Von Alex Männer
Die russlandfeindliche Politik des Westens hat angesichts der mittlerweile mehr als 15.000 Sanktionen gezeigt, dass der regelrechte Wirtschaftskrieg gegen Moskau trotz aller Bemühungen gescheitert ist. Denn die Strategie der USA und ihrer Verbündeten, die russische Volkswirtschaft durch Beschränkungen zu isolieren und in den Ruin zu treiben, hat sich als vollkommenes Fiasko herausgestellt.
Zugleich hatte diese Konfrontation mit Russland – insbesondere den zahlreichen Akteuren im Westen – offenbart, dass die Sanktionen in Wirklichkeit ein zweischneidiges Schwert sind und dass sie Probleme für diejenigen bringen, die sie erlassen. Nach Monaten der hohen Energiepreise und der Inflation in Europa ist zu konstatieren, dass es vor allem Deutschland und die anderen Mitglieder der Europäische Union sind, die sich mit ihren "Sanktionspaketen" wirtschaftlich selbst massiv geschadet haben, und deshalb zu den großen Verlierern zählen.
Dafür spricht allein die Situation im Energiebereich: Russische Medien berichten diesbezüglich unter Verweis auf die Angaben von Eurostat, dass die EU seit dem Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 bis November dieses Jahres etwa 185 Milliarden Euro mehr für Gasimporte ausgegeben hat, als im gleichen Zeitraum der Vorjahre. Demnach seien die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben für Gaslieferungen von knapp sechs Milliarden Euro auf geschätzt 15 Milliarden gestiegen. Insgesamt sollen sich die Ausgaben der EU-Länder auf mehr als 300 Milliarden Euro belaufen – diese Summe hätte vor dem Ukraine-Konflikt für mehrjährige Gasimporte ausgereicht, meinen Experten.
Hierbei ist jedoch grundsätzlich zu klären, dass die Krisenlage bei der europäischen Gasversorgung – nämlich die massive Kürzung der russischen Gaslieferungen nach Europa sowie der enorme Preisanstieg auf dem Gasmarkt seit 2021 – nicht unbedingt eine direkte Folge der antirussischen EU-Politik sind. Denn seitens der EU wurden keine Sanktionen gegen Russlands Gassektor erlassen. Vielmehr haben andere Handlungen dazu geführt, dass die Preise zwischenzeitlich in die Höhe geschossen waren und die Gasimporte aus Russland von 140 Milliarden Kubikmeter 2021 auf inzwischen 30 Milliarden Kubikmeter gefallen sind.
Hinsichtlich der Importmengen hatte zunächst die Ukraine einen Teil des Gastransits aus Russland gestoppt. Danach hatte sich etwa Polen geweigert, die von Moskau geforderten Rubel-Zahlungen für russisches Gas zu tätigen, und deshalb seinen Transit ebenfalls eingestellt. Im September 2022 waren zudem die Nord-Stream-Pipelines bei einem Anschlag zerstört worden, die zuvor jährlich insgesamt 110 Milliarden Kubikmeter Gas nach Deutschland transportiert hatten.
Dies hatte zweifelsohne große Auswirkungen auf die Gaspreise auf dem europäischen Spotmarkt, die allerdings schon im Zuge der weltweiten wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise beziehungsweise mit dem Beginn der Energiekrise Ende 2021 deutlich angestiegen waren. 2022 betrugen die Preise zwischenzeitlich sogar mehr als 2.000 Euro je Kubikmeter, was zu extrem hohen Energierechnungen bei den Verbrauchern und zu einer gefährlichen Inflationsspirale in der EU führte.
Gegenwärtig liegt der Preis bei etwa 400 bis 500 Euro je Kubikmeter, was im Vergleich zu den vertraglich festgelegten Preisen von etwa 200 bis 250 Euro für russisches Gas relativ teuer ist. Prognosen zufolge sollen die Preise auch im kommenden Jahr etwa auf diesem Niveau bleiben, was mit Blick auf die bestehende Inflation definitiv keine gute Perspektive ist.
Trotzdem gibt es aber auch zahlreiche Nutznießer dieses Preisanstiegs. Dazu gehören die ausländischen Gasexporteure, allen voran die USA, die mit ihren Flüssiggaslieferungen in die EU mehr als 50 Milliarden Euro verdient haben sollen. Die Europäer haben wegen der besagten russischen Importkürzungen nämlich keine andere Wahl, als US-LNG zu extrem hohen Preisen auf dem Spotmarkt zu kaufen.
Washington selbst hat allerdings kein Problem damit, weiterhin Energieressourcen aus Russland zu beziehen. Vor wenigen Tagen etwa brachte ein Tankschiff 50.000 Tonnen russisches Erdöl in die USA – und das ungeachtet des vom Westen durchgesetzten Ölembargos gegen Moskau. Das Schiff war aus Noworossijsk am Schwarzen Meer zum US-Marinestützpunkt in Norfolk an der Ostküste unterwegs gewesen, was bei so manchem Beobachter in der Ukraine Unmut auslöste.
Ebenfalls wird kritisiert, dass die USA nach wie vor Uranlieferungen aus Russland beziehen. Hierbei ist zu betonen, dass die US-Atomkraft bei der Urananreicherung hauptsächlich von der Kooperation mit Russlands Atomsektor abhängt, weil sie nach wie vor die Kernelemente aus russischer Produktion in Anspruch nehmen muss. Aus diesem Grund hatte man bislang auch vermieden, russisches Uran auf die Sanktionsliste aufzunehmen.
Man muss sagen, dass diese Kooperation sehr intensiv ist. Nach Großbritannien ist Russland heute nämlich der zweitgrößte Uranlieferant der Vereinigten Staaten, wobei seine Importe vor Kurzem deutlich zulegten. Laut US-Angaben haben die US-Amerikaner ihre Ankäufe in Russland im vergangenen Oktober im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. Demnach kauften die USA knapp 43 Tonnen Uran für insgesamt fast 63 Millionen US-Dollar.
Im Grunde zeigen diese Lieferungen, dass die USA nicht vorhaben, ihre nationalen Wirtschaftsinteressen wegen irgendwelcher Sanktionen und anderen fragwürdigen Strategien aufs Spiel zu setzen – im Gegensatz zur rückgratlosen EU, die wegen angeblicher Erfolgsaussichten ihrer Sanktionspolitik sogar eine regelrechte Wirtschaftskrise in Kauf nimmt.
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