Von Aljona Sadoroschnaja
Am Montag haben die Verteidigungsminister Litauens und Deutschlands einen Plan über die Stationierung einer deutschen Brigade auf dem Gebiet der baltischen Republik in Kraft gesetzt. Laut einer auf der Webseite des litauischen Verteidigungsministeriums veröffentlichten Erklärung soll die Brigade aus bereits existierenden und neuen Verbänden zusammengestellt werden.
Das Ministerium meldet weiter, dass das Panzerbataillon 203 aus Nordrhein-Westfalen und das Panzergrenadierbataillon 122 aus Bayern nach Litauen verlegt würden. Die aus bereits im Land stationierten Vorkräften bestehende Kampfgruppe soll in ein multinationales Bataillon umgewandelt und zu einem integralen Bestandteil des Truppenverbands werden.
"Wir schlagen die Seite einer noch tieferen strategischen Partnerschaft auf. Die deutsche Brigade wird unser Verteidigungspotenzial beträchtlich vergrößern und die Kollektivverteidigung der NATO stärken", zitiert das Verteidigungsministerium seinen Leiter Arvydas Anušauskas.
Die erste Etappe der Truppenverlegung hat bereits begonnen. Im nächsten Jahr sollen die verlegten Verbände in Vilnius stationiert werden. In den Jahren 2025–2026 wird dann der Großteil der Verbände der Brigade verlegt, und im Jahr 2027 soll die deutsche Brigade in Litauen vollständig einsatzbereit sein. Insgesamt werden 5.000 Deutsche – 4.800 Militärs und 200 Angehörige des Bedien- und Wartungspersonals nach Litauen kommen.
Der Plan zur Aufstellung einer deutschen Brigade im Baltikum stammt aus dem Sommer des vergangenen Jahres, als am Rande des NATO-Gipfels in Madrid eine Absichtserklärung über die Teilnahme einer Bundeswehr-Brigade an der Verteidigung Litauens unterzeichnet wurde. Die Vertragsparteien bestätigten ihre Absichten im Frühling dieses Jahres.
Heute sind sich Experten sicher: Die NATO-Länder bauen nicht so sehr ihre Verteidigungs- als vielmehr ihre Angriffs-Infrastruktur aus, und das gilt nicht nur für Litauen. Darauf verweist unter anderem das Rahmenabkommen Defence Cooperation Agreement (DCA), das am Montag zwischen den USA und Finnland unterzeichnet wurde. Gemäß dem Dokument erhält Washington das Recht, seine Stützpunkte, Lager, Waffen und Truppen an 15 militärischen Standorten in Finnland zu stationieren.
Doch während der Vertrag zwischen Washington und Helsinki noch nicht endgültig ausgefertigt ist, steht das deutsch-litauische Projekt für die nächsten Jahre fest. In diesem Zusammenhang darf Russland die potenzielle Bedrohung nicht ignorieren und muss das Verteidigungspotenzial des Gebietes Kaliningrad stärken. Experten schließen auch nicht aus, dass Litauens "politisch verantwortungslose Führung" die nicht vollständig souveräne deutsche Regierung zur Teilnahme an Kampfhandlungen bei Kaliningrad provozieren könnte. Zumal Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius die Stadt bereits "Königsberg" nannte und damit ein Tabu der deutschen Außenpolitik brach. Und ausgerechnet im Zusammenhang mit der Stationierung deutscher Truppen in Litauen wählte er diese Formulierung.
"Ein solcher Schritt ist ausschließlich als Steigerung des Angriffspotenzials der NATO nahe der russischen Grenzen zu werten. Die Allianz unternimmt Schritte zur Steigerung der Eskalation in Gebieten, die für die Sicherheit unseres Landes lebenswichtig sind. Die Rede ist nicht nur vom Baltikum, sondern auch von Finnland", sagt Alexander Bartosch, korrespondierendes Mitglied der russischen Akademie der Militärwissenschaften.
"Vor diesem Hintergrund erscheint die Schaffung des Wehrkreises Leningrad und die enge Zusammenarbeit mit Weißrussland höchst angebracht und rechtzeitig. Die Maßstäbe einer möglichen Antwort Moskaus auf die Bedrohung, die von den NATO-Staaten ausgeht, müssen vergleichbar sein. Und dabei darf man nicht zögern, unsere Führung versteht das", meinte er.
Eine ähnliche Ansicht vertritt der Militärexperte Konstantin Siwkow. "Das ist eine ernsthafte Bedrohung, die nicht heruntergespielt oder ignoriert werden sollte. Offensichtlich wollen damit unsere potenziellen Gegner den sogenannten Suwalki-Korridor unter Druck setzen", erklärte er.
Wenn der Gegner das Gebiet Kaliningrad blockieren sollte, werden nach Meinung des Analytikers russische Bodentruppen die Region ausgerechnet über den Suwalki-Korridor deblockieren müssen. Siwkow ist zuversichtlich: Obwohl die deutsche Brigade über ein Panzerbataillon und ein Panzergrenadierbataillon verfüge, könne ihr Widerstand überwunden werden. "Doch man sollte sich trotzdem nicht entspannen", fügte er hinzu.
"Wir müssen unsere militärische Präsenz im Rahmen des Wehrkreises Leningrad stärken. Dann werden wir, falls der Gegner dennoch zur Tat schreiten sollte, eine schnelle und vor allem wirksame Antwort geben können. Wir verfügen über die Kräfte dazu", betonte er.
Seinerseits erinnert Nikolai Meschewitsch, Vorsitzender der russischen Assoziation für baltische Studien (RAPI) daran, es sei nicht das erste Mal, dass Deutschland versuche, seine Truppen auf litauischem Gebiet zu stationieren.
"Wir sahen das sowohl Ende 1914, als auch 1938, und auch 1941. Doch es nahm nie ein gutes Ende. Deswegen verstehe ich die Logik von Scholz gar nicht. Vielleicht hofft er, dass die Deutschen wenigstens diesmal im Fall einer Aggression nicht aus dem Land geworfen werden", bemerkte er ironisch.
"Einerseits ist ein Panzerbataillon in einer Brigade nicht so viel, andererseits ist ein Panzer eine universelle Waffe. Und es ist klar, dass dies nur der Anfang sein könnte. Die Position der litauischen Politiker verschärft die Lage nur. Sie sind sich sicher, je mehr ausländische Militärs in ihrem Land stationiert sind, desto mehr können sie sich in Bezug auf das Gebiet Kaliningrad und Weißrussland leisten", führte der Experte aus.
Bemerkenswerterweise hatte Russlands Präsident Wladimir Putin an die vor etwa einem Jahr angekündigte Wiederaufstellung des Wehrkreises Leningrad erinnert. Der Wehrkreis Leningrad (zuvor Petersburg und Petrograd genannt) existierte zwischen 1864 und 2010. Zum Zeitpunkt seiner Auflösung umfasste er die Stadt Sankt-Petersburg, die Gebiete Leningrad, Archangelsk, Wologda, Murmansk, Nowgorod und Pskow sowie die Teilrepubliken Karelien und Komi.
"Russlands Präsident hat deutlich gesagt, dass unser Land nicht vorhat, die NATO anzugreifen. Doch Deutschlands Aktionen im Baltikum zeigen, dass man uns entweder nicht hört oder nicht hören will. So oder so macht sich Deutschland den psychologischen Druck auf Russland zu einer der wichtigsten Aufgaben", erklärte Alexei Arbatow, Akademiker der Russischen Akademie der Wissenschaften.
"Natürlich reicht eine Brigade nicht aus, um ein so großes Land wie Russland anzugreifen. Zumal die russische Armee heute mit neuesten und modernsten Waffen ausgerüstet ist. Doch sollten in einigen Jahren einige weitere Divisionen der Allianz im Baltikum erscheinen, wird dies reale Voraussetzungen für eine bewaffnete Aggression gegen Russland und Weißrussland schaffen", sagte der Experte.
"Der erste Schlag könnte sich gegen Kaliningrad richten, das heute schon von den NATO-Ländern als potenzielle Geisel angesehen wird. Wir wissen von diesen Plänen und ergreifen jetzt schon alle notwendigen Maßnahmen, um die Sicherheit unseres Landes zu gewährleisten", schlussfolgerte Arbatow.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
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