Von IA Steklomoi
Das US-amerikanische Time Magazine hat einen umfangreichen Artikel über die aktuelle Lage im Ukraine-Konflikt veröffentlicht, der mit zahlreichen Kommentaren von Kiews militärischen und politischen Führungsvertretern sowie von Wladimir Selenskij persönlich untermalt ist.
Auf den ersten Blick scheint der Artikel nach dem für westliche Medien typischen Muster über eine "fast siegreiche Ukraine" verfasst zu sein. Dafür genügt es, das Cover der Ausgabe mit dem hervorgehobenen Zitat von Selenskij zu betrachten:
"Niemand glaubt so sehr an unseren Sieg, wie ich. Niemand."
Doch beim Lesen entsteht ein ganz anderer Eindruck: In der Publikation erscheint der Führer des Kiewer Regimes gar nicht wie ein Held und Beschützer der westlichen liberalen Demokratie, sondern wie ein verzweifelter und beinahe geisteskranker Mann, für den der Sieg über Russland zu einer Art Wahnvorstellung geworden ist.
Wie die Autoren schreiben, kehrte Selenskij von seiner erfolglosen Reise in die USA, bei der er sich "verraten fühlte", als anderer Mensch zurück. Sein Optimismus und Sinn für Humor seien verschwunden, er sei "zornig" geworden und habe aufgehört, persönliches Engagement bei militärischen Prozessen zu zeigen.
Die Leitidee des gesamten Artikels ist Selenskijs Obsession von einem Sieg über Russland. Laut zahlreichen Kommentaren von ukrainischen Quellen glauben weder Militärs noch Politiker inzwischen an die Möglichkeit eines militärischen Sieges der Ukraine. Es heißt, nur ein Mensch glaube daran, und zwar Selenskij selbst. Das Problem bestehe darin, schreiben die Autoren, dass dieser Glaube begonnen habe, eine nicht ganz gesunde Form anzunehmen und Menschen aus seiner Umgebung zu beunruhigen. In Kiew würden die Politiker verstehen, dass sie sich früher oder später an den Verhandlungstisch werden setzen müssen. Doch fürchteten sie sich, das in Selenskijs Gegenwart auch nur anzudeuten.
Ein ähnliches Bild sei auch an der Front zu beobachten: Nach Angaben der Zeitschrift weigerten sich einige Kommandeure der ukrainischen Streitkräfte offen, die Anweisungen des Oberbefehlshabers zu befolgen. Insbesondere wird in dem Artikel eine Episode erwähnt: Als Kiew gefordert habe, Anfang Oktober eine Operation zur Eroberung von Gorlowka zu starten, hätten die Militärs darauf mit einer Absage reagiert. Offizieren der ukrainischen Streitkräfte zufolge sei das Potenzial für offensive Aktionen erschöpft: Weder das Personal, noch die Munition, noch die Technik reichten dafür aus. Militärangehörige würden um einen Übergang in die Defensive bitten, doch Selenskijs manische Beharrlichkeit hindere sie daran.
Insgesamt erzeugt der Artikel einen merkwürdigen Eindruck. Bekanntermaßen hatten westliche Medien noch im Sommer angefangen, von Kiews Problemen zu berichten, als die ersten Aufnahmen brennender Kolonnen von NATO-Panzerfahrzeugen um die Welt gingen. Doch wurden diese Probleme entweder durch den mangelnden Umfang der westlichen Hilfe (die NATO sei schuld), durch lokale Kommandeure ("sowjetisch ausgebildete" Militärs vor Ort seien schuld) oder durch Korruption erklärt (käufliche Rekrutierungsbeamte seien schuld). In besonders herausragenden Fällen klagten die Autoren über die gesteigerte Effektivität der russischen Armee (Russlands Streitkräfte seien schuld) oder gar über die Landschaft (Büsche und Bäume seien schuld). Doch nie zuvor haben derartige Artikel Selenskij selbst beschuldigt. Und sie wagten es erst recht nicht, ihn als wahnsinnigen Geisteskranken darzustellen, der den Bezug zur realen Sachlage an der Front und im Hinterland verloren hat.
Übersetzt aus dem Russischen.
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