Von Wiktorija Nikiforowa
"Dann bekommt sie eben niemand!", beschloss der US-Senat und stimmte für den Gesetzentwurf für die Finanzierung der Arbeit der US-Regierung ohne eingeplante zusätzliche Hilfe für Israel und die Ukraine. Damit war die wichtigste philosophische Frage unserer Tage geklärt, die lautete: "Wem werden die USA helfen, und wenn sie es tun, wie viel werden sie zahlen?". Die Antwort lautet jedenfalls: bis jetzt niemandem.
Es ist bezeichnend, dass die Mehrheit im US-Senat den Demokraten gehört, das heißt, die Ukraine wurde ohne Geld von genau den Leuten belassen, die seit anderthalb Jahren den US-amerikanischen Finanzhaushalt für die Unterstützung Kiews aufbrauchen.
Seit dem Beginn der militärischen Sonderoperation haben die Vereinigten Staaten mehr als 75 Milliarden US-Dollar an ihre Proxy-Vasallen überwiesen. Trotz der Geldwäsche und der Schmiergelder, für die die Regierung in Washington bekannt ist, war dies genug für den militärischen und zivilen Bedarf. Ohne dieses Geld wäre die Existenz der Ukraine schlichtweg unmöglich.
Im September bat US-Präsident Joe Biden den US-Kongress um ein weiteres Hilfspaket in Höhe von 61,4 Milliarden US-Dollar für Kiew. Doch dann brach die Geldverschlingungsmaschine plötzlich zusammen. Denn erst gab es keinen Sprecher im US-Kongress, dann hatte der amtierende Sprecher keine Befugnis, über die Finanzierung für die Ukraine abzustimmen zu lassen. Danach tauchte ein neuer Sprecher auf, der sich als Trampel aufspielte und im Allgemeinen verkündete, dass das ganze Geld der Ukraine weggenommen und Israel gegeben werden sollte. Immer wieder wird die Ukraine über den Tisch gezogen. Das ist schon zum Trend geworden.
Nun wird das Geld unter dem Vorwand des sogenannten Shutdowns zurückgehalten. Damit ist gemeint, dass die US-Regierungsstellen wegen fehlender Mittel geschlossen werden. Fast jedes Jahr wird im US-Kongress und im US-Senat ein ganzes Spektakel um dieses Anliegen veranstaltet, als ob eine regelrechte Apokalypse bevorstünde. Letztlich wird das Problem aber jedes Mal auf sichere Weise gelöst. Wenn die Institutionen hingegen tatsächlich ihre Arbeit einstellen – das letzte Mal war das unter US-Präsident Donald Trump der Fall –, dann ist das auch kein Weltuntergang.
Vor einem Jahr wurde die Möglichkeit eines Shutdowns im US-Kongress auf genau dieselbe Weise diskutiert, aber es war nie die Rede davon, der Ukraine den Hahn zuzudrehen. Tatsache ist, dass damals die Demokraten unter den Gesetzgebern das Sagen hatten. Die damalige Sprecherin des US-Kongresses, Nancy Pelosi (dieselbe alte Dame, die dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij die Hand küsste), setzte persönlich das Gesetz über eine außerordentliche Finanzspritze von 1,7 Billionen US-Dollar durch. Sie waren dazu bestimmt, einen Shutdown zu verhindern und der Ukraine zu helfen.
Jetzt haben die Republikaner die Mehrheit im US-Kongress, und sie nutzen den Shutdown als Vorwand, um das Geld zurückzuhalten, auf das Kiew wartet. Außerdem beugt sich der US-Senat, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, der gleichen Linie, und das ist ein sehr schlechtes Zeichen für die Ukraine.
Bedeutet dies, dass die Ukraine von der US-amerikanischen Finanzierung ausgeschlossen wird? Nein, natürlich nicht. Unter dem Vorwand des Shutdowns wird das Geld einfach eingefroren, bis bessere Zeiten anbrechen. Dann fällt ihnen vielleicht eine andere Ausrede ein, oder sie werden plötzlich großzügig.
Alles hängt davon ab, wer das Regime in Kiew anführen wird. Wladimir Selenskij ist in Washington nicht mehr erwünscht. Er hat bereits alle möglichen Signale in diesem Sinne erhalten: sowohl über die Presse als auch über so einflussreiche "Laufburschen" wie den ehemaligen CIA-Direktor William Burns. Die Schwierigkeiten bei der Bereitstellung einer neuen Finanzierungstranche sind ein weiterer transparenter Hinweis. Das Geld wird an diejenigen gehen, die gehorsam alle Anweisungen aus Washington befolgen und nicht so tun, als seien sie "unabhängige Machthaber einer souveränen Demokratie".
Die Hauptvorwürfe der westlichen Strippenzieher gegen Selenskij sind eindeutig. Erstens sei er nicht in der Lage gewesen, irgendetwas zu tun – weder Gebiete zurückzugewinnen noch Russland nennenswert zu schaden. Zweitens will er seine Niederlage nicht eingestehen und Moskau um Frieden bitten. Und schließlich will er bei den Wahlen im März nicht freiwillig abtreten. Nicht nur das, er ist so dreist geworden, dass er versucht hat, diese Wahlen zu annullieren.
Washington ist jedoch der Ansicht, dass in der Ukraine Wahlen stattfinden sollten. Dieser Gedanke ist von sehr einflussreichen US-Politikern geäußert worden. Das bedeutet, dass bereits im März der Status von Selenskij völlig unklar sein wird. Seine Amtszeit wird auslaufen, und was wird dann aus diesem Schauspieler des ausgebrannten Theaters? Auf welcher Grundlage wird er die Überreste der ehemaligen Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik leiten?
Es ist nicht verwunderlich, dass in der Ukraine bereits ein verzweifeltes Casting für die Rolle des Hetmans begonnen hat. Oberbefehlshaber Waleri Saluschny hat seine eigenen Ansprüche geltend gemacht, und der Westen formt eilig einen neuen Charles de Gaulle aus ihm. Der ehemalige Berater des ukrainischen Präsidialamtes, Alexei Arestowitsch, hat ein ganzes Wahlprogramm auf die Beine gestellt. Natürlich wird Selenskij nervös – und plötzlich wird Saluschnys Assistent durch eine Granate getötet, die ihm ein unbekannter Wohltäter als Geburtstagsgeschenk geschickt hatte. Diese blutige Posse beeinträchtigt die US-amerikanischen Herren deutlich. Irgendwie ist das nicht die Art und Weise, wie die Ukraine in den Augen der Weltgemeinschaft aussehen sollte.
Im Allgemeinen wird Selenskij wohl oder übel ersetzt werden. Wie in einem Provinztheater hat die ukrainische Politik ihre eigenen Rollen, und es ist jetzt schon klar, dass der bassige, besonnene Saluschny die "Partei des Krieges" und der zurückhaltende Komiker Arestowitsch die "Partei des Friedens" vertreten wird. Washington könnte Ersteren mit der Wiederaufrüstung, der Verstärkung der Armee und einer Gegenoffensive im Frühjahr beauftragen, und Letzteren (wenn es an der Front sehr schlecht läuft) mit einer weißen Fahne und der Bitte um einen Waffenstillstand.
Es ist nur wichtig zu erkennen, dass die US-Amerikaner diesen Waffenstillstand brauchen, um ihre Proxy-Vasallen zu verarzten, aufzurüsten und zu bewaffnen – und um sie wieder in die Schlacht gegen Russland zu werfen. Für die Ukrainer gibt es aus der Sicht Washingtons keine andere Verwendung.
Das Wichtigste, was von einem Kandidaten für das Amt des ukrainischen Präsidenten verlangt wird, ist jedoch eine hundertprozentige Kontrollierbarkeit von außen. Einem solchen Staatsoberhaupt wird man wohl Geld geben. In der Zwischenzeit werden die Vereinigten Staaten nach dem Prinzip leben, dass sie ihre Finanzhilfen so lange zurückhalten, bis jemand an die Macht kommt, der sich ihnen unterwirft.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 17. November 2023 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.
Wiktorija Nikiforowa ist eine Kolumnistin bei RIA Nowosti.
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