Die NATO-Staaten könnten sich noch vor dem Gipfeltreffen des Bündnisses im Juli auf die Einführung eines militärischen Pendants zum Schengen-Raum einigen, berichtet The Times. Ein solches "militärisches Schengen" würde es den Soldaten ermöglichen, sich ungehindert zwischen den NATO-Mitgliedsstaaten zu bewegen. Dem Bericht zufolge laufen zu diesem Zweck Verhandlungen über die Einrichtung von "militärischen Korridoren" in ganz Europa.
Ein "ernsthaftes Problem" für die NATO seien die unübersichtlichen Regeln, die den Austausch und den Transport von militärischem Gerät nicht nur zwischen Ländern, sondern auch zwischen verschiedenen Regionen Deutschlands einschränken, heißt es in dem Bericht. Grenzüberschreitende Übungen erforderten oft "eine schwindelerregende Menge an Papierkram, der im Falle einer militärischen Krise entscheidend viel Zeit in Anspruch nehmen würde".
Generalleutnant Alexander Sollfrank bestätigte gegenüber The Times, dass das Bündnis daran interessiert sei, bürokratische Hürden abzubauen. Als Beispiel nannte er das Verbot für Fallschirmjäger, Fallschirme aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu benutzen, selbst wenn diese voll funktionsfähig sind. "Ich denke, wir können damit beginnen und den bürokratischen Aufwand reduzieren oder anpassen, wo immer es möglich und notwendig ist", fügte er hinzu.
Im Falle eines umfassenden Krieges müsste die NATO auf mögliche russische Raketenangriffe in Europa vorbereitet sein, erklärte Sollfrank weiter. Das Bündnis sei in der Lage, eine mögliche Invasion zu verteidigen und abzuschrecken. Doch angesichts der derzeitigen Verteilung der NATO-Streitkräfte über den gesamten Kontinent und der mangelnden Vorbereitung hinter der Ostflanke könnten die Armeen gezwungen sein, "kostspielige Entscheidungen" zu treffen.
Seit dem Jahr 2017 ist das Konzept eines "militärischen Schengens" in der Diskussion, um die Formalitäten und den grenzüberschreitenden Transport von militärischer Fracht zu vereinfachen. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat die Idee neuen Auftrieb erhalten. Der Kreml bezeichnete das Vorhaben als Eskalation der Spannungen in Europa.
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