Wie ein Donnerschlag klingt die Aussage des berühmten französischen Sportmediziners Jean-Pierre de Mondenard im Zusammenhang mit dem gerade laufenden Dopingverfahren gegen Kamila Walijewa: Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) konnte keine Beweise dafür vorbringen, dass das verbotene Medikament Trimetazidin, das in der Dopingprobe der Eiskunstläuferin gefunden wurde, zur Verbesserung der sportlichen Leistung beiträgt. In einem Interview mit Radio-Canada Sports sagte er, die WADA habe Trimetazidin verboten, nachdem sie nicht davon überzeugt war, dass das Medikament die sportliche Leistung verbessert. De Mondenard betonte:
"Dieses Medikament verbessert das Leben von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber es verbessert sicher nicht die sportliche Leistung."
"Die Servier Laboratories haben dieses Arzneimittel im Jahr 1964 vorgestellt, und erst 50 Jahre später wurde es in die WADA-Liste aufgenommen. Bis heute hat kein Labor Studien durchgeführt, die seine Wirksamkeit im Sport bestätigen."
Der Top-Mediziner erzählte außerdem, dass er bereits einen Ringer vertreten habe, der eine Dopingkontrolle wegen des Medikaments nicht bestanden habe. Die WADA habe ihm auf seine Anfrage nach medizinischen Protokollen, die das Verbot des Medikaments rechtfertigen, nicht geantwortet.
Alles an dieser Erklärung ist sensationell: die Tatsache, dass die Autorität der WADA öffentlich in Frage gestellt wurde; die Tatsache, dass die Erklärung des französischen Arztes darauf hindeutet, dass die internationale Agentur das heikle Thema Doping instrumentalisiert; und die Tatsache, dass die Erklärung von einem prominenten – und westlichen – Sportmediziner stammt.
Jean-Pierre de Mondenard gilt als Autorität in der französischen und internationalen Sportmedizin. Er ist Autor zahlreicher Bücher über Doping und war viele Jahre lang Sportarzt der französischen Nationalmannschaften. Viele Jahre lang arbeitete er am Institut national des sports und begleitete als Arzt die meisten großen Radrennen, darunter dreimal die Tour de France und Paris-Brüssel. Außerdem war er Chefarzt der Tour du Maroc, Arzt der französischen Judo-Mannschaft und der Tour de France für Motorräder. Alles in allem wiegt sein Wort sehr viel.
Auch Igor Sawjalow, ein russischer Sportmediziner und Ehrentrainer Russlands, hatte sich bereits ähnlich wie sein französischer Kollege geäußert. In einem Interview mit dem Portal Sports.ru im Jahr 2022 sagte er:
"Trimetazidin gehört seit dem Jahr 2014 zu den verbotenen Dopingmitteln. Das Medikament wird zur Vorbeugung von Angina pectoris und bei anderen Gefäßkrankheiten eingesetzt. Darüber hinaus wird es in der Psychotherapie eingesetzt.
Aber es hat, wie Meldonium, keinerlei Auswirkungen auf den Trainingsprozess und die Ergebnisse der Athleten. Unsere Vertreter hätten diese Tatsache verteidigen müssen, bevor Trimetazidin auf die Liste der verbotenen Medikamente gesetzt wurde. Sie haben einen großen Fehler gemacht, indem sie das nicht getan haben."
Der ehemalige Arzt der russischen Eishockeynationalmannschaft, Waleri Konow, schloss sich ihm an. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti sagte er:
"Das Medikament wurde erfunden, um Menschen mit chronischen Herzerkrankungen zu helfen. Man könnte dieses Medikament natürlich indirekt als Meldonium angreifen. Angeblich stimuliert es die linke Herzkammer. Angeblich kann es die Herzleistung erhöhen. Aber Walijewa ist keine Skiläuferin, keine Biathletin."
Generell scheint die Forderung der WADA, Kamila Walijewa wegen der Einnahme dieses Medikaments zu disqualifizieren, inzwischen extrem politisiert zu sein – und das Prinzip der Agentur, bestimmte Medikamente ohne solide Beweisgrundlage in die Liste der verbotenen Medikamente aufzunehmen, steht nun auf internationaler Ebene in der Kritik. Auch das ist zweifellos eine Sensation.
Die Befangenheit der WADA im Fall von Kamila Walijewa wird auch deutlich, wenn man vergleichbare Fälle der Bestrafung von Athleten wegen der Einnahme von Trimetazidin betrachtet. Für Walijewa wurde, daran sei erinnert, eine Disqualifizierung von bis zu vier Jahren gefordert. Die längste Sperre, die bisher für ähnliche Vergehen verhängt wurde, betrug jedoch acht Monate. Nicht ohne Grund bemerkte die russische Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Swetlana Schurowa in einem Interview mit dem Portal Sport24 fassungslos:
"In solchen Fällen wird dem Athleten entweder verziehen oder er erhält eine Mindeststrafe – die bereits abgelaufen ist. … Nun, wenn sie vier Jahre bekommt – bitte verzeihen Sie mir, aber vier Jahre bekommt man nur bei echten Doping-Rückfälligen, die Anabolika zuhauf zu sich genommen haben."
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