Von Dmitri Kossyrew
Wie die Welt nach der gegenwärtigen Konfrontation aussehen wird, die an Maßlosigkeit grenzt, zeigen uns nicht die Vereinigten Staaten von Amerika. Vielmehr sind es die US-amerikanischen Verbündeten. In Europa ist es zum Beispiel die Slowakei mit ihrer neuen Regierung, doch das ist ein anderes Thema. Im pazifischen Raum ist es Australien, dessen Premierminister Anthony Albanese diese Woche nach Peking reist. Wegen Streit oder Versöhnung? Wohl beides zugleich, denn noch weiter zu streiten geht nicht. Also doch Versöhnung, aber auf eine Weise, die den Herrn im Weißen Haus nicht verärgert.
Diese Geschichte ist eine Miniaturausgabe dessen, was zwischen Washington und Peking vor sich geht. Das bedeutet, es geht um die Entschärfung der Spannungen, deren Abschwächung auf ein weniger gefährliches Niveau, um eine Pause in der Konfrontation. Es ist auch ein Versuch, in der Praxis zu verstehen, wie man so etwas schaffen kann, ohne es wie eine Kapitulation aussehen zu lassen. Den USA ist das bisher nicht gelungen.
Ob das den Australiern gelingt? Wenn ja, dann nur, weil die Behörden dieses Landes seinerzeit zu weit gegangen sind. Die Rede ist von der letzten Regierung unter Scott Morrison. Für die wilde Hetzkampagne gegen China, die während dessen Amtszeit wütete, gibt es mehrere rationale Erklärungen. Möglicherweise war es ein Selenskij-Schauspiel: nämlich der Versuch, sein Land als angeblich bedroht darzustellen und etwas Materielles sowie Schutzversprechen von den Vereinigten Staaten und anderen Verbündeten dafür zu erhalten. Möglich ist aber auch, dass die Rede von banaler Ideologie ist, also vom traditionellen australischen Verständnis, dass dieser Staat – kurz gesagt – die Festung des "weißen Mannes" in Asien, ein Vorposten des Westens in einem fernen Ozeanien ist oder Teil der asiatisch-pazifischen Region mit ihren vielen verlockenden Handelspartnern. Unter Morrison hat die westliche und stark antichinesische Voreingenommenheit alle denkbaren Hemmungen überschritten. Dieselbe ukrainische Erfahrung zeigt: wenn man lange genug den anderen suggeriert, eine bestimmte Macht bedrohe einen selbst in allen Bereichen – von der militärischen Sphäre bis zur Ideologie – so kann man bis zu einem sehr unerfreulichen Ende damit spielen.
So oder so, die jahrelange Hetze gegen China hat dazu geführt, dass Australiens Nachbarn dieses Land nicht mehr als "zweitklassiges Europa", sondern als "zweitklassiges Amerika" betrachten. Mit anderen Worten hat Australien, indem es versucht hat, China auf jede erdenkliche Weise anzurempeln, und auch allerhand militärische Vereinbarungen mit den USA getroffen hat, den Respekt der übrigen Asiaten – eigentlich aller seiner Nachbarn – eingebüßt. Derjenigen Nachbarn, für die nämlich eine solche ständige Ost-West-Konfrontation eine Bedrohung für deren eigene Sicherheit darstellt.
Zudem wurde Australien ab dem Jahr 2020 von der Volksrepublik China dafür mit Wirtschaftssanktionen belegt. Und in Australien hat man nun begriffen, dass weder die USA noch der Westen im Allgemeinen diese Sanktionen kompensieren würden. Aus diesem Grund traf sich der neue Premierminister Albanese bereits vor einem Jahr mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping auf Bali. Seitdem hat die Abkehr von der Konfrontation begonnen – mit der teilweisen Aufhebung der Sanktionen.
Peking hat viele Hebel, um die USA wirtschaftlich unter Druck zu setzen, aber im Falle Australiens sind diese Mittel noch weitaus wirksamer gewesen. Und selbst jetzt – mit dem Beginn der Mini-Entspannung – haben Chinas Kohleimporte nur die Hälfte ihres früheren Niveaus erreicht. Dasselbe gilt für Rindfleisch und Eisenerz. Und was den Wein betrifft oder andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, so gibt es immer noch Verhandlungsbedarf, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die chinesischen Verbraucher Zeit hatten, sich auf andere Produkte umzustellen.
Insgesamt war es dennoch ein erfolgreiches Jahr. In den ersten fünf Monaten stieg der Handelsumsatz um 19,4 Prozent auf fast 100 Milliarden US-Dollar. Es bleibt abzuwarten, was der Besuch von Albanese bringen wird. Dabei stellt sich die Frage: Was ist mit den strategischen Abkommen, die das Land bereits mit den Vereinigten Staaten geschlossen hat? So sieht zum Beispiel AUKUS – eines dieser Abkommen – vor, dass Australien von den USA atomgetriebene U-Boote erhält. Und jeder versteht zu welchem Zweck: um gegen China zu kämpfen. Derselbe Albanese ist jetzt in den Vereinigten Staaten, wo er diese Lieferung von U-Booten noch zu beschleunigen und dafür zu erklären versucht, dass China immer noch eine gemeinsame Bedrohung für den gesamten Westen darstelle. Dann aber taucht er in Peking auf. Wie ist das möglich?
Man wird nach einer Entspannungsformel suchen müssen, die der Zugmaschine des Ganzen noch vorauseilt. Doch die Lokomotive, also die USA, versucht auch selbst, den Druck im Dampfkessel der Konfrontation mit Peking zu verringern. Allen Satelliten vor den Augen steht das Schicksal der Ukraine, ebenso die unvorhersehbare Entwicklung im Nahen Osten, die zumindest vielerlei Beziehungen zwischen dem Westen und der Weltmehrheit erschwert. Die wirtschaftlichen Tatsachen zeigen, dass Australien nicht alle Verluste seiner Geschäfte in Asien gedeckt haben wird. Es bleibt zu entscheiden, wie man sich unter gleichzeitiger Berücksichtigung all dieser Faktoren in eine neue Position schleichen kann, ohne sich zu schaden.
Und das wirklich Interessante ist, dass alle anderen, die zur westlichen Staatengruppe gehören, heute in genau derselben Lage sind. Nur beginnen die einen schon heute mit dem Tänzeln, während das den anderen erst noch bevorsteht.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei RIA Nowosti.
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