Von Timur Fomenko
Das Pew Research Center für Meinungsforschung, mit Sitz in Washington, hat kürzlich eine umfassende Umfrage in 24 Ländern zu der Meinung über die USA und China veröffentlicht. Diese Umfragen finden regelmäßig statt und eignen sich gut zur Beobachtung von Veränderungen in der öffentlichen Meinung im Zusammenhang mit dem geopolitischen Wettbewerb zwischen den beiden Ländern. Natürlich ist das Spektrum der befragten Länder relativ eng, während sich zudem fast alle in Europa befinden oder Verbündete der USA sind – mit Ausnahme von Nigeria, Kenia, Südafrika und mehreren Ländern Lateinamerikas.
Abgesehen von den letztgenannten Ländern führt eine solche Länderauswahl natürlich weitgehend zu negativen Ansichten über China und einer positiven Wahrnehmung der USA, nicht zuletzt aufgrund der Einflussnahme der USA auf diese Länder. Diese Umfrage ging jedoch weit über das bloße Zustimmen oder Ablehnen hinaus und untersuchte Themen wie die Frage, wer als größte Wirtschaftsmacht der Welt wahrgenommen wird, wer über das stärkste Militär verfügt und wer die besten technologischen Güter besitzt.
Hier waren die Ergebnisse nicht so ausschlaggebend, wie man annehmen könnte, viele Fragen führten zu einem Gleichgewicht in der Beurteilung oder brachten China sogar in Führung. Während die Umfrage zeigt, dass westliche Nationen China in ideologischer oder politischer Hinsicht nicht gutheißen, belegt sie dennoch, dass die Wahrnehmung der globalen Macht und des Einflusses Chinas in einer Weise zunimmt, die in Washington Besorgnis hervorruft.
Viele westeuropäische Nationen betrachten China zunehmend als eine größere Wirtschafts- und Technologiemacht als die USA selbst und in militärischer Hinsicht als nahezu ebenbürtig. Allerdings besteht eine Herausforderung für China, die in der Umfrage bemerkenswert hervorgehoben wurde, darin, dass es in Bezug auf Soft Power und kulturellen Einfluss hinter den USA zurückliegt. Die USA erfreuen sich weltweit weiterhin größerer Beliebtheit als China, auch in Ländern, die China positiv gegenüberstehen, da das Land ein Monopol über die globale Kultur- und Informationslandschaft innehat.
In allen Ländern der Welt, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung, ist es eine Tatsache, dass Englisch die standardmäßige Zweitsprache ist, die in Schulen gelernt wird, sofern es sich nicht bereits um eine offizielle Landessprache handelt. Durch Filme aus Hollywood, Fernsehserien und Popmusik verfügen die USA über eine beispiellose kulturelle Macht und haben es damit geschafft, sich als Gipfel menschlicher Bestrebungen und Errungenschaften zu präsentieren, ohne ihre Natur als brutale kapitalistische Plutokratie mit einer Geschichte voller Gewalt, Rassismus und Kriegstreiberei zu verbergen – mit anderen Worten: "der amerikanische Traum".
Aus diesem Grund konnten die USA ihre kulturelle Macht in eine Übermacht im öffentlichen Diskurs umwandeln und die von ihnen dominierte Medienlandschaft nutzen, um ihre Ideologie zu exportieren und ihre politischen und außenpolitischen Ziele zu fördern. China, ein Land, das erst vor Kurzem den Status einer entwickelten Nation erreicht hat und über die politische Struktur eines kommunistischen Staates verfügt, der die kulturelle Ausdrucksfreiheit zunehmend einschränkt, besitzt diese Fähigkeiten nicht und hat daher Schwierigkeiten, sein Narrativ im Ausland zu verbreiten, selbst in Ländern, die China gegenüber positiv eingestellt sind. Dies wird in dem Teil der Umfrage deutlich, in dem gefragt wird, welches Land die attraktivere Kultur und Unterhaltungsindustrie anbietet, wobei die Meinungen überwiegend zugunsten der USA ausfallen.
Doch das hat die zunehmende Wahrnehmung der Macht Chinas nicht gestoppt. Der Aufstieg des Landes zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt und zu einem immer anspruchsvolleren Exporteur von Produkten aus dem Bereich der Hochtechnologie hinterlässt, ungeachtet etwaiger Mängel bei der Öffentlichkeitsarbeit, einen nachhaltigen Eindruck. Es ist außergewöhnlich, dass China – trotz aller technologischen Errungenschaften der USA – mittlerweile in diesem Bereich fast durchweg als führend angesehen wird. Den Ergebnissen der Umfrage zufolge ist dies eine Ansicht, die von einer Mehrheit der globalen Öffentlichkeit vertreten wird – selbst in den ergebensten Verbündeten der USA, darunter Australien, Kanada, Großbritannien, Deutschland, die Niederlande und Schweden.
Natürlich gab es auch einige widerspenstige Länder: Die Befragten in Südkorea, Japan und Israel beharrten nachdrücklich auf dem Vorrang der USA im Technologiebereich, wahrscheinlich vor allem deshalb, weil sie selbst Nationen sind, die Hochtechnologie produzieren, und sich aus geopolitischen Gründen auf die USA stützen, um ihre eigenen Vorteile aufrechtzuerhalten.
Auch in militärischer Hinsicht sehen die meisten US-Verbündeten Washington und Peking als nahezu gleichwertig an. Im Vereinigten Königreich beispielsweise tendieren die Meinungen dazu nur um vier Prozent mehr zugunsten der USA, während es in Deutschland lediglich ein Prozent ist. Dies zeigt schlussendlich, wie es sich die öffentliche Meinung zu eigen gemacht hat, China als Supermacht zu betrachten. Angesichts der oben erwähnten positiven Bewertungen bleibt jedoch das Problem bestehen, dass Peking zwar als eine Supermacht angesehen, diese aber eher gefürchtet als begrüßt wird.
Wir sehen aus der Umfrage, dass die Bevölkerung von Ländern in Afrika und Lateinamerika, wie Mexiko, Argentinien, Brasilien, Südafrika, Nigeria und Kenia, mit dem Aufstieg Chinas vollkommen zufrieden und weder den USA noch China gegenüber feindlich eingestellt sind. Doch für den Westen und für diejenigen, die den USA nahe stehen, wird dies zweifellos als strategische Herausforderung wahrgenommen werden. Es besteht im Westen die Befürchtung, dass der Aufstieg Chinas die Vorteile, die der Westen seit Jahrhunderten für sich beansprucht hat, zunichtemachen wird. Das bedeutet, dass Pekings oberstes strategisches Ziel darin bestehen muss, diesen Ländern zu versichern, dass China in der Tat keine Bedrohung für sie darstellt – und so auf dem Gebiet der Soft Power an Boden zu gewinnen.
Aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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