Russlands Außenminister Sergei Lawrow hat am Mittwoch in einem Interview mit dem TV-Sender RT den Nahost-Konflikt erörtert. Ihm zufolge sei die Gründung eines palästinensischen Staates in der Nachbarschaft Israels aus historischer Sicht unvermeidbar. Trotzdem werde diese Tatsache bei Gesprächen hinsichtlich der Zukunft des Gazastreifens oft ausgeklammert. Israels Sicherheit dürfe zudem nicht auf Kosten der Ablehnung eines palästinensischen Staates und durch die Reduzierung der für ihn vorgesehenen Territorien erreicht werden. Lawrow verwies dabei auf eine UN-Resolution aus dem Jahr 1947, in der die Grenzen der israelischen und arabischen Staaten in Palästina vorgeschlagen worden waren.
Als erstrangige Aufgaben in der Zone des Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Hamas bezeichnete Lawrow die Einstellung der Kampfhandlungen und die Lösung der humanitären Herausforderungen. Diesbezüglich erinnerte der Minister daran, dass Russland gleich nach der Eskalation der Feindseligkeiten Anfang Oktober eine Resolution über den Waffenstillstand im UN-Sicherheitsrat eingebracht habe. Allerdings sei dann eine weitere Version der Resolution, die anstelle eines Waffenstillstands eine humanitäre Pause forderte und unter mehreren arabischen und islamischen Staaten keine Unterstützung fand, in der UN-Generalversammlung verabschiedet worden. Die Konsultationen im Sicherheitsrat sollen als Beweis dazu dienen, dass die USA derzeit nur der humanitären Pause zustimmen würden, um Israel nicht zu stören. Darüber hinaus betrachte Washington jeden Vorschlag Moskaus als feindliche Initiative. Wörtlich betonte Lawrow:
"Alles, was von Russland ausgeht, wird als feindlicher Akt, als feindliche Initiative wahrgenommen. Im Grunde genommen will Washington Israel die Hände nicht binden."
Weiter erklärte der Außenminister, es habe viele Möglichkeiten für eine Lösung des israelisch-arabischen Konflikts gegeben. Jedes Mal sei die Gelegenheit verpasst worden, diese zu nutzen. Lawrow erzählte in diesem Zusammenhang über ein Telefongespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Jahr 2016. Damals hatte Netanjahu seine Bereitschaft erklärt, Verhandlungen ohne Vorbedingungen mit Palästinas Präsidenten Mahmud Abbas aufzunehmen. Die Palästinenser seien "sehr verärgert über Israels Aktivitäten in Bezug auf die Siedlungen und die Zwangsräumung der Familien gewesen". Aus Respekt für Putin habe Abbas den Vorschlag jedoch angenommen. Letztendlich sollen die beiden Seiten Lawrow zufolge aber keine Kontakte aufgenommen haben:
"Als Putin Netanjahus Nachricht übermittelte, sagte Abbas: 'Das ist von Ihnen, von einem guten Freund, aus Respekt nehme ich diesen Vorschlag an'. Das war im August und September 2016. Wir haben die Netanjahu-Regierung sofort informiert und nichts ist passiert."
Zuvor hatte Putin die Zweistaatenlösung und somit die Gründung eines unabhängigen Staates Palästina zu einer notwendigen Bedingung zur Lösung des Konflikts im Nahen Osten erklärt. Außerdem sollten alle Konfliktparteien die Opfer unter der Zivilbevölkerung auf ein Minimum senken.
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