Medizin-Nobelpreis geht an Entwickler von Corona-Impfstoffen

Die in Ungarn geborene Forscherin Katalin Karikó und der US-Amerikaner Drew Weissman erhalten den diesjährigen Medizin-Nobelpreis für ihre Grundlagenforschung zu mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19, wie das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm bekannt gab.

Der diesjährige Nobelpreis für Medizin geht an die in Ungarn geborene Forscherin Katalin Karikó und den US-Amerikaner Drew Weissman – für ihre grundlegenden Arbeiten zu mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19. Dies gab das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm bekannt. Durch ihre "bahnbrechenden Resultate", die unser Verständnis davon, wie mRNA mit dem menschlichen Immunsystem interagiert, grundlegend verändert haben, trugen die Preisträger zu dem "beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit bei", hieß es vom Nobelkomitee.

Karikó und Weissman teilen sich den Preis fast zwei Jahrzehnte nach der ersten Veröffentlichung einer Arbeit aus dem Jahr 2005, in der sie die potenziellen Vorteile der mRNA-Technologie untersuchten. Ihre Forschung fand damals wenig Beachtung, doch das Nobelpreiskomitee zeichnete sie nun für ihre "bahnbrechenden Erkenntnisse" aus. Karikó und Weissman zeigten sich "überwältigt" von der Nachricht, als sie per Telefon über ihren Gewinn informiert wurden.

Katalin Karikó, 1955 in Ungarn geboren, arbeitet derzeit an den Universitäten Pennsylvania/USA und Szeged/Ungarn, Drew Weissman (64) an der Universität Pennsylvania/USA.

Bei der herkömmlichen Impfstofftechnologie werden tote oder abgeschwächte Proben eines Ausgangsbakteriums oder -virus verwendet, um das Immunsystem einer Person darauf vorzubereiten, Bedrohungen zu erkennen und anzugreifen. Die mRNA hingegen veranlasst die Zellen, ein Protein auf der Grundlage eines einzelnen Strangs des genetischen Codes herzustellen. Im Falle der mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 führt sie dazu, dass die Zellen das Spike-Protein des Virus produzieren. Das Immunsystem erkennt das Spike-Protein anschließend als Fremdkörper, wodurch die Abwehr einer künftigen Infektion vorbereitet werden soll. Die von den Pharmakonzernen Moderna und Pfizer/BioNTech entwickelten COVID-19-Impfstoffe basieren beide auf der mRNA-Technologie.

Die Corona-Impfstoffe des Mainzer Unternehmens BioNTech und des US-amerikanischen Konzerns Moderna waren die ersten beiden mRNA-Produkte, die auf den Markt kamen. An der Technologie bastelten Forscher jedoch schon vor mehr als 30 Jahren. Bereits Ende der 1980er Jahre schleusten drei Wissenschaftler – Robert Malone, Phil Felgner und Inder Verma – mRNA mithilfe von Fetttröpfchen in herangezüchtete Zellen ein und brachten diese dazu, das gewünschte Protein herzustellen.

Damals wurde allerdings auch die Gentechnik zu einem wissenschaftlichen Trend, in den viele Fördermittel flossen. Karikó forschte hingegen weiterhin im Bereich der mRNA – auch, als sie 1985 in die USA emigrierte. Zunächst arbeitete sie weitgehend auf sich allein gestellt und ab 1998 mit Drew Weissman zusammen. Ein entscheidender Erfolg gelang dem Forschungsduo, als es einen Baustein der mRNA austauschte und die mRNA daraufhin nicht mehr in der Zelle abgebaut wurde. Die Versuchsmäuse produzierten das gewünschte Protein.

2013 traf sie Uğur Şahin, der mit seiner Frau Özlem Türeci das Unternehmen BioNTech gegründet hatte und ihr einen Job anbot, sagte Karikó der New York Times. Seit Oktober 2022 ist sie jedoch nur noch als Beraterin für das Unternehmen tätig.

"Die beeindruckende Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden können, ebnen den Weg für die Nutzung der neuen Plattform auch für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten",

teilte das Nobelpreiskomitee am Montag weiterhin mit.

Rickard Sandberg, eines der Mitglieder des Nobelpreiskomitees für Medizin, fügte am Montag hinzu, dass die COVID-19-Impfstoffe seit Beginn der Corona-Krise über 13 Milliarden Mal verabreicht wurden. Er sagte, die Impfstoffe hätten "Millionen von Menschenleben gerettet, schwere COVID-19-Erkrankungen verhindert, die Gesamtbelastung durch die Krankheit verringert und es den Gesellschaften ermöglicht, sich wieder zu öffnen".

Die gleiche mRNA-Technologie, deren Erforschung in der Vergangenheit auch durch das US-Militär gefördert wurde, soll nun auch zur Bekämpfung anderer Krankheiten, einschließlich Krebs, eingesetzt werden. Die breite Einführung der mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 führte allerdings auch zu zahlreichen Nebenwirkungen und Todesfällen, darunter "seltenen Fällen von Myokarditis [Entzündungen des Herzgewebes] nach der zweiten Injektion der Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und Moderna" bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wie es auf der Webseite von Johns Hopkins Medicine heißt. Die meisten Fälle sollen hingegen "mild verlaufen und von selbst wieder abklingen".

Die Auszeichnung mit dem Medizin-Nobelpreis ist mit einem Preisgeld von einer Million US-Dollar verbunden. Im vergangenen Jahr ging der Preis an den schwedischen Wissenschaftler Svante Pääbo für seine Forschungen über die DNA der Neandertaler, die zu Entdeckungen über unser Immunsystem führten und auch eine besondere Anfälligkeit des Menschen für schwere Fälle von COVID-19 aufzeigten.

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