Australien: Neues Gesetz droht Meinungsfreiheit und Demokratie zu zerstören

Die australische Regierung hat jüngst einen neuen Gesetzesvorschlag eingebracht, der ein Verbot offiziell nicht genehmigter Online-Inhalte vorsieht. Von digitalen Unternehmen wird erwartet, dass sie einen Verhaltenskodex annehmen, der sie zur Zensur von Sprache auf der Grundlage breiter, vager und weitreichender Richtlinien veranlasst.

Von Augusto Zimmermann

Der 29-seitige Gesetzesentwurf trägt den Titel: "Änderung der Kommunikationsgesetzgebung (Bekämpfung von Fehlinformationen und Desinformation) 2023. Die Richtlinien sollen digitale Plattformen gesetzlich dazu verpflichten, angebliche "Fehlinformationen" und "Desinformationen" zu überwachen. Sollte dies nicht funktionieren, sieht der Gesetzesvorschlag die volle Ermächtigung der australischen Kommunikations- und Medienbehörde (ACMA) vor, direkt einzugreifen, um "Schaden" zu verhindern.

In Abschnitt 2 des vorgeschlagenen Rechtsakts wird der Begriff "Schaden" wie folgt definiert (Seite 10):

Das konzeptionelle Nutzen der Begrifflichkeit "Schaden", mit dem der Gesetzentwurf argumentiert, ist illusorisch, denn sein vorgegebener Inhalt würde bei entsprechender Umsetzung subjektiv von einer mächtigen Regierungsbehörde bestimmt. Die Definition dessen, was Schaden ist und was nicht, ist dehnbar und kann je nach den vorherrschenden Ansichten der ACMA-Behörde variieren. Letztlich könnte jede Art von Rede, mit der die Regierung nicht einverstanden ist, als "schädlich" eingestuft werden. Wenn beispielsweise die "Störung der sozialen Ordnung" als ernsthafter Schaden bezeichnet wird, könnte dies so interpretiert werden, dass die Organisation legitimer politischer Proteste unterbunden wird. Dies könnte sicherlich zur Unterdrückung legitimer politischer Äußerungen verwendet werden, die Teil einer funktionierenden Demokratie sein sollten.

Vor allem würde die ACMA weitreichende Befugnisse erhalten, um von jeder Person zu verlangen, zu einem Zeitpunkt und an einem Ort ihrer Wahl zu erscheinen, um Fragen zu Fehlinformationen oder Desinformationen zu beantworten. Zu diesen Befugnissen gehören Mitteilungen über Verstöße, Abhilfemaßnahmen, einstweilige Verfügungen und zivilrechtliche Strafen, einschließlich Geldstrafen von bis zu 350.000 Dollar für Einzelpersonen und rund 1,75 Millionen Dollar für Unternehmen. In Fällen von mutmaßlich "extremem Schaden" können auch strafrechtliche Sanktionen, einschließlich Haftstrafen, verhängt werden.

Die in diesem Gesetzesvorschlag enthaltenen Bestimmungen setzen die Kommunikation und das Leben von Freidenkern, Menschenrechtsverteidigern, unabhängigen Journalisten und normalen Bürgern einem ständigen Risiko aus. Sie stehen in direktem Widerspruch zu dem Rat internationaler Menschenrechtsexperten, dass "allgemeine Verbote der Verbreitung von Informationen, die auf vagen und zweideutigen Ideen beruhen, einschließlich 'falscher Nachrichten' oder 'nicht objektiver Informationen', mit den internationalen Standards für Einschränkungen der Meinungsfreiheit unvereinbar sind … und abgeschafft werden sollten".

Es ist dabei mehr als bemerkenswert, dass die australische Regierung von den vorgeschlagenen Rechtsvorschriften ausgenommen ist. Daher werden die von der Regierung veröffentlichten Inhalte niemals als "Fehlinformationen" betrachtet, während Kritik an der Regierung durch normale Bürger als solche gelten kann. Es ist sicherlich ironisch, dass Ansichten, die mit der von der Regierung bevorzugten Darstellung unvereinbar sind, als "schädlich" für die Integrität der australischen Demokratie angesehen werden könnten, da dies Rede und Ausdrucksverhalten verbieten würde, die für die Aufrechterhaltung der demokratischen Prozesse unerlässlich sind.

In ihrer zwölfseitigen Eingabe an den Law Council – einer Vereinigung von Anwaltskammern aus den Bundesstaaten und Territorien Australiens – erklärt die Victorian Bar Anwaltskammer, dass die vorgeschlagene und eingebrachte Gesetzgebung effektiv ein "ungleiches Spielfeld zwischen Regierungen und anderen Rednern" schaffe, das Regierungskritiker im Vergleich zu Regierungsbefürwortern benachteiligt. "Die Einmischung des Gesetzentwurfs in die Selbstverwirklichung der freien Meinungsäußerung wird in erster Linie durch die abschreckende Selbstzensur erfolgen, die er unweigerlich bei den einzelnen Nutzern der betreffenden Dienste hervorrufen wird", so die Victorian Bar, die Anwaltskammer des australischen Bundesstaates Victoria darlegend.

Vor allem wird die Durchsetzung der vorgeschlagenen Gesetzgebung durch die ACMA unweigerlich die Diskussion kontroverser Themen behindern, vor allem wenn sie Kritik an der Politik und den Maßnahmen der Regierung beinhalten. Dieses Szenario wird wahrscheinlich eintreten, wenn die beanstandete Rede mit der offiziellen Darstellung der Regierung unvereinbar ist. Die vorgeschlagene Gesetzgebung zielt also auf diejenigen ab, die lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen und die Zweckmäßigkeit von Regierungsentscheidungen und -maßnahmen kritisch beurteilen.

Zu den weiteren Bedenken gegen die vorgeschlagene "Fehlinformations"-Gesetzgebung gehören die Möglichkeit, die Tätigkeit von Internetunternehmen in Australien auszusetzen, wenn sie den geschaffenen Verpflichtungen nicht nachkommen, sowie die Verschärfung der strafrechtlichen Sanktionen für Verleumdung und Diffamierung, die mit internationalen Menschenrechtsstandards unvereinbar sind.

Unverkennbar, stellt die vorgeschlagene Gesetzgebung einen ernsthaften Angriff auf das demokratische Recht der Australier auf freie Meinungsäußerung dar. Digitale Plattformen werden gesetzlich verpflichtet, die Diskussion von Kommentatoren über kontroverse Themen zu überwachen. Im Rahmen dieser "Fehlinformations"-Gesetzgebung wird jede ehrliche und solide Debatte über die Politik der Regierung faktisch verboten sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Freiheit der politischen Kommunikation in Australien angegriffen wird. Wenn das Fehlinformations- und Desinformationsgesetz verabschiedet wird, dann wird die freie Meinungsäußerung von der australischen Regierung im Grunde genommen geächtet. Kurz gesagt, die Verabschiedung dieses Gesetzesvorschlags wird das Ende der echten Demokratie in Australien bedeuten. Die Australier werden im Grunde Zeuge der Umwandlung ihres repräsentativen Regierungssystems in eine weniger offene oder besser getarnte Form der Wahldiktatur.

Augusto Zimmermann ist Professor und Leiter des Fachbereichs Recht am Sheridan Institute of Higher Education in Australien, Präsident der WALTA - Legal Theory Association und ehemaliger Beauftragter für Rechtsreform bei der Rechtsreformkommission von Westaustralien

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