Von Marinko Učur
Auch wenn es ohne konkrete und sichtbare Beweise eher wenig überzeugend klingt – die Information, wonach Serbien durch den Weiterverkauf westlicher Hochtechnologien angeblich Güter an Russland verkauft und dadurch nicht nur zusätzliche Einnahmen erzielt, sondern auch gegen westliche Sanktionen verstößt, hat in der serbischen Medien- und Geschäftswelt große Wellen geschlagen. Alle fragen sich, wie Serbien das schafft und ob es sich dabei um eine Art Staatsprojekt handelt oder, andererseits, um ein Geschick von Unternehmen, mit "geschäftlichem Spagat" zusätzlichen Gewinn zu erzielen.
Es ist bekannt, dass Serbien dem Druck des Westens, Sanktionen gegen die Russische Föderation zu verhängen, immer noch nicht nachkommen will, daher wurden die jüngsten Anschuldigungen als eine neue Art Druck durch die Aufseher aus Brüssel und Washington aufgenommen. Wessen Unterschriften stehen unter solchen Vorwürfen, oder wird Brüssel suggeriert, dass es höchste Zeit sei, damit aufzuhören, Belgrad aufgrund seiner Nähe zu Moskau "durch die Finger zu schauen" und ihm nicht mehr zu gewähren, "auf zwei Stühlen zu sitzen"?
Die Schlussfolgerung ist nicht schwer zu ziehen, insbesondere im Kontext früherer ähnlicher Anschuldigungen. Zuvor geriet Serbien ins Visier, weil es angeblich über die Türkei Artilleriemunition an die Ukraine veräußert habe, was nie nachgewiesen wurde. Auch sofern diese Informationen wahr sind, distanziert sich die Regierung in Belgrad von solchen Aktivitäten, doch niemand kann ausschließen, dass der internationale Schwarzhandel, insbesondere im Sektor Waffenhandel, floriert. In dieser Hinsicht gibt es keine Garantie dafür, dass Dritte nicht versuchen, über sekundäre Kanäle "im Trüben zu fischen".
In dieser Hinsicht erfolgten die gleichen Reaktionen des offiziellen Belgrads auf die jüngsten Anschuldigungen. Die Regierung behauptet, dass sie in keiner Weise als Transitland zur Umgehung antirussischer Sanktionen fungiere. David O'Sullivan, der Sonderberichterstatter für die Umsetzung der EU-Sanktionen, verbirgt nicht seine Enttäuschung darüber, dass Serbien und die Türkei dem Druck standhalten konnten und keine Sanktionen gegen die Russische Föderation verhängten. "Wir verstehen die Gründe, warum sie keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben, und gleichzeitig bedauern wir es", sagte O’Sullivan in Washington – während einer kürzlichen Debatte beim Atlantikrat. "Niemand kann die von der EU gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen über das Territorium Serbiens umgehen, denn Serbien reagiert und sanktioniert solche Versuche", belehrte Präsident Aleksandar Vučić kürzlich seine europäischen Gesprächspartner und wies jede Möglichkeit zurück, dass ein verbotener Handel mit einem Segen des Staates abgewickelt werden könnte.
Auf der Suche nach Unternehmen, die angeblich gegen Sanktionen verstoßen, fanden westliche Medien Informationen, dass das in Belgrad ansässige Unternehmen "Kominvex" seit Ausbruch der russischen Sondermilitäroperation in der Ukraine bis August 2023 Waren im Wert von mehr als 140 Millionen US-Dollar nach Russland exportiert hat. Aber diese Tatsache allein reicht nicht aus, um Belgrad im Hinblick auf einen Verstoß gegen Sanktionen zu kompromittieren, obwohl angeblich ein Drittel der exportierten Waren im Wert von 50 Millionen US-Dollar unbekannte elektronische Komponenten seien, die in der Militärindustrie angewandt werden können!?
Solche Indizien reichen nicht aus, um Serbien und seine Regierung zu beschuldigen, die mit ihrem liberalen Handelsansatz keine Beschränkungen aufdrängen wollen. Schließlich handelt es sich um einen westlichen Standard, der die Freizügigkeit von Personen, Gütern und Kapital unter den Bedingungen einer Marktwirtschaft bekräftigt. Einst verhängten die USA Sanktionen gegen das Belgrader Unternehmen MCI Trading wegen seiner angeblichen Unterstützung der "russischen Aggression in der Ukraine" aufgrund seiner Partnerschaft mit einem russischen Unternehmen bei der Beschaffung von Hochtechnologie-Gütern asiatischer und europäischer Hersteller.
Kenner der Lage sind sich einig, dass es unwahrscheinlich ist, dass modernste Technologiegüter mit serbischen Zulassungen zu russischen Kunden gelangten. Da sich auf der Liste der Waren, die bei russischen Kunden landeten, auch Komponenten amerikanischer Unternehmen wie AMD und INTEL befanden, dürfte dies eher für diese Hersteller als für serbische Händler eine Frage sein. Denn bekanntlich war, dass der große russische Markt für westliche Unternehmen aufgrund der dort erzielten enormen Gewinne schon immer interessant war (und immer noch ist).
Es ist zu durchschaubar, nur die eine oder andere Seite zu beschuldigen und die Interessen jener Hersteller aus dem Westen zu ignorieren, die auf der Suche nach Absatzmöglichkeiten für ihre Waren sind und durch die Suche nach Vermittlern selbst gegen die Sanktionen verstoßen. Dies zeigt sich auch durch den Handel mit russischem Öl, das über Zwischenhändler seinen Weg zu westlichen Abnehmern findet. Laut prowestlichen Medien exportierten einige serbische Händler sogar Teile für die russische Luftfahrtindustrie (?!), einen Wirtschaftszweig, der seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine den strengsten Sanktionen ausgesetzt ist. Es wird behauptet, dass serbische Unternehmen mit stillschweigender Zustimmung des Staates enorme Gewinne erzielten.
Das US-Außenministerium kam bei der Untersuchung der Anschuldigungen über den Verstoß gegen die Sanktionen zu dem Schluss, dass der Wert der von Serbien nach Russland exportierten sanktionierten Waren mehr als 70 Millionen US-Dollar beträgt, was deutlich unter dem in Medienberichten veröffentlichten Wert liegt. All dies geschieht inmitten der Kampagne dafür, dass der Westen gegen Moskau trotz der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Partnern in der EU das 12. Sanktionspaket verhängt. In Belgrad sehen sie es als eine Art Botschaft an Serbien, das über inoffizielle Kanäle damit bedroht wird, auch mit Sanktionen belegt werden zu können, sogar durch ein Verbot des Imports moderner im Westen hergestellter Technologien.
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