauptete, auf Frieden zu drängen. In Washington hat man in Wahrheit das Fortbestehen des Konflikts zugelassen und um jeden Preis die Aufforderung zu einem Waffenstillstand vermieden. Dann wurde aber mit aller Härte auf die durch den Konflikt verursachte Instabilität reagiert, etwa durch die Angriffe der Huthis. Zwar würden logisch betrachtet die Angriffe der Huthi aufhören, sobald die USA den Konflikt um den Gazastreifen beenden würden, aber so funktioniert eben nicht das außenpolitische Denken in Washington. Es dürfen unter keinen Umständen Zugeständnisse gemacht werden, die den strategischen Status quo der USA infrage stellen, sondern höchstens noch eine Verschärfung der aktuellen Lage eingedenk aller möglichen Optionen. Das ist auch dieselbe Denkweise, die den US-Präsidenten Donald Trump dazu veranlasste, einseitig das Atomabkommen mit Iran aufzukündigen oder am Ende einen Normalisierungsprozess mit Nordkorea scheitern zu lassen.
Jetzt formulieren die USA eine Strategie, in der sie bei Konflikten versuchen, ihre Verantwortung von sich zu weisen, indem sie kurzerhand China für manches verantwortlich machen. Das Narrativ lautet somit kurz und bündig: "Wenn China bloß handeln und all dies stoppen würde, dann gäbe es Frieden – sei es in Gaza, im Jemen, in der Ukraine oder wo auch immer." Natürlich hängt dieser Frieden ausschließlich von den Bedingungen ab, die von den USA festgelegt werden, und nicht von den Bedingungen, die möglicherweise China festlegen würde. Wenn man zwar in Peking auf Frieden drängt, aber zu anderen als den Bedingungen der USA – etwa durch einen Vermittlungsversuch in der Ukraine, anstatt auf den Zusammenbruch Russlands zu drängen –, dann werden solche Friedensbemühungen von westlichen Mainstream-Medien umgehend abgelehnt oder gar verurteilt.
Wir haben vor uns eine Situation, in der es keinen Erfolg geben kann und in der China als eine Konflikte aufrechterhaltende, wenn nicht sogar dazu anstiftende Kraft dargestellt wird, ganz egal, wie man in Peking denkt und handelt. China wird so dargestellt, als würde es aktiv einen Frieden verhindern, alternativ der "feindlichen" Seite die Fortsetzung ihrer vermeintlichen Aggression ermöglichen und Bedingungen anbieten, die diesen "Feind" begünstigen. Und somit ist China stets selbst ein Teil des Antagonismus gegenüber dem Westen.
China wird folglich als Bedrohung für die internationale Ordnung und den Weltfrieden ausgemacht, wenn es nicht genau dem zustimmt, was die USA erwarten, was natürlich logischerweise den Interessen Chinas als Ganzes zuwiderlaufen würde. Warum sollte China beispielsweise zustimmen, Russland zu schwächen? Oder warum sich gegen seinen strategischen Partner Iran wenden? Diese Erzählungen ignorieren immer und ganz bewusst die Rolle Washingtons bei der Anstiftung, Eskalation und Aufrechterhaltung der jeweiligen Konflikte und treiben die Zweiteilung "Gut gegen Böse" voran, anstatt die komplexen Realitäten der heutigen Geopolitik anzuerkennen.
In Wirklichkeit achtet China bei Konflikten stets darauf, ausdrücklich selbst nicht Partei zu ergreifen, und strebt nach Ausgewogenheit – so auch, als es zwischen Iran und Saudi-Arabien vermittelte. Für die USA, die nur an ihrem geopolitischen Gewinn aus einem ansonsten Nullsummenspiel und keineswegs am Frieden im Interesse aller interessiert sind, wird eine solche Haltung jedoch niemals akzeptabel sein. Daher bleibt in den Augen der Führung in Washingtons, D.C. stets auch die Volksrepublik China ein Bösewicht und eine angeblich weltweite Bedrohung.
Mehr zum Thema – Eliten versus Elende: Die USA sind jetzt eine Zwei-Klassen-Nation
Übersetzt aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.