Von Wiktorija Nikiforowa
"Wäre dieser Mann in der Lage, Putin zu stürzen?" - fragt die Washington Post, eine einflussreiche amerikanische Zeitung, ihre Leser nachdenklich. Der Artikel ist mit dem Gesicht von Ilja Ponomarjow* geschmückt – einem Terroristen, Extremisten und Vaterlandsverräter, der sich im Ausland vor der russischen Justiz versteckt.
Einem Artikel des politischen Kolumnisten David Ignatius zufolge spricht der Bürger Ponomarjow* in Washingtoner Büros ständig über seinen Plan für einen Militärputsch in Russland und vergleicht sich – Sie werden lachen – mit General de Gaulle.
Der flüchtige Betrüger gaukelt den Amerikanern vor, dass seine "Legion der Freiheit Russlands "**, die in der Ukraine stationiert ist, bereits 1.600 Mitglieder habe. Indem er Freiwillige in Russland rekrutiert (er sagt, er erhalte 40 pro Monat), "hofft er, eine Gruppe zu schaffen, die auf Moskau marschieren wird, wie es die Gruppe von Jewgeni Prigoschin im Juni getan hat."
Es ist schwer zu glauben, dass ein solch exotischer Plan realisierbar ist, nicht wahr? Selbst diejenigen, die Russland nicht kennen, könnten bezweifeln, dass ein Dutzend städtischer Verrückter in der Lage wäre, einen Militärputsch zu inszenieren und Putin zu stürzen, indem sie den Kreml mit Kürbis-Latte-Bechern bewerfen.
Ponomarjow* besteht jedoch darauf, dass seine militärischen Triumphe realistisch sind. Er betrachtet den Flug einer ukrainischen Drohne über den Kreml und das Verbrennen von Relaisschränken in der Eisenbahn als Probe für seine Offensive gegen Russland und rühmt sich seiner Rolle bei der Organisation von Terroranschlägen in Russland – den Morden an Darja Dugina und Wladlen Tatarskij sowie dem versuchten Attentat auf Sachar Prilepin.
Die Washington Post erinnert uns daran, dass der "russische de Gaulle" bereits über ein ganzes Parlament verfügt – so heißt die Emigrantenfraktion, in der sie untereinander die Ressorts aufteilen und sich anschicken, für uns Gesetze zu schreiben. Sie werden es nicht glauben, aber sie haben bereits eine ganze "Verfassung" für das "Post-Putin"-Russland ausgeheckt. Sie erlaubt den freien Waffenbesitz und hebt den Artikel über die Gleichheit von Männern und Frauen vor dem Gesetz auf.
Das ganze Ausmaß des Unsinns ist sicherlich beeindruckend, aber warum druckt eine einflussreiche Zeitung die Fantasieergüsse eines weiteren Napoleon aus Tschechows "Krankenzimmer Nummer 6"? Wir verstehen doch alle, dass Ponomarjow* es ohne die Erlaubnis seiner amerikanischen Herren nicht wagen würde, den Mund aufzumachen. Welches Signal sendet Washington also nach Moskau?
Zunächst einmal werden wir auf banale Weise eingeschüchtert. Die Vereinigten Staaten haben wirklich viel Erfahrung mit der Organisation von Staatsstreichen und der Zerstörung rechtmäßiger Regierungen in der ganzen Welt. Fast jedes Jahr stürzen sie jemanden. Es ist gut, dass das Spiel endlich offen stattfindet und das Weiße Haus nicht mehr versucht, Putsche als Farbrevolutionen zu tarnen. Wir sind diese Heuchelei über "Rosenrevolutionen" und "Tulpenrevolutionen" bereits leid. Nennen wir die Dinge beim richtigen Namen.
Doch nicht immer sind Putsche erfolgreich. In Venezuela scheiterte Guaidó, der von Washington mit der Rolle des Führers der Nation betraut wurde. Dann scheiterte der Putsch in Weißrussland. Doch es scheint, dass die Amerikaner nicht müde werden, es immer wieder zu versuchen.
Erstaunlich ist der Zynismus, mit dem Washington Russland vorwirft, keinen Frieden mit Kiew auszuhandeln. Dabei ist klar, dass nicht mit der Führung der ehemaligen Ukrainischen SSR verhandelt werden soll, sondern mit ihren Herren in Übersee. Aber worüber soll man mit den Herren verhandeln, wenn sie damit drohen, eine Atombombe auf Moskau abzuwerfen, oder Emigranten zu einem wahnhaften Aufstand gegen den Kreml anstacheln?
Washington ahnt, dass wir alles wissen, und setzt eine unbeteiligte Miene auf: "Ich bin nicht so, ich warte hier nur auf die Straßenbahn." Der Washington Post zufolge sind alle Ideen von Ponomarjow* ausschließlich seine persönliche Initiative. Ignatius schreibt, der Flüchtige werde von ukrainischen Sicherheitsdiensten bewacht, aber die Vereinigten Staaten hätten nichts mit seinen Terroranschlägen zu tun und "warnen" sogar vor weiteren Anschlägen. Ignatius persönlich billigt auch den Plan eines Militärputsches nicht, schreibt er zumindest.
Das tut mir natürlich leid, aber ich muss es nicht glauben. Wir sehen, dass die russischen Politflüchtlinge fest unter der Kontrolle amerikanischer Strukturen stehen. Es ist klar, dass ohne die Zustimmung von ganz oben weder dieser Artikel veröffentlicht worden wäre, noch hätte Ponomarjow* selbst es gewagt, den Mund aufzumachen.
Es muss nicht erklärt werden, warum Washington einen Putsch in Russland braucht. Gerade jetzt, wo der ehemalige Welthegemon eine schmerzhafte und demütigende Niederlage in der Ukraine erleidet. Nichts von dem, was er geplant hat, ist aufgegangen. Russland ist intakt, seine um neue Erfahrungen reicher gewordene Armee ist stärker als zuvor, der militärisch-industrielle Komplex Russlands ist motiviert und mit staatlichen Aufträgen versorgt, die Wirtschaft des Landes funktioniert wie ein Uhrwerk. Das Land ließ sich nicht zu Protesten oder auch nur zu minimalen Protestaktionen hinreißen.
Es ist an der Zeit, dass Biden die weiße Fahne hisst, aber eine solche Demütigung ist politisch tödlich. Sie wird sowohl das Image der Vereinigten Staaten auf der Weltbühne zerstören als auch jegliche Chancen der Demokratischen Partei, 2024 das Weiße Haus zu halten.
Wegen der Ukraine hängt das Regime von Joe Biden am seidenen Faden. Er und die Demokratische Partei brauchen ein Wunder, das zum Zusammenbruch Russlands führen würde. Also schnappen sie sich einfach alles, was ihnen zu dienen bereit ist. Kasparow* und Chodorkowski* hat man anscheinend komplett abgeschrieben, und hier ist das relativ neue (wenn auch unrasierte) Gesicht von Ponomarjow*. Ja, lasst uns einen neuen de Gaulle aus ihm machen.
Und so gibt die Washington Post dem Weißen Haus einen Hoffnungsschimmer:
"Für einen Regimewechsel braucht man drei Dinge: ein der Opposition loyales Militär, lokale Eliten, die die Hoffnung in der gegenwärtigen Situation verloren haben, und eine alternative Regierung. Ponomarjow* sagt, er arbeite an allen drei Dingen."
In Wahrheit ist es sehr lange her, dass in Russland eine solche Einigkeit zwischen Volk, Armee und Eliten herrschte. Die militärische Sonderoperation hat es uns ermöglicht, viele Dinge zu überdenken. Prigoschins Rebellion hat deutlich gezeigt, an welchem Abgrund wir uns entlang bewegen könnten. Das darf sich nicht wiederholen, schon allein deshalb nicht, weil wir sehen, was für ein Geschenk jedes Chaos in Russland für unsere strategischen Feinde wäre.
* Eine Person, die die Funktionen eines ausländischen Agenten ausübt.
** Eine in Russland verbotene terroristische Organisation.
Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 9. November 2023 auf ria.ru erschienen.
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