Von Wiktorija Nikiforowa
Am Dienstag haben russische Parlamentsabgeordnete in der ersten Lesung den Gesetzentwurf über die Rücknahme der Ratifizierung des Kernwaffenteststopp-Vertrages angenommen. Der Vertrag war von der UN-Generalversammlung im Jahr 1996 angenommen worden. Damals schien es allen, dass nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion "das Ende der Geschichte" eingetreten sei und dass es niemanden mehr zu bekämpfen gebe.
Für ein Inkrafttreten des Vertrages war seine Unterzeichnung und Ratifizierung durch 44 Länder notwendig, die über Kernwaffen oder zum Bau einer Atombombe notwendige Kernreaktoren bzw. Ressourcen verfügten. Russland und die europäischen Staaten gingen die Angelegenheit verantwortungsvoll an – sie haben den Vertrag sowohl unterzeichnet als auch ratifiziert.
Doch Indien, Pakistan und Nordkorea – die sogenannten "jungen Atommächte" – unterzeichneten den Vertrag nicht. Die USA, China und Israel unterzeichneten den Vertrag zwar, ratifizierten ihn aber nicht: Man könne ja nie wissen.
Somit ist der Vertrag auch 27 Jahre später immer noch nicht in Kraft getreten. Und mit dem "Ende der Geschichte" klappte es auch nicht so recht – Ende der 1990er Jahre begannen die USA, Jugoslawien zu vernichten, während der 11. September 2001 zum Anlass genommen wurde, Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien usw. zu besetzen und zu zerstören.
Als die US-amerikanische Expansion die Ukraine erreichte, wurde allen klar, dass die ehemaligen Partner schlicht nicht zu Verhandlungen fähig sind. Vielmehr nutzen sie jede Übereinkunft nur, um der Gegenpartei Einschränkungen aufzuzwingen, und verletzen sie selbst immer und überall. Dies führte dazu, dass Russland den Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa aufkündigte, die Teilnahme am New-START-Vertrag aussetzte und nun auch die Ratifizierung des Kernwaffenteststopp-Vertrages zurücknahm.
Doch all das ließ die Hitzköpfe des US-Establishments nicht abkühlen. Vor wenigen Tagen erfreute die Kommission des Kongresses für strategische Doktrin der USA die Öffentlichkeit mit dem Plan eines großen Zweifronten-Atomkriegs – gegen Russland und China gleichzeitig.
Das ist selbst für die US-Amerikaner eine Sensation. Zuvor ging ihre Militärwissenschaft davon aus, dass die USA in der Lage seien, gleichzeitig einen großen Krieg im Ausland und einen lokalen Konflikt zu führen. Bezeichnenderweise ist es den US-Strategen dabei nie in den Sinn gekommen, überhaupt keine Kriege im Ausland mehr zu führen.
Noch vor einem Jahr endeten heftige Auseinandersetzungen darüber, ob die USA gleichzeitig gegen Russland und China kämpfen können, mit dem schmerzhaften Eingeständnis, dass das nicht möglich sei, ein Zweifrontenkrieg sei nicht zu bewältigen. Und jetzt mutmaßt die neue Strategie, dass es durchaus möglich sei. Zwischen 2027 und 2035 steht den USA eine Konfrontation mit zwei ebenbürtigen Atommächten bevor – angeblich müssen die USA "Russlands und Chinas gleichzeitige Aggression in Europa und in Asien" eindämmen. Es stellt sich die Frage: Wie stellen sie sich das vor?
Russland ist Weltmeister, was die Vorräte an Atomwaffen anbelangt. Während sein Vorsprung bei strategischen Waffen gering ist, hat es zehnmal mehr taktische Nuklearwaffen als die USA. Dies räumen US-Experten offen ein, ebenso wie den Rückstand der USA hinter Russland und China bei den Hyperschallwaffen.
Chinas Nukleararsenal ist bescheidener, wird aber beständig vergrößert und erneuert. Dafür hat die Volksrepublik die größte Marine der Welt und eine starke Armee, die von der Wirtschaft Nummer eins in der Welt versorgt wird. Gleich zwei solche Armeen zu Feinden zu erklären, gleicht für die USA einem Selbstmord.
Von Interesse ist auch das exakte Datum der Konfrontation. Wir werden Zeuge, wie der geplante Krieg gegen China immer weiter vertagt wird. Die USA kommen nämlich mit der Aufrüstung nicht hinterher. Ein Problem stellen die hoffnungslos veralteten, bodenbasierten Komplexe dar. Auf Hochtouren läuft der Bau neuer U-Boote und Schiffe, der noch unter Trump begonnen wurde. Es werden Versuche unternommen, Russland und China beim Bau von Hyperschallwaffen zu überholen und Luftabwehrsysteme zu schaffen, die Hyperschallraketen auf irgendeine Weise abfangen können. Doch die Umsetzung all dieser riesigen Pläne verläuft viel langsamer als angekündigt.
Die Kommission für strategische Doktrin empfiehlt der US-Regierung nicht nur, die Nuklearwaffen zu modernisieren, sondern auch neue in uneingeschränkten Mengen zu produzieren. Dafür sollen 400 Milliarden US-Dollar verwendet werden – zusätzlich zu den fantastischen 1,2 Billionen, die für das dreißigjährige Programm zur Modernisierung des Nukleararsenals vorgesehen sind, und über 800 Milliarden US-Dollar für Militärausgaben allein im Jahr 2023 nicht mitgerechnet.
Bestaunen Sie die "Schönheit des Spiels": Nachdem es seine Vorräte an Nuklearwaffen vergrößert hat, soll sich Washington an Russland und China wenden, vor ihnen mit Sprengköpfen rasseln und vorschlagen, einen Vertrag über die Einschränkung der besagten Nuklearwaffen abzuschließen. Das heißt, dass die USA die Anzahl der Sprengköpfe und Trägerraketen vergrößern und gleichzeitig Russland und China vorschlagen wollen, sich zu ihren Gunsten zurückzuhalten. Wie ist so etwas überhaupt möglich?
Militärexperten in den USA selbst bewerten die Fähigkeit des US-amerikanischen Rüstungskomplexes, ein neues Wettrüsten zu bewältigen, mit großer Skepsis. Denn die Antworten Russlands und Chinas auf diesem Gebiet sind asymmetrisch – es kostet uns weniger, eine Parität zu erreichen, und bisher haben die USA keine Antwort auf unsere Technologien. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten balanciert jetzt schon am Rande einer Rezession, und Militärausgaben können sie endgültig in den freien Fall schicken.
"In welche Tiefen des Wahnsinns versinken die USA?", fragte sich China in Reaktion auf diese US-Strategie und verwies auf die Amoralität der Idee, ein neues Wettrüsten zu beginnen. "Wie ein altes chinesisches Sprichwort besagt: Wer mit dem Feuer spielt, wird daran zugrunde gehen", warnt der Artikel die USA.
Russland wiederum hat Washington daran erinnert, dass ein Krieg zwischen Atommächten der militärischen Sonderoperation [in der Ukraine] ganz und gar nicht ähnlich sein werde. Präsident Putin verwies auf das äußerst niedrige intellektuelle Niveau der neuen strategischen Doktrin der USA:
"Gleichzeitig sowohl gegen Russland als auch gegen China Krieg zu führen, ist natürlich Unsinn. Ich denke nicht, dass das ernst gemeint ist. Ich denke, sie versuchen, ihrem Gegner Angst einzujagen."
Am Dienstag und Mittwoch trifft sich Putin mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Peking. Die westlichen Medien stöhnen bereits: Russland und China bauen gemeinsam eine neue Weltordnung auf. Nun, der Dank dafür gebührt den USA. Niemand sonst tut so viel für eine Annäherung zwischen Moskau und Peking, niemand sonst erinnert uns so oft daran, dass wir gemeinsam unbesiegbar sind.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei RIA Nowosti.
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