Die Abgeordneten der ungarischen Regierungspartei Fidesz – Ungarischer Bürgerbund haben sich geweigert, an einer Dringlichkeitsabstimmung des Parlaments über den schwedischen Antrag auf NATO-Beitritt teilzunehmen.
Als Grund gab die Partei an, dass sie – bevor diese Entscheidung getroffen wird – auf einem Treffen zwischen dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson und seinem ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán besteht.
In einer am Montag veröffentlichten Erklärung schreibt der Fidesz, dass die Ratifizierungsabstimmung zwar wie vorgesehen während einer regulären Parlamentssitzung stattfinden soll, fügte aber hinzu:
"Wir erwarten, dass der schwedische Premierminister Ungarn zuerst besucht (...) Wenn dies ein wichtiges Thema für die Schweden ist, wird der schwedische Premierminister natürlich nach Budapest kommen."
Kristersson hat bereits seine Bereitschaft für einen Besuch Budapests bekundet, erklärte aber gleichzeitig, er werde dies erst tun, wenn der NATO-Antrag seines Landes genehmigt sei.
Während eines Treffens mit dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im vergangenen Monat hatte Orbán mitgeteilt, dass er seine Partei dazu drängen werde, "bei der erstmöglichen Gelegenheit" über die Ratifizierung abzustimmen. An diese Äußerung erinnerte ihn die US-Botschaft in Ungarn am Montag, nach dem der Fidesz die Dringlichkeitssitzung boykottierte und somit die Gelegenheit für eine schnelle Ratifizierung ungenutzt ließ.
Die Abgeordnete Ágnes Vadai, zugleich Co-Vorsitzende der oppositionellen sozialliberalen und pro-europäischen Partei Demokratikus Koalíció, warf gegenüber der Nachrichtenagentur AFP dem Regierungschef Orbán vor, dass er die Abstimmung wegen "persönlicher Eitelkeit" verschieben würde.
Vadai fügte hinzu, dass der ungarische Regierungschef lediglich "in der internationalen Presse Schlagzeilen machen wolle". Zudem mache Orbán laut Vadai mit seiner Haltung "eine Geste gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin" und "untergrabe die Einheit von NATO und EU".
Obwohl auch Ungarn Russlands Militäraktion in der Ukraine verurteilt hat, lehnt es die Regierung bis heute ab, sich den anderen EU-Staaten anzuschließen und Moskau zu sanktionieren oder Waffen an Kiew zu liefern. Das Budapester Parlament stimmte im vergangenen März nach monatelangem politischem Gerangel für den finnischen Beitritt, hat aber eine Entscheidung über die Stockholmer Bewerbung noch weiterhin hinausgezögert.
Orbán hatte bereits wiederholt einen Waffenstillstand in der Ukraine und Friedensgespräche zwischen Moskau und Kiew gefordert und darauf bestanden, dass die Ukraine nicht darauf hoffen sollte, Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen. Seine Haltung sowie der Widerstand Ungarns gegen westliche Sanktionen gegenüber Russland und die Blockade der EU-Militärhilfe für die Ukraine haben dazu geführt, dass Ungarn in Kiew kritisiert wird und von der EU-Kommission in Brüssel mit Gegensanktionen bedroht wird.
Letzte Woche sagte der ungarische Ministerpräsident gegenüber einem lokalen Radiosender:
"Der Westen denkt immer noch, dass die Zeit auf unserer Seite ist. Doch ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, dass die Zeit auf der Seite der Russen ist, und je länger der Krieg andauert, desto mehr Menschen werden sterben, und das Kräfteverhältnis wird sich nicht zugunsten der Ukraine ändern."
Die ungarische Nationalversammlung wird bei ihrer Wiederaufnahme der Debatten am 26. Februar erneut Gelegenheit haben, über den Beitritt Schwedens abzustimmen, wobei abzuwarten bleibt, ob die Fidesz-Abgeordneten dann ihre Zustimmung geben werden.
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