Paris wird nicht näher bezeichnete militärische Ausrüstung nach Jerewan liefern, kündigte die französische Außenministerin Catherine Colonna am Dienstag bei ihrem Besuch in Armenien an. Sie lehnte es indes ab, Einzelheiten zu dieser Vereinbarung zu nennen.
Frankreich werde auch vier Armenier aufnehmen, die bei einer Treibstoffexplosion in Bergkarabach in der vergangenen Woche verletzt worden seien, fügte Colonna hinzu. Zuvor hatte sie das Krankenhaus in Jerewan besucht, wo einige der 300 Menschen behandelt werden, die bei der Explosion, bei der mindestens 170 Menschen ums Leben kamen, verletzt wurden.
Colonna traf darüber hinaus mit dem armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan sowie mit dem Außen- und dem Verteidigungsminister zusammen. Sie sagte laut dem Nachrichtensender France 24:
"Frankreich hat sein Einverständnis zum Abschluss künftiger Verträge mit Armenien gegeben, die die Lieferung von militärischer Ausrüstung an Armenien ermöglichen, damit es seine Verteidigung sicherstellen kann."
Sie könne nicht viele Details nennen, so die Ministerin weiter. Und sie fügte hinzu:
"Wenn ich etwas weiter ausholen muss, dann weiß ich, dass es Dinge gibt, die bereits zwischen Armenien und Frankreich vereinbart wurden und die in Arbeit sind."
Die Politikerin machte zudem Vorwürfe an die Adresse Moskaus. Die Vertreibung der Armenier aus Bergkarabach sei "mit der Komplizenschaft Russlands" erfolgt, so die französische Außenministerin.
Wie die FAZ am Mittwoch berichtete, sollte Colonna eigentlich in Begleitung von Außenministerin Annalena Baerbock nach Jerewan reisen. Paris setzt sich dafür ein, dass Deutschland und Frankreich in der Armenien-Politik übereinstimmen und so in der EU eine Richtung vorgeben.
Doch wie die Zeitung weiter schreibt, wurde die Reise in Berlin von Baerbock abgesagt. Zudem sorgt das Festhalten der EU-Kommission an dem Gas-Abkommen mit Baku bei der französischen Regierung für Unbehagen. Eine treibende Kraft vor der Unterzeichnung der Absichtserklärung war Berlin.
Colonnas Besuch erfolgte zwei Wochen, nachdem Baku in einer blitzschnellen "Antiterror"-Operation, die am 19. September eingeleitet wurde und rund 24 Stunden dauerte, die Kontrolle über Bergkarabach wiedererlangt hatte.
Die Behörden der ethnisch armenischen Enklave, die sich in den 1990er Jahren von Aserbaidschan abspaltete, lösten sich am 28. September im Rahmen des Waffenstillstands formell selbst auf. Als sich die örtlichen Milizen den aserbaidschanischen Truppen ergaben, flohen mehr als 100.000 armenische Zivilisten nach Osten, das sind fast 90 Prozent der geschätzten Bevölkerung Bergkarabachs.
Die armenische Führung stand während der Kämpfe abseits, obwohl die Regierung von Premierminister Nikol Paschinjan die Souveränität Bakus über Bergkarabach mehrfach anerkannt und bekräftigt hat. Während und nach der Militäroperation und der Massenflucht aus der Region versuchte Jerewan, Russland für die armenische Niederlage verantwortlich zu machen, und unternahm Annäherungsversuche an die NATO.
Moskau hatte den Waffenstillstand von 1994 vermittelt, der den ursprünglichen bewaffneten Konflikt zu einem Zeitpunkt beendete, als ethnische Armenier den größten Teil der zu Sowjetzeiten bestehenden Autonomieregion Bergkarabach sowie mehrere umliegende Regionen in Aserbaidschan selbst kontrollierten.
Aserbaidschan schlug 2020 mit türkischen Waffen zurück, die mit Öl- und Gaseinnahmen gekauft worden waren. Nach einmonatigen Kämpfen gewannen die aserbaidschanischen Streitkräfte einen großen Teil Bergkarabachs und kappten die Hauptverbindungsstraße zwischen der abtrünnigen Enklave und Armenien.
Der Konflikt endete damit, dass Jerewan das gesamte zuvor von Aserbaidschan gehaltene Gebiet abtrat, während der endgültige Status von Bergkarabach noch verhandelt werden musste. Der Waffenstillstand von 2020 sah auch die Stationierung russischer Friedenstruppen in dem Gebiet vor.
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